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Deborah Crombie - 05 Das verlorene Gedicht 06 Boeses Erwachen

Titel: Deborah Crombie - 05 Das verlorene Gedicht 06 Boeses Erwachen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Deborah Crombie
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Madelaine. Der Gedanke, Sie hier zu wissen, tut gut. Sie sind der ruhende Pol.«
      »Kommen Sie mir ja nicht mit Yeats-Zitaten«, wehrte sie flapsig ab und musterte ihn mit ihren schönen Augen.
      »Keine Angst, ich bin vorgewarnt. Und ich komme wieder.« Er gab ihr einen Kuß auf die Wange und wandte sich zum Gehen.
      »Duncan.«
      Ihre Stimme klang plötzlich ernst. Er hielt inne und war gezwungen, sich umzudrehen.
      »Welche Probleme Sie auch haben mögen, von allein verschwinden sie nicht«, bemerkte Madelaine. »Bitte seien Sie vorsichtig.«
     
    Der blaue Himmel war zuerst violett und darin kobaltblau geworden, aber Gordon Finch hatte keinen Finger gerührt, um Licht anzuknipsen. In seinem Schoß lag zerknittert unter seinen Händen der Morgenmantel, den er Annabelle gekauft hatte, der einzige noch greifbare Beweis seiner Beziehung zu ihr.
      Bis zu diesem Tag hatte er es sich nicht gestattet, darüber nachzudenken. Bis zu diesem Tag hatte er nicht alle Puzzlestücke beisammen gehabt ... war nicht gezwungen gewesen, die Ereignisse bis zu ihrem logischen Ende zu verfolgen. Waren Gemma und ihr wachsamer Superintendent derselben Logik gefolgt? Wenn nicht, wie lange würde es wohl dauern, bis sie darauf kamen, wo Annabelle hingegangen war und was sie getan hatte?
      Alles, was ihm blieb, war die Entscheidung, wieviel Loyalität er seinem Vater schuldete ... und welche Rache Annabelle forderte.
     
     

* 14
     
    Für die Mehrheit der Familien, deren Lebensunterhalt vom Handel und Wandel auf dem Fluß abhing, kam die Schließung der stromaufwärts gelegenen Docks so überraschend und vernichtend wie eine Naturkatastrophe. Es war ihr Großes Feuer. Sie konnten nur Zusehen und sich mit den Folgen eines Prozesses abfinden, den sie weder ausgelöst noch eine Chance hatten, ihn in irgendeiner Form zu kontrollieren.
     
      George Nicholson aus Docklands, ein illustrierter historischer Überblick
     
    »Solange ich rede, habt ihr Funkstille«, sagte Mr. Haliburton, die zitternde Hand zur Schiefertafel erhoben, den Rücken noch immer den Kindern zugewandt, mit der übertrieben ruhigen Stimme, die Lewis als Warnsignal zu erkennen gelernt hatte.
      Irene war diejenige gewesen, die sich herübergebeugt und Lewis etwas zugeflüstert hatte. Mr. Haliburton hatte sie natürlich gehört und sich bei seinem Vortrag über die Zusammensetzung der Houses of Par-liament gestört gefühlt. Jetzt warf Lewis Irene einen warnenden Blick zu, hielt die Luft an, und hoffte, daß der Kelch an ihnen vorübergehen möge.
      Die zitternde Hand begann erneut, sich zu bewegen, und Lewis entspannte sich, soweit das überhaupt möglich war, wenn man sich zusammen mit dem neuen Lehrer in einem Raum befand. Während er seine frostkalten Finger unter dem Tisch massierte, versuchte er, nicht an Mr. Cuddy zu denken, versuchte, sich nicht an die Tage zu erinnern, die sie zu viert um den Tisch im Schulzimmergesessen und hitzig über eine Lektüre oder einen geschichtlichen Vorgang diskutiert hatten ... denn all das hatte sich an jenem Junimorgen geändert, als Mr. Cuddy sie vor Beginn seines Jahresurlaubs ins Schulzimmer gerufen hatte. Kaum hatte er sie gebeten, sich zu setzen, war Lewis aufgefallen, daß sein Lehrer Tränen in den Augen hatte.
      »Die Angelegenheit duldet keinen Aufschub mehr«, begann Mr. Cuddy. »Ihr alle wißt, daß ich abreise, aber ich fahre nicht in die Ferien, wie ich euch gesagt habe. Und ich fürchte, ich komme nicht zurück.«
      Irene fand als erste die Sprache wieder. »Das ist doch Unsinn, Mr. Cuddy. Warum sollten Sie denn nicht zurückkommen?«
      Mr. Cuddy hatte sich abgewandt, eine schmale, vertraute Gestalt mit Brille und schütterem Haar in einem mottenzerfressenen Jackett. Und Lewis hatte die ersten Anzeichen von Angst verspürt.
      »Ich war das ganze vergangene Jahr hin und her gerissen zwischen den Pflichten, die ich euch gegenüber empfinde, und der Pflicht gegenüber meinem Land. Und ich fürchte, ich habe mich durch den Wunsch, bei euch drei Kindern zu bleiben, lange genug verleiten lassen, jetzt ist mir klargeworden, daß ihr keine Kinder mehr seid.« Mr. Cuddy wandte sich ihnen wieder zu, die Hände in den Taschen vergraben, und Lewis wußte, daß er an der alten Uhr herumfingerte, die er stets bei sich trug. »Ich habe euch gesagt, daß ich damit rechne, daß die Alliierten in Kürze eine Invasion im Mittelmeerraum vorbereiten. Übersetzer werden gebraucht...«
      »Soll das

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