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Deborah Crombie - 05 Das verlorene Gedicht 06 Boeses Erwachen

Titel: Deborah Crombie - 05 Das verlorene Gedicht 06 Boeses Erwachen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Deborah Crombie
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Stundenplan.
    Deine Dich liebende ... Lydia
     
     

* 4
     
    Rastlos meine Seele zittert, wissend, daß stets und auf besondre Art dies Aprilne Zwielicht auf dem Fluß Angst in meinem Herzen rührt.
     
    Rupert Brooke aus >Blauer Abend<
     
    Kincaid hielt gegenüber Vic Wort und rief Montag morgen Chefinspektor Alec Byrne an. Erst Mittwoch mittag jedoch fand er Zeit, nach Cambridge zu fahren. Er beschloß allerdings, nach einer hektischen Woche sich und dem Midget eine Pause zu gönnen und den Zug zu nehmen. Er streckte die Beine in einem leeren Abteil aus und döste vor sich hin. Etwas über eine Stunde nach der Abfahrt von King’s Cross stieg er vor dem halbmondförmigen Gebäudetrakt an der Parkside Road in Cambridge, in dem das Polizeipräsidium von Cambridge untergebracht war, aus dem Taxi.
      Ein blonder weiblicher Constable brachte ihn zu Byrnes Büro.
      »Schön, dich wiederzusehen, Alec«, begrüßte Duncan seinen ehemaligen Kollegen. »Sie behandeln dich hier offenbar gut, deinem feudalen Arbeitsplatz nach zu schließen.« Er betrachtete wohlwollend Teppiche und Möbel, die einen deutlichen Fortschritt gegenüber der Büroausstattung bei Scotland Yard darstellten.
      »Ich kann mich nicht beklagen.«
      Etwas jedoch kam Kincaid ungewohnt vor. Dann fiel es ihm ein. Alec Byrne hatte offenbar das Rauchen aufgegeben. Auf seinem Schreibtisch war kein einziger Aschenbecher zu entdecken. Die Fingerkuppen von Daumen und Zeigefinger seiner rechten Hand waren rosarot und nicht nikotingelb wie einst. Kincaid kannte den Freund seit ihren gemeinsamen Anfängen bei der Kripo und hatte ihn seither nie ohne Zigarette erlebt.
      »Ich sehe, du hast es aufgegeben«, bemerkte Kincaid und setzte sich in den Besuchersessel.
      »Gezwungenermaßen. Leider. Hatte einen Schatten auf der Lunge.« Byrne zuckte unter seinem tadellos sitzenden Jackett mit der knochigen Schulter. »Fand es nicht wert, daran zu krepieren.«
      »Du siehst gut aus.« Kincaid meinte das ehrlich. Der kleine hagere Mann wirkte drahtig und fit. Nur sein rötlichblondes Haar war schütterer geworden.
      »Ich bin ehrlich genug zuzugeben, daß ich mich auch besserfühle.« Byrne lächelte. »Ich wußte, daß ich es nur schaffe, wenn ich eine Radikalkur mache. Also habe ich meine Eßgewohnheiten geändert und mit Sport angefangen. Ich rudere wieder. Ob du’s glaubst oder nicht, ich bin sogar einem Club beigetreten.«
      Byrne hatte die Farben von Cambridge stets lässig und unaufdringlich getragen, jedoch stets dafür gesorgt, daß jeder der übrigen Polizeikadetten wußte, wo er studiert hatte. Und seine Sportlichkeit hatte viel dazu beigetragen, deren Mißtrauen gegenüber seiner vornehmen Herkunft zu zerstreuen. Die Skepsis, die Byrnes Cambridge-Vergangenheit damals geweckt hatte, erschien im Licht der Gegenwart völlig absurd. Trotzdem kam es Kincaid so vor, als habe der Mann von jeher einen Instinkt dafür gehabt, wie man seiner Zeit voraus war.
      »Vielen Dank, daß du dir Zeit für mich nimmst, Alec. Ich weiß, wie beschäftigt du sein mußt.«
      »Nur zu gut aus eigener Erfahrung, schätze ich, und deshalb frage ich mich natürlich, was dich eigentlich so weit aufs Land treibt. Aber ich will nicht neugierig sein. Ich habe mir die betreffende Akte aus dem Keller kommen lassen. Ich schlage vor, du siehst sie dir in der Kantine bei einer Tasse Kaffee an.« Byrne reichte Kincaid einen Schnellhefter über den Schreibtisch. »Vergiß nicht, daß ich damit bei dir was gut habe, alter Junge.«
      »Schätze, du wirst dir schon was Entsprechendes einfallen lassen.« Kincaid nahm die dicke Akte entgegen.
      »Du kannst mir ein Bier spendieren, wenn du fertig bist. Die vermissen mich hier sicher nicht.«
      »Das Privileg der Bosse?« bemerkte Kincaid.
      Byrne lächelte zynisch. »Kaum der Rede wert, wenn du mich fragst.«
     
    »Du bist im Fall Lydia Brooke nicht zuständig gewesen, wie ich festgestellt habe«, sagte Kincaid, als sie sich später bei einem Bier im >The Free Press< gegenübersaßen. Das Lokal lag in einem Wohngebiet hinter dem Präsidium und war, so hatte Byrne ihm eifrig erzählt, seines Wissens nach die einzige Nichtraucherkneipe in Großbritannien.
      »Nein, der Fall Brooke gehörte Bill Fitzgerald. War einer seiner letzten, bevor er sich mit seinem Magengeschwür in die Pension und nach Spanien verabschiedet hat. Schickt uns gelegentlich ’ne Postkarte von dort.« Byrne prostete Kincaid zu. »Zum Wohl.

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