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Deborah Crombie - 05 Das verlorene Gedicht 06 Boeses Erwachen

Titel: Deborah Crombie - 05 Das verlorene Gedicht 06 Boeses Erwachen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Deborah Crombie
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Erinnerungsvermögen etwas auf die Sprünge zu helfen. Plötzlich ist ihm wieder eingefallen, wo er Annabelle Hammond gesehen hatte.«
      »Mit Lewis Finch?«
      »Ja, und mehr als nur einmal. Irgendwann im Herbst vor einem Restaurant, und dann vor kurzem wieder. Sind seiner Ansicht nach sehr >vertraut< miteinander gewesen.«
      »Dann war es doch Lewis Finch, der auf Annabelles Anrufbeantworter gesprochen hat«, überlegte Gemma laut. »Und seinen Sohn kannte sie ebenfalls. Dafür haben wir Beweise.« Sie deutete auf die Videokassette.
      »Schätze, Annabelle Hammond konnte jeden Mann haben, den sie haben wollte ... Trotzdem komisch, daß sie ausgerechnet auf die beiden Finchs verfallen ist, oder?«
      »Zufall?« gab Gemma zu bedenken, glaubte jedoch selbst nicht recht daran. »Ob sie mit einem von den beiden Sex hatte, wissen wir noch nicht. Vielleicht war die Beziehung zu Lewis Finch rein geschäftlich. Und bei Gordon ...«
      »... nahm sie Musikunterricht?« Janice warf Gemma einen verächtlichen Blick zu. »Nehmen wir mal an, sie hat mit beiden geschlafen. Warum hätte sie die Verlobung mit Mortimer aufrechterhalten sollen, wenn sie so geil auf andere Männer war?«
      »Wieso? Wenn sie ein Mann gewesen wäre, hätte sich niemand diese Frage gestellt. Da ist so was selbstverständlich. Sollte Mortimer davon gewußt haben, hätte er allerdings das perfekte Motiv für den Mord.« Gemma dachte kurz nach. »Aber lassen wir die Spekulationen. Halten wir uns erst mal an die Fakten«, entschied sie energisch. »Der Chef will mit Lewis Finch sprechen, sobald er vom Anwalt zurück ist.«
      »Dann sollten wir in der Zwischenzeit noch mal Gordon vorladen.« Janice zog eine Grimasse und griff nach dem Telefon.
      »Warten Sie!« Das kam so unerwartet, daß Janice’ verdutzte Miene Gemma zwang, sich zu erklären. »Ich weiß, es ist nicht ganz nach Vorschrift. Aber auf Autorität und Uniformen reagiert Finch junior offenbar allergisch. Er würde doch nur nach seinem Anwalt schreien. Ich gehe lieber persönlich zu ihm und rede mit ihm.« Sie warf einen Blick auf die Uhr. »Ist erst halb zehn. Glaube kaum, daß Straßenmusiker schon so früh zur Arbeit gehen.«
      Janice starrte sie an, die Hand noch am Telefon. Dann lehnte sie sich mit einem Seufzer im Stuhl zurück. »Das müssen Sie aber auf Ihre Kappe nehmen.«
     
    Lewis Finch lernte Edwina Burne-Jones an seinem ersten Tag im Herrenhaus nicht kennen. Nachdem er sein Frühstück beendet hatte - bei dem der Vorrat an knusprigen Speckscheiben nicht zu enden schien - hatte John ihn wieder in den Stall geführt, wo er helfen durfte, die Autos auf Hochglanz zu polieren. Lewis hatte das mit großer Hingabe und Eifer getan, hatte auch nur den kleinsten Fleck auf dem Bentley bearbeitet, bis der schwarze Lack glänzte wie Kristall. Für den Rest seines Lebens sollte er den Geruch von Autowachs mit purem Wohlbefinden verbinden. Die arbeitsintensiven Stunden mit John, in denen er dessen Geschichten anhörte und gelegentlich Lob einheimste, waren das beste Mittel, um Heimweh erst gar nicht aufkommen zu lassen.
      Am Nachmittag stellte John ihm ganz offiziell die Pferde vor, zeigte ihm, wie man ihre Wasser- und Futtertröge füllte und wie die Boxen ausgemistet wurden. Außerdem versprach John, daß, sobald Lewis etwas besser mit allem vertraut sei, er ihm auch beibringen wolle, wie man mit dem Striegel und der Bürste umging.
      Der elegante William blieb den ganzen Tag über unsichtbar, und als Lewis nach dem Abendessen ins Bett fiel, hatte er ihn schon fast vergessen.
      Sonntag, der 3. September, begann warm und klar. Lewis wachte von lautem Vogelgezwitscher auf, das durch sein offenes Fenster drang. Um seine Mutter nicht durch vermeintliches Fraternisieren mit Methodisten zu verärgern, hatte er Johns Angebot, ihn mit in die Kirche zu nehmen, abgelehnt. So kam es, daß er nach dem Frühstück praktisch nichts zu tun hatte.
      Die Köchin, die untätige Hände nicht sehen konnte, spannte ihn in der Küche ein, wo er Karotten und Kartoffeln fürs Sonntagsessen schälte.
      Es geschah dort, um elf Uhr morgens in der dampfigen Wärme der Küche, daß Premierminister Chamberlains Kriegserklärung an Deutschland aus dem Radio dröhnte.
      Die Köchin setzte sich, fächelte sich Kühlung zu und schnalzte mißbilligend mit der Zunge. »Großer Gott, wer hätte das nach dem letzten Krieg gedacht? All die jungen Männer müssen wieder in den Krieg ...

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