Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Deborah Crombie - 05 Das verlorene Gedicht 06 Boeses Erwachen

Titel: Deborah Crombie - 05 Das verlorene Gedicht 06 Boeses Erwachen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Deborah Crombie
Vom Netzwerk:
Unwahrscheinlich.«
      »Und weshalb ist er nicht zurückgegangen, als er sie im Gespräch mit dem Musikanten gesehen hat? Es sei denn ... er hat den Musiker erfunden, um nicht derjenige zu sein, der sie als letzter lebend gesehen hat«, überlegte Kincaid laut.
      »In diesem Fall frage ich mich, weshalb er überhaupt auf sich aufmerksam gemacht hat. Ich meine, er wollte immerhin unbedingt eine Vermißtenanzeige aufgeben.«
      Kincaid zuckte die Achseln. »Wir wissen nicht sicher, daß sie tatsächlich unser Opfer ist. Eigentlich ziemlich voreilig von uns, davon auszugehen.« Er warf einen Seitenblick nach links, sah den Anfang von Greenwich Park, dessen gepflegte Rasenfläche den sanften Hang hinaufführte, auf dem das alte Königliche Observatorium stand. Er erinnerte sich noch, wie niederschmetternd er die Nachricht empfunden hatte, daß die mittlere Greenwich-Normalzeit jetzt in Deptford gemessen wurde. Etwas von der Romantik seiner Kindheit war in diesem Moment gestorben. »Wir müssen mal mit den Jungs hierherkommen«, sagte er und streckte die Hand aus. »Die Cutty Sark besichtigen, das Observatorium besuchen. Kit müßte das doch interessieren, was meinst du? Außerdem gibt’s einen Imbißpavillon.«
      »Für die nimmersatten Mäuler«, bemerkte Gemma mit einem Lächeln. »Du biegst am besten dort vorn nach links, fährst am Polizeirevier vorbei und biegst auf der Circus Street rechts und auf der Prior wieder links ab.«
      Er folgte ihren Anweisungen, und sie schlängelten sich auf diese Weise bergauf, bis sie in eine kleine, unasphaltierte Gasse mit dem reichlich übertriebenen Namen Emerald Crescent kamen. Die schmale, verwinkelte, von Hecken, Hintergärten und einigen alten Häusern gesäumte Straße hatte eher die Form eines Z als eines Halbmonds. Gleich hinter der letzten, spitzen Kurve des Z und zu ihrer Linken entdeckten sie die Adresse, die man ihnen von Jo Lowell, Annabelles Schwester, genannt hatte.
      Quadratisch und symmetrisch, aus grauem Backstein mit weißen Fenstern und Läden, wurde das Haus von der Straße nur durch einen Eisenzaun getrennt, der den Kellereingang flankierte. Durch das Fenster zur Linken der Eingangstür konnten sie eine Vase mit Sonnenblumen auf einem Tisch erkennen.
      Kincaid fuhr um die letzte Kurve zurück, bis er einen Parkplatz für den Wagen gefunden hatte. Er machte den Motor des Midget aus, stieg aus und horchte einen Moment auf die abendlichen Geräusche der Gasse. Ein Kind schrie, ein Hund bellte, und irgendwo klapperte Geschirr. »Ein friedlicher Abend«, murmelte er leise, als sie zum Haus gingen.
      »Bis jetzt.« Gemma drängte sich etwas dichter an ihn, ihre Schulter rieb gegen seine Schulter. »Kann man leider nichts machen.«
      Er sah auf sie herab und war ihr für die tröstlich gemeinten Worte dankbar. Sie wußte, wie sehr er diesen Teil seines Berufs haßte. Einen kurzen Moment, als sie die Tür erreichten, ruhte seine Handfläche auf ihrem Rücken. Dann drückte er auf den Klingelknopf.
      Die Klingel hallte laut durchs Haus, und als eine Stimme rief: »Komme schon!«, schwang auch schon die Tür auf. Die Frau, die ihnen gegenüberstand, sah ihnen mit der neutralen Miene entgegen, die sie für unerwartete Besucher reserviert hatte. Dann lächelte sie zögernd. »Was kann ich für Sie tun?«
      Kincaid erwiderte ihr Lächeln. »Sind Sie Josephine Lowell?«
      Sie runzelte die Stirn. »Ja, ich bin Jo. Aber falls Sie etwas verkaufen ...«
      »Wir sind von der Polizei, Mrs. Lowell.« Kincaid stellte sich vor und zückte seinen Dienstausweis. Jo Lowells Augen weiteten sich. »Was ...« Sie sah ins Haus zurück, wo streitende Kinderstimmen deutlich zu hören waren.
      »Wir müssen Ihnen ein paar Fragen stellen, Mrs. Lowell. Dürfen wir reinkommen?«
      »Oh ... natürlich.« Sie trat einen Schritt zurück. »Macht es was aus, wenn wir uns in der Küche unterhalten? Ich koche gerade Abendessen ... schätze, da läuft mittlerweile einiges aus dem Ruder.«
      Sie folgten ihr durch ein gelbgestrichenes Eßzimmer mit dem Strauß Sonnenblumen, den sie durchs Fenster gesehen hatten, in eine geräumige, gemütliche Küche, deren Fenster zum rückwärtigen Garten führten. Ein kleines Mädchen stand auf einem Hocker vor dem Herd und rührte in einem Topf, und ein älterer Junge war offenbar bemüht, ihr den Kochlöffel zu entreißen. Es roch nach Zwiebeln, Knoblauch und Gewürzen, die sich in den vorherrschenden Duft gekochter

Weitere Kostenlose Bücher