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Deborah Crombie - 05 Das verlorene Gedicht 06 Boeses Erwachen

Titel: Deborah Crombie - 05 Das verlorene Gedicht 06 Boeses Erwachen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Deborah Crombie
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beim Vorkosten der Tees. Wenn der Tee nicht richtig gezogen hat, kann man das Aroma der Mischungen nicht vergleichen. William besteht auf fünf Minuten, aber das ist mir zu stark. Mir genügen viereinhalb Minuten.«
      »Und was für eine Sorte trinken wir jetzt?« Gemma hatte das Etikett auf der Tüte nicht erkennen können, aus der Teresa den Tee genommen hatte.
      »Eine Englische Frühstücksmischung. Besteht hauptsächlich aus Assamtees ... das ist ein starker, schwarzer, indischer Tee«, klärte Teresa sie auf. »Am Nachmittag gehe ich gewöhnlich zu Ceylontees über. Sie sind etwas leichter und blumiger.« Die Küchenuhr war abgelaufen, und Teresa goß Milch in die beiden vorgewärmten Teetassen. Dann schenkte sie Tee durch ein Sieb nach. Sie reichte Gemma eine Tasse mit Löffel und Zuckerdose und setzte sich mit ihrem Tee hinter den Schreibtisch. »Ist ein Brauch, den ich von Annabelle gelernt habe. Und Annabelle von William.« Ihr Blick schweifte beinahe unfreiwillig zu Annabelles leerem Schreibtisch. Hastig konzentrierte sie sich wieder auf ihre Tasse.
      »Haben Sie Annabelles Schreibtisch aufgeräumt?« fragte Gemma und trank einen Schluck Tee. Er hatte ein vollmundiges, malzartiges Aroma und schmeckte ihr besser als jeder andere Tee zuvor.
      »Fürs erste habe ich alles in die Schubladen geschoben«, gab Teresa zu. »Ich konnte den Anblick der Sachen einfach nicht ertragen. Das hätte ich mir vermutlich sparen können. Schließlich denke ich sowieso jede Minute an sie.« Sie sah auf, und ihre blaßblauen Augen begegneten Gemmas Blick. »Ich weiß, Sie verstehen mich nicht... aber manchmal ist ihre Gegenwart regelrecht spürbar, und dann bilde ich mir ein, ihr Parfüm zu riechen.«
      Gemma fiel der kaum wahrnehmbare Duft ein, der ihr noch vor einem Moment aufgefallen war. »Ein Duft nach Holz und Zitrone?«
      »Riechen Sie ihn auch? Das Parfüm ist speziell für sie hergestellt worden. Es war Bergamotte dabei... das ist das Aroma, das im Earl Grey verwendet wird. Sie hat immer behauptet, es eigne sich viel besser für Parfüms als für Tees.«
      »Ich bezweifle, daß wir’s hier mit einem Gespenst zu tun haben«, versicherte Gemma ihr. »Starke Gerüche halten sich lange ... unter anderen Umständen würde es Ihnen wahrscheinlich gar nicht auffallen.«
      »Ja, vermutlich haben Sie recht«, stimmte Teresa ihr zu, aber es klang nicht überzeugt. Sie sah an diesem Vormittag beinahe hübsch aus in ihrem blaßblauen Sommerkleid. Ihr Haar wurde von einer passenden, blauen Haarspange zurückgehalten. Im Vergleich mit Annabelle allerdings mußte sie immer den kürzeren gezogen haben, egal, wieviel Mühe sie sich gegeben hatte. Gemma fragte sich, inwieweit sie das gestört haben mochte.
      Gemma trank von ihrem Tee und schwor sich, diese Frühstücksmischung bei der erstbesten Gelegenheit zu kaufen. »Ist Reg Mortimer heute morgen nicht im Büro?«
      Teresa errötete. »Nein, er fühlt sich nicht gut. War alles ein bißchen viel für ihn ... Reg hat Annabelle sehr geliebt.«
      »Und hat Annabelle Reg geliebt?«
      »Wie ... wie meinen Sie das? Selbstverständlich hat sie ...«
      »Weshalb ist sie dann ihrem Verlobten mehr als nur einmal untreu gewesen?«
      Teresas Hand erstarrte in der Luft über dem Henkel ihrer Teetasse. »Wie bitte?«
      »Hatte sie sich Ihnen nie anvertraut? Ich dachte, das hätte sie vielleicht getan.«
      »Was anvertraut? Wovon reden Sie?«
      »Haben Sie gewußt, daß Annabelle eine Affäre mit Martin Lowell hatte? Daran ist seine Ehe mit Jo zerbrochen. Reg hat erst in Annabelles Todesnacht davon erfahren.«
      »Martin Lowell? Das kann nicht sein ... das ist ein Irrtum«, erwiderte Teresa atemlos.
      »Kein Irrtum. Harry Lowell hat bei Jos Dinnerparty davon angefangen. Reg schäumte vor Wut. Er hat es mittlerweile zugegeben ... allerdings erst, als er nicht mehr anders konnte.«
      »Das kann nicht sein«, wiederholte Teresa, und ihre Augen wirkten spiegeleiergroß in ihrem schmalen Gesicht. »Warum hätte Annabelle das tun sollen?«
      »Ich dachte, Sie könnten mir vielleicht eine Erklärung liefern.«
      »Der Tod ihrer Mutter hat sie schwer getroffen«, antwortete Teresa langsam. »Jedenfalls kam es mir so vor. Allerdings war ich damals erst wenige Monate bei der Firma Hammond’s. Ich kannte sie kaum.« Bitter fügte sie hinzu: »Fünf Jahre später scheint sich das kaum geändert zu haben, was? Annabelle hat im geschäftlichen

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