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Deborah Crombie - 05 Das verlorene Gedicht 06 Boeses Erwachen

Titel: Deborah Crombie - 05 Das verlorene Gedicht 06 Boeses Erwachen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Deborah Crombie
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Moment an, dann wich alle Farbe aus seinem Gesicht. Plötzlich brach der Henkel des Teebechers ab, den er noch immer in den Händen hielt. Er sah auf das demolierte, billige Porzellan in seiner Hand, als wisse er nicht recht, was er damit anfangen solle.
      »Wenn Sie eine offizielle Aussage machen könnten ...«
      »Seit wann?« wollte Mortimer wissen.
      »Irgendwann vergangene Nacht. Tut mir leid, aber Genaueres können wir noch nicht sagen, ohne ...«
      »Wie?«
      »Mr. Mortimer, auch da sind wir nicht sicher. Bitte nennen Sie uns den Namen ihrer Schwester und ...«
      »Ich möchte sie sehen.«
      »Tut mir leid, aber die Identifizierung muß ein Familienangehöriger vornehmen«, warf Gemma leise ein. »Wenn Sie uns nur ...«
      »Sie wollen doch wohl nicht, daß Joe ...« Die Stimme versagte ihm.
      »Das ist Vorschrift. Mr. Mortimer, ich bin ...«
      »Das halte ich nicht aus... Ich möchte Gewißheit haben ...«
      Obwohl Gemma seine Bitte nur zu gut verstand, schüttelte sie den Kopf. »Tut mir aufrichtig leid«, wiederholte sie.
      Mortimer kam unsicher auf die Beine. »Dann möchte ich jetzt lieber nach Hause.«
      Kincaid schob seinen Stuhl zurück. »Ich lasse Sie nach Hause bringen. Aber falls dieser Straßenmusiker der letzte gewesen ist, der Annabelle lebend gesehen hat, müssen wir uns mit ihm unterhalten. Hatten Sie ihn schon mal gesehen? Können Sie ihn beschreiben?«
      Einen Moment glaubte Gemma, er habe nicht zugehört, aber dann wischte er sich mit zitternder Hand über den Mund und versuchte sichtlich, Haltung zu bewahren. »Der Straßenmusikant? Nein, der war mir völlig unbekannt. Ich habe ihn mir nicht mal genauer angesehen, als ich im Tunnel an ihm vorbeigegangen bin. Aber, als ich zurückgeschaut habe ...« Er runzelte die Stirn und schloß die Augen. Dann umfaßte er die Stuhllehne. Er schwankte. »Er war groß - ich erinnere mich, daß Annabelle zu ihm aufsehen mußte. Kurzes Haar ... blond, Militärklamotten.«
      »Welches Instrument hat er gespielt?«
      Reg Mortimer schlug die Augen auf. »Ich erinnere mich, daß es mir ziemlich ungewöhnlich vorkam: Klarinette.«
     
    Kit stand in der Mitte von Kincaids Wohnzimmer und beobachtete die Millionen schimmernder Staubteilchen, die im gleißenden Schein der späten Nachmittagssonne tanzten, die durch die offene Balkontür fiel. Nachdem er seine Reisetasche neben dem Sofa plaziert hatte, hatte er sie geöffnet und eines seiner naturkundlichen Bücher herausgenommen, es sorgfältig auf den Couchtisch gelegt, um das Gefühl zu haben, ein bißchen zu Hause zu sein. Nur ein einziges Mal hatte er zuvor eine Nacht in dieser Wohnung verbracht... normalerweise besuchte Duncan ihn in Cambridge und machte mit ihm einen Ausflug, oder er übernachtete bei den Cavendishs im großen Haus, während Duncan bei Gemma wohnte ... Auf dieses Wochenende hatte er sich schon deshalb ganz besonders gefreut, weil er Duncan für sich allein haben sollte.
      Sid, Kincaids schwarzer Kater, lag zusammengerollt auf einem Sonnenfleck auf dem Teppich, die Augen vor Zufriedenheit zu Schlitzen verengt. Kit kniete nieder, fuhr mit den Fingern durch das seidige Fell des Katers und kraulte ihn hinter den Ohren. Die Katze schnurrte so, daß sich die Vibrationen durch seine Finger und den Arm hinauf fortsetzten, bis er den Eindruck hatte, als versetzten sie auch seinen Kopf in Schwingungen. Die Nähe des Katers machte Kit die Trennung von seiner Hündin Tess schmerzlich bewußt.
      Katzen waren in Ordnung. Er hatte nie eine Katze gehabt... wie im übrigen auch keinen Hund, bis ihm Tess zugelaufen war, aber nichts konnte die Einsamkeit besser lindern als ein Hund.
      An diesem Morgen, als Duncan ihm gesagt hatte, daß er arbeiten müsse, hatte er nahe am Wasser gebaut gehabt ... und allein der Gedanke daran, wie ihm die Tränen in die Augen geschossen waren und seine Stimme gezittert hatte, trieb ihm die Schamröte ins Gesicht. Allerdings war der Tag dann doch nicht so trosdos geworden, wie er angenommen hatte. Der Major war ihm überraschend sympathisch gewesen. Der alte Mann hatte kein Aufhebens um ihn gemacht... ihn weder getätschelt oder »armer Junge« zu ihm gesagt, noch ihn in der typisch mitleidigen Art der Erwachsenen angesehen. Der Major hatte das Unternehmen zum »Abenteuer« deklariert und war mit ihm mit der S-Bahn nach Wimbledon gefahren. Und Kit hatte sich redlich bemüht, seine Enttäuschung zu verbergen. Und obwohl sie

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