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Deborah Crombie - 05 Das verlorene Gedicht 06 Boeses Erwachen

Titel: Deborah Crombie - 05 Das verlorene Gedicht 06 Boeses Erwachen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Deborah Crombie
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Backstein. Auf einem sonnenbeschienenen Rasenfleck ging eine Frau auf und ab und führte Selbstgespräche. Sie hatte ihm den Rücken zugewandt, und trug eine Hose und ein blaßblaues Leinenhemd. Ihre schmale Figur wirkte beinahe jungenhaft, ein Eindruck, der durch den kurzen Schnitt ihres tizianroten Haars noch unterstrichen wurde. Sie hatte das hintere Ende der Rasenfläche erreicht, drehte sich um und blieb abrupt stehen, als sie ihn in ihrem Garten sah. Dann fiel die Sonne auf ihr Gesicht, und er stellte fest, daß sie beträchtlich älter war, als er zuerst angenommen hatte.
      »Hallo!« rief er ihr zu. »Ich wollte Sie nicht erschrecken. Ich suche jemanden, der Burne-Jones heißt.«
      Sie kam auf ihn zu, legte die Hände auf die rostige, schmiedeeiserne Gartentür und musterte ihn prüfend. »Ich heiße Burne-Jones. Was kann ich für Sie tun?« Sie hatte ein sympathisches, offenes Gesicht, und ihre Augen, auch wenn sie aus der Nähe betrachtet von einem feinen Netzwerk von Falten umgeben waren, waren von einem strahlenden, jugendlichen Blau.
      Kincaid nahm seinen Dienstausweis aus der Tasche und hielt ihn ihr hin. »Mein Name ist Kincaid von Scotland Yard. Ich habe einige Fragen bezüglich des Herrenhauses« - er deutete den Weg zurück, den er gekommen war - »und der Leute, die dort während des Krieges gelebt haben.«
      »Während des Krieges?« Sie runzelte die Stirn, nahm Kin-caids Ausweis, betrachtete ihn prüfend und gab ihn dann zurück. »Was sollten Sie schon ...« Sie hielt inne, sah zum Cottage zurück und schien dann eine Entscheidung zu treffen. »Na gut. Kommen Sie rein, Superintendent. Ich wollte sowieso gerade Kaffee kochen. Ich stehe vor einem wichtigen Abgabetermin«, erklärte sie über die Schulter, als er ihr ins Haus folgte. »Und wenn ich in einer Sackgasse gelandet bin, dann versuche ich, mich im Garten wieder rauszuarbeiten.«
      Als sie das vordere Zimmer des Cottages betraten, fiel sein Blick zuerst auf einen Arbeitstisch mit Computermonitor und Tastatur. Der Rest des Raumes wurde von prall gefüllten Bücherregalen beherrscht. »Sind Sie Schriftstellerin, Miß Burne-Jones?« fragte er, und nahm die gemütliche Atmosphäre des Arbeitszimmers mit seinen weichen Polstermöbeln und Chintzbezügen in sich auf. Auf dem Fußboden lag ein abgetretener, echter Teppich, und die Wände waren in einem Blau gestrichen, das an die Farbe von Rotkehlcheneiern erinnerte. Neben dem Kamin standen ein neuer Fernsehapparat und ein Videorekorder.
      »Ich bin Journalistin. Freiberuflich. Aber lassen wir die Förmlichkeiten - ich heiße Irene. Setzen Sie sich doch ... Ich bin gleich wieder da«, fügte sie hinzu und verschwand durch eine Tür, die vermutlich in die Küche führte. Statt sich zu setzen, inspizierte Kincaid die Bücherregale.
      Irene Burne-Jones Interessen schienen sehr weit gestreut zu sein. Die Schwerpunkte jedoch lagen auf britischer Geschichte und politischen Biographien. Aus einer ganzen Serie von Bänden über Winston Churchill schloß er, daß ihm ihr besonderes Augenmerk galt.
      Er hatte gerade William Manchesters The Last Lion aus dem Regal gezogen, als Irene mit einem Tablett zurückkam. »Entschuldigen Sie«, murmelte sie und schob einen Stapel offenbar ungelesener Zeitungen beiseite, um Platz für das Tablett auf dem Couchtisch zu schaffen. »Alles bleibt liegen, wenn ich an einem Artikel schreibe. Mögen Sie Bücher, Mr. Kincaid?« Sie sah ihn an, während sie Kaffee in zwei Becher schenkte.
      »Sind meine zweite Natur. Meine Eltern betreiben eine Buchhandlung«, antwortete er und stellte das Buch wieder an seinen Platz. Dann setzte er sich in einen Sessel.
      »Ich weiß nicht, ob mir das gefallen hätte«, erwiderte Irene. »Bücher für selbstverständlich zu nehmen, meine ich. Meine Eltern haben nicht viel gelesen, aber für mich waren Bücher eine Offenbarung.« Sie goß etwas Sahne in ihren Kaffee, lehnte sich zurück und betrachtete ihn neugierig. »So, und jetzt erzählen Sie mir, womit ich helfen kann.«
      »Hat das Herrenhaus während des Krieges Ihrer Familie gehört, Miß Burne ... Irene?« korrigierte er sich.
      Irene schüttelte eine Zigarette aus dem Päckchen Dunhills auf dem Tisch und zündete sie nachdenklich an. »Es gehörte meiner Tante Edwina ... das heißt, eigentlich war sie meine angeheiratete Cousine zweiten Grades. Nach ihrem Tod ging es an meinen Vater und schließlich an mich über. Unsere Familie litt unter der

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