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Deborah Crombie - 05 Das verlorene Gedicht 06 Boeses Erwachen

Titel: Deborah Crombie - 05 Das verlorene Gedicht 06 Boeses Erwachen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Deborah Crombie
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wird.« Edwina Burne-Jones erklärte das mit solcher Überzeugung, daß Lewis für einen Moment seine Angst verlor. »Bis dahin allerdings müssen wir die nötigen Vorkehrungen treffen. Wir werden die Verdunkelungsvorschriften rigoros befolgen. Owens, Kitty: Das ist von jetzt an eure Aufgabe.«
      »Ma’am«, akzeptierte Owens gelassen den Befehl, doch Kitty wirkte völlig verängstigt.
      Edwina zog an ihrer Zigarette, blies den Rauch aus und fuhr fort: »Jeder sollte selbst dafür sorgen, daß seine Gasmaske tadellos funktioniert. Und falls es Fliegeralarm gibt, dürfte der Keller als Schutzraum genügen.« Dann schweiften ihre frappierend blauen Augen zu Lewis. »Bist du der Junge aus London?«
      Lewis konnte nur nicken. Dann stieß ihm Johns Ellbogen schmerzhaft in die Rippen, und er krächzte: »Ja, Ma’am. Lewis Finch.«
      »Sieht so aus, als solltest du eine Weile bei uns bleiben, Lewis. Brauchst du irgend etwas?«
      Lewis wurde puterrot bis unter die Haarwurzeln und stammelte: »Ma’am, ich habe meine Postkarte verloren ... die, die man uns gegeben hat, damit wir nach Hause schreiben können.«
      Die Haut um Edwinas Augen legte sich in winzige Fältchen, als sie lächelte. »Ich glaube, da können wir Abhilfe schaffen«, erwiderte sie, ging zu ihrem Sekretär am Fenster und nahm ein Blatt Papier und einen Umschlag mit Briefmarke heraus, die sie Lewis übergab. Das Papierfühlte sich zwischen seinen Fingern so weich wie Rosenblätter an.
      Sie musterte Lewis durch eine Rauchwolke. Ihre faszinierenden Augen verengten sich. »Wie ich von der Dame vom Frauenverein gehört habe, versammelt sich deine Schulklasse in ihrem Institut, bis Platz in der Dorfschule geschaffen ist. Der Unterricht beginnt morgen früh zur üblichen Zeit.« Sie hielt inne und ließ ihren Blick kurz über die anderen schweifen. Dann fügte sie hinzu: »Ich möchte, daß deine Position hier klar ist, Lewis. Du bist ein Gast, kein Dienstbote. Du kannst John bei seiner Arbeit helfen, wenn du möchtest. Er kann sicher jemanden gebrauchen, seit dieser Teufelsbraten von Stallbursche auf und davon ist, um Soldat zu werden ... aber du bist dazu nicht verpflichtet. Hast du mich verstanden?«
      »Ja, Ma’am«, antwortete Lewis, obwohl er sich nicht sicher war, was sie meinte. Wie konnte er Gast in einem so vornehmen Haus sein? Nie zuvor hatte er ein solches Anwesen betreten.
      Was er jedoch von diesem Augenblick an wußte, war, daß er sogar versuchen würde, über Wasser zu wandeln, falls Edwina Burne-Jones es von ihm verlangen sollte.
     
    Gemma nahm den erstbesten Parkplatz, der sich in der Ferry Road bot. Zu ihrer Rechten lagen die grünen Spielwiesen von Millwall Park unter dem Backsteinviadukt, über den jetzt die rot-blauen Züge der DLR donnerten. Zu ihrer Linken, auf der anderen Straßenseite, war eine Anlage mit einfachen Häusern aus der Vorkriegszeit, einige getüncht und mit Stuck verziert, andere zeigten noch ihre ursprünglich braunen Backsteinfassaden. Nach Janice’ Beschreibung mußte Gordon Finch nur ein paar Häuser weiter wohnen.
      Sie begann ihr Fenster hochzukurbeln, schüttelte plötzlich den Kopf und drehte es wieder herunter. In dem Durcheinander aus Papieren, Gebrauchsgegenständen und Resten von Lebensmittelverpackungen gab es kaum etwas, das einen Dieb interessieren konnte. Geschlossene Fenster hatten lediglich zur Folge, daß schon nach Minuten Backofentemperaturen im Wageninneren herrschen würden.
      Als sie langsam die Straße hinaufschlenderte und die Hausnummern der gegenüberliegenden Häuserreihe prüfte, wußte sie selbst nicht, was sie veranlaßt hatte, allein das Gespräch mit Gordon Finch zu suchen. Es war ein schwerer Verstoß gegen die Vorschriften, und Kincaid konnte jederzeit ihren Kopf dafür fordern.
      Dabei hatte sie sein Vertrauen sowieso schon über die Maßen strapaziert. Immerhin hatte sie ihm bislang verschwiegen, daß sie Gordon Finch kannte ... auch wenn sich aus den kurzen Begegnungen kaum eine Bekanntschaft ergeben hatte. Aber je länger sie es hinausschob, ihm die Wahrheit zu sagen, desto peinlicher mußte das Geständnis werden.
      Davon abgesehen wußte sie auch nicht mehr über Gordon Finch als das, daß er eine Weile als Straßenmusikant in Islington gespielt hatte. Und dieser Tatsache war wohl kaum Bedeutung zuzumessen.
      Seltsamerweise verschafften diese Argumente Gemmas schlechtem Gewissen kaum Erleichterung. Achselzuckend beschloß sie, einen

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