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Deborah Crombie - 05 Das verlorene Gedicht 06 Boeses Erwachen

Titel: Deborah Crombie - 05 Das verlorene Gedicht 06 Boeses Erwachen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Deborah Crombie
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Schlichtheit, und doch bewohnt. Es gab Gemma einen Stich in die Herzgegend, als ihr klar wurde, wie sehr sie mittlerweile an diesem Zuhause hing. Die Wohnung war ihre Zuflucht vor dem bürgerlichen Reihenhausleben, das sie hatte führen sollen, und sie gab ihr Unabhängigkeit, denn sie konnte sie sich ohne fremde Unterstützung und eigene Opfer leisten.
      Toby erreichte Hazels Hintertür als erster und ging hinein, denn er war bei den Cavendishs ebenso zu Hause wie in der Wohnung seiner Mutter. Gemma, die hinterherkam, fand in der Küche Hazels Ehemann Tim, der am Herd stand und in einem Topf rührte, während die Kinder wie Kobolde »Kakao! Kakao!« skandierten. Hazel nannte die beiden Tag und Nacht, denn das blonde Haar des blauäugigen Toby war glatt, während Holly die Locken der Mutter und das dunkle Haar und die dunklen Augen des Vaters geerbt hatte.
      Hazel war klinische Psychologin, setzte jedoch vorübergehend in ihrem Beruf aus, um sich ganz ihrer kleinen Tochter widmen zu können, und hatte inzwischen darauf bestanden, tagsüber auch Toby zu sich zu nehmen - da zwei Kinder viel leichter zu versorgen waren als eines allein. Sie nahm von Gemma das für eine Tagesmutter übliche Honorar. Allerdings vermutete Gemma, daß dies nicht aus finanzieller Notwendigkeit geschah, sondern aus Rücksicht auf ihren Stolz.
      »Möchtest du auch einen Kakao zum Video, Gemma?« Tim lächelte ihr freundlich zu.
      Hazel gab ihrem Mann im Vorübergehen einen liebevollen Klaps und sagte: »Ich glaube, Gemma und ich unterhalten uns erst mal, Liebling. Wir müssen die Ereignisse dieses Wochenendes aufarbeiten.« Damit holte sie Kakaobecher, Löffel und die Büchse mit Kakaopulver aus dem Schrank.
      Nachdem sie zerbrochene Kreide und eine Babypuppe beiseite geräumt hatte, sank Gemma auf einen Stuhl am Küchentisch. Es war unmöglich, sich in diesem Raum nicht wohlzufühlen. Bunte Kochbücher und Hazels Wollvorräte machten sich gegenseitig den Platz auf den Arbeitsflächen streitig, ein Korb mit Spielzeug und Bilderbüchern stand neben dem Kühlschrank, und der Flickenteppich auf dem Fußboden lud zu Phantasiespielen unter dem Tisch ein. Selbst die pfirsich-farbenen Wände und graugrünen Schränke vermittelten tröstliche Gemütlichkeit.
      »Ich wollte dir Kaffee und frischen Strudel anbieten«, sagte Hazel zu Gemma, als sie Tim mit Kakaotablett und Kindern ins Wohnzimmer entlassen hatte. »Aber jetzt schlage ich vor, daß wir die Flasche Riesling aufmachen, die ich für dich aufgehoben habe. Du siehst aus, als hättest du ein therapeutisches Getränk nötig.«
      »Unsinn, Kaffee ist prima. Heute abend wäre der gute Wein an mich verschwendet. Nach feiern ist mir nicht zumute.« Um nicht undankbar zu erscheinen, fügte sie mit einem gezwungenen Lächeln hinzu: »Aber auf deinen Strudel verzichte ich nicht.«
      Hazel betrachtete sie nachdenklich und ernst. »Etwas Süßes wird dir guttun.« Wenige Minuten später stellte sie Kaffeekanne und eine Platte mit warmem Apfelstrudel auf den Tisch und setzte sich Gemma gegenüber. Sie schenkte Kaffee ein und lud zwei große Stücke Kuchen auf die Teller. »Also gut. Erzähl!«
      Gemma zuckte mit den Schultern, stocherte in ihrem Strudel und legte dann die Gabel beiseite. »Er ist heute bei seiner Ex-Frau gewesen. Dr. Victoria Kincaid McClellan heißt sie jetzt. Nach zwölf Jahren absoluter Funkstille ruft sie ihn an, und er funktioniert wie auf Knopfdruck. Ist das zu fassen? Sie erzählt ihm von einem Fall. Sie möchte, daß er die Polizeiakte einsieht. Und er ist einverstanden. Ihr Mann scheint mit einer seiner Studentinnen durchgebrannt zu sein. Und statt daß er sich sagt, geschieht ihr recht, tut sie ihm leid.« Gemma nahm einen Schluck Kaffee und zuckte zusammen, als sie sich daran den Mund verbrannte.
      »Aber du hast doch davon gewußt, oder?« fragte Hazel mit hochgezogenen Augenbrauen. »Ich meine, er hat dir doch gesagt, daß er vorhatte, sie zu besuchen?«
      »Blieb ihm ja nichts anderes übrig. Schließlich war ich dabei, als sie angerufen hat.« Widerwillig fügte Gemma hinzu: »Obwohl - wenn ich mich recht erinnere, wollte er, daß ich mit ihm fahre.«
      »Wenn du dich recht erinnerst?« fragte Hazel amüsiert. »Wie ich dich kenne, hast du dich aufs hohe Roß gesetzt und abgelehnt, was?«
      »Ich hatte Toby versprochen, mit ihm heute zu Mum und Dad zu fahren. Du weißt, wie sie sich immer freuen.« Gemma selbst kam das plötzlich wie

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