Deborahs Totenacker
grausame Spiel begann erneut. Sie würde weiterhin ihren perversen Hunger stillen können, sie würde sich wieder bei der Mafia melden und erklären, daß sie noch da war.
Welche Chance gab es?
Suko dachte darüber nach, als er die Stufen der Treppen hinablief. Da war der Wagen. Ein dunkles Geländefahrzeug, das er zwar gesehen, dessen Marke er aber nicht erkannt hatte. Er dachte sofort daran, daß in London unzählige dunkle Geländewagen herumfuhren. Es würde schwer, vielleicht sogar unmöglich werden, innerhalb kurzer Zeit genau diesen Wagen zu entdecken. Zudem war Deborah nicht dumm. Er konnte sich gut vorstellen, daß sie einen derartigen Rückzug vorbereitet hatte und irgendwann auf einen anderen Wagen umstieg.
Unten im Hur blieb der Inspektor stehen. Einige Gedanken schössen durch seinen Kopf. Er versuchte herauszufinden, was sie ihm noch kurz vor ihrer Hucht gesagt hatte. Da war die Rede von Luigi Serrano gewesen, vom Keller und…
»Verdammt!« zischte Suko. Er drehte sich scharf nach links und hatte sehr bald die offenstehende Kellertür gefunden. Vor sich sah er eine Treppe. Sogar das Licht brannte noch. Es gab den grauen Steinen einen matten gelben Glanz.
Suko schaute in die Tiefe. Er schnupperte, und ihm stieg auch der widerliche Geruch in die Nase, der sich zwischen den feuchten Mauern gehalten hatte.
Deborahs Erbe…
Er ging weiter. Stufe für Stufe ließ er hinter sich. Suko brauchte nicht einmal die Treppe zu verlassen, um das Elend zu sehen, das sich auf dem Boden des Kellers ausbreitete.
Knochen…
Gebeine eines Menschen. Nicht ausgebleicht oder alt, sondern noch frisch, auch nicht ganz abgenagt.
Der Inspektor drehte sich um. Sein Magen drückte schwer wie ein Stein im Leib.
Mit unbewegtem Gesicht ließ er den Keller hinter sich und schloß die Tür.
Für einen Moment lehnte er sich gegen die Wand. Von der Haustür her hörte er Schritte. Eine Frau mit zwei schweren Einkaufstüten hatte den Flur durchquert und stieg die Treppen hoch. Suko war von ihr nicht wahrgenommen worden.
Er bewegte sich erst, als eine Tür in der oberen Etage zugefallen war.
Mit einer müden Bewegung stieß er sich von der Wand ab. Er hatte versagt, verloren, das stand fest, aber er hatte nicht vergessen, was jetzt noch zu tun war.
In Gedanken stieg er wieder die Treppe hoch und ging zurück in die Wohnung mit dem Toten. Dort stand auch ein Telefon. Es war noch ein alter Apparat mit einer Wählscheibe.
Suko rief beim Yard an. Er wollte, daß die Kollegen kamen und den Keller leerräumten.
Suko führte auch ein zweites Gespräch. Das fiel ihm weniger leicht, denn er mußte Sir James seine Niederlage eingestehen…
***
Donaldo Lucca, der Mörder, hatte sich verstockt gezeigt und kein einziges Wort zu dem Fall gesagt. Nur seinen Namen hatte er mehrmals wiederholt, ansonsten geschwiegen.
Okay, wir hätten ihn irgendwann so weit gehabt, daß er redete, aber so viel Zeit stand uns nicht zur Verfügung, deshalb hielten wir uns an Cattani.
Was er auf dem Kerbholz hatte, wußten wir nicht. Zumindest war er nicht der Mann gewesen, der Carlo Brandi erschossen hatte, und darauf konnten ihn Sir James und ich möglicherweise festnageln.
Zwei Kollegen brachten den mit Handschellen gefesselten Mann in das Zimmer meines Chefs, wo wir ihm einen Stuhl anboten. Cattani nahm Platz, schlug die Beine übereinander und lächelte gequält. Aber seine Augen blieben wachsam. Das dunkle Haar war nicht mehr so sorgfältig zurückgekämmt, wie es nach seinem Geschmack gewesen wäre, aber hier stand er nicht auf dem Laufsteg, sondern saß zwei Polizisten gegenüber, die ihm Beihilfe zum Mord anhängen konnten.
Das erklärte ihm Sir James, während ich zunächst schwieg und Cattani nicht aus den Augen ließ.
»Sind Sie sich darüber im klaren, in welcher Klemme Sie stecken?« fragte Sir James.
»Ohne Anwalt sage ich nichts.«
»Den bekommen Sie.«
»Sofort.«
Sir James lächelte.
»Ich denke, daß wir das Recht haben, Sie erst verhören zu dürfen. Es gibt eine Zeitspanne, in der Ihnen zunächst vom Gesetz her kein Anwalt zusteht. Wir wollen Sie auch nicht in die Zange nehmen, wir wollen Ihnen nur klarmachen, daß Sie ja nicht geschossen haben, Mister Cattani.«
»Dann lassen Sie mich frei.«
»So einfach ist das nicht. Es gibt eine Zeugin, die gegen Sie aussagen wird, und da nutzt auch der Druck Ihrer Freunde und Hintermänner nichts. Man hat ihr die Existenz genommen, von ihrem Mann mal ganz abgesehen. Sie befindet sich in
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