Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Deborah Crombie - 05 Das verlorene Gedicht 06 Boeses Erwachen

Titel: Deborah Crombie - 05 Das verlorene Gedicht 06 Boeses Erwachen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Deborah Crombie
Vom Netzwerk:
heißen, daß Sie sich freiwillig zur Armee gemeldet haben?« fragte William. Sein Erstaunen wirkte beinahe komisch.
      »Sie haben mich zu Beginn des Krieges nicht genommen, aber ich spreche sowohl Griechisch als auch Italienisch und Deutsch. Und offenbar erkennt man jetzt den Nutzen meiner Kenntnisse an.« Das Licht blitzte in Mr. Cuddys Brillengläsern, als er nickte. »Ja, ich habe mich freiwillig gemeldet. Und wenn der Krieg so weitergeht wie bisher, dann dauert es nicht mehr lange, bis ihr Jungen dasselbe tut.«
      »Aber Sie sind zu alt!« platzte Lewis, ohne nachzudenken, heraus.
      Mr. Cuddy lächelte. »Das habe ich mir auch gesagt. Aber mein Alter ist für diesen Aufgabenbereich unerheblich. Ich kämpfe ja nicht an der Front. Ich versuche nur, hinter den Kulissen zu helfen.«
      »Aber was ist mit uns?« Irene hatte ihre Stirn in so tiefe Falten gelegt, daß Lewis vermutete, daß sie mit Tränen kämpfte.
      »Euchfehlt nichts ohne mich«, erwiderte Cuddy. »William wird die Firma seines Vaters nach dem Krieg wiederaufbauen. Lewis, glaube ich, stehen alle Möglichkeiten offen, sobald er sich für etwas entschieden hat. Und Irene ... unsere Irene wird natürlich Premierministerin.« Er hob Irenes Kinn sanft hoch. Es war das erste Mal, daß er einen von ihnen berührte. Dann hatte er sich förmlich von ihnen verabschiedet.
      Sie hatten ihm vom Fenster aus nachgesehen, wie er mit seinem Rucksack die Auffahrt hinuntergetrabt war, als fahre er doch in die Ferien, und Lewis hatte das Gefühl, aus einem Alptraum aufgewacht zu sein und zu merken, daß dieser gar kein Traum gewesen war.
      Im Herbst hatte Edwina sie für die Dorfschule angemeldet, sie hatten gelangweilt ihre schulischen Pflichten erledigt, und das Leben im Herrenhaus war weitergegangen wie bisher.
      Zuerst wollte Lewis nicht über Mr. Cuddy sprechen, wenn William oder Irene das Thema aufbrachten; und wenn Briefe aus Italien kamen, demonstrierte er Desinteresse und weigerte sich, sie zu lesen. Aber manchmal, am Abend, wenn alle zu Bett gegangen waren, schlich er sich in Edwinas Salon. Dort konnte er sich beim Licht einer knisternden Kerze allein in die Briefe vertiefen, und sie, so oft er wollte, lesen.
      Mr. Cuddy war General Clarks Fünfter Division zugeteilt worden, die in Salerno gelandet war, am Schaft des italienischen Stiefels, wenige Tage, nachdem Montgomerys Achte Division am 3. September an der Stiefelspitze nach Italien einmarschiert war. Als die Wochen vergingen und William und Irene darüber spekulierten, ob Mr. Cuddy letztendlich mit John Pebbles Zusammentreffen würde, flocht Lewis gelegentlich ein, daß er mehr wußte, als er zugab. Irene sah ihn an, sagte jedoch nichts, und irgendwie schweißte sie das noch mehr zusammen.
      In den vergangenen achtzehn Monaten, seit dem Ende des Blitzkriegs im Mai 41, waren die Bombenangriffe immer spärlicher und wirkungsloser geworden. Alle durften daher an Weihnachten lange Ferien zu Hause machen ... William bei seiner Familie in Greenwich; Irene in Kilburn, wo das Haus wieder einigermaßen bewohnbar war; und Lewis bei seinen Eltern in der winzigen Wohnung in Millwall.
      Als sie sich am ersten Abend in dem Zimmer, das seiner Familie als Schlafzimmer, Wohnzimmer und Küche diente, zum Tee setzten, hatte Lewis einen Blick auf die drei Gedecke auf dem Tisch geworfen und gefragt: »Wo ist denn Cath?« Er nahm an, daß sie Abendschicht in der Fabrik hatte.
      Die Eltern wechselten den altbekannten Blick, dann starrte sein Vater auf das Rübenmus auf seinem Teller und murmelte: »Verdammte Amis!«
      Lewis wandte sich fragend an seine Mutter. Er hatte die amerikanischen Soldaten auf der Straße gesehen und auch die amerikanische Militärpolizei, die sie alle wegen ihrer weißen Gürtel und Hüte Schneeflocken nannten, stellte jedoch nicht sofort einen Zusammenhang her.
      Seine Mutter warf dem Vater erneut einen Blick zu, bevor sie leise antwortete: »Deine Schwester ist ausgezogen, Lewis. Ich hatte nicht den Mut, es dir zu schreiben. Sie hat einen amerikanischen Piloten geheiratet, der verwundet und anschließend nach Hause entlassen wurde ...« Die Stimme versagte ihr, und sie berührte den Arm des Vaters, aber der schüttelte nur den Kopf und wehrte jeden Trost ab. »Und sie erwartet ein Kind«, fügte die Mutter hastig hinzu.
      Lewis hatte mittlerweile genug Dorfklatsch gehört, um die korrekte Reihenfolge der Ereignisse zu erraten, doch das minderte seine

Weitere Kostenlose Bücher