Deborahs Totenacker
keine Freude mehr haben, das kann ich dir versprechen. Wie du es drehst oder wendest, du kommst nicht aus diesem Zimmer. Nicht mehr so, wie du jetzt aussiehst. Hast du schon einmal das Sterben oder die Vernichtung eines Ghouls erlebt? Weißt du, wie es ist, wenn er von einer geweihten Silberkugel getroffen wurde und allmählich austrocknet? Wie er die Hüssigkeit verliert, wie der Schleim zu einer kristallinen Masse wird? Weißt du das? Ist dir das bekannt?«
»Nein…«
»Dann wirst du es bei dir erleben.« Deborah war unruhig geworden. Sie stand zwar auf dem Fleck, aber sie bewegte sich trotzdem. Es lag einzig und allein an ihrem Körper, der sich zusammenzog, dann wieder aufquoll, als wollte er sich zu einer Tonne entwickeln, und auch ihre Hände waren nicht mehr so lang wie sonst. Die Finger zogen sich zurück. Sie verwandelten sich in stummelartige Gegenstände, die wie kurze Zigarren aus den beiden Handrücken hervorschauten. An den Spitzen zeigten sie Klumpen. Sie waren stumpf geworden, Tropfen hingen an ihnen. Deborah bewegte sich, als würde sie unter Juckreizen leiden, und Suko ahnte allmählich, daß er aus ihr nichts mehr herauskriegen würde. Dieses eklige Wesen würde keinen Namen aus der Ehrenwerten Gesellschaft preisgeben; als es seine rechte Hand bewegte, griff der Inspektor nicht ein.
Die Hand und ein Teil des Arms waren für einen Moment nicht zu sehen.
Der Mantel deckte beides ab. Unter dem Mantel hatte Deborah einen Knüppel versteckt gehabt.
Suko war etwas überrascht. Dann aber lächelte er. »Willst du mich damit ausschalten?«
Der weibliche Ghoul gab keine Antwort. Nur die hellen Augen glotzten Suko an.
Und plötzlich schleuderte sie den Knüppel vor. Sie warf ihn aus dem Handgelenk.
Er drehte sich in der Luft, während er auf den Inspektor zuwirbelte.
So schnell kam selbst Suko kaum weg. Er mußte sich zur Seite drehen, der Knüppel erwischte ihn deshalb nicht im Gesicht oder an der Brust, er rasierte über seine linke Schulter hinweg, aber Deborah hatte ihn durch ihre Tat abgelenkt und gleichzeitig reingelegt.
Sie selbst wuchtete ihren Körper zurück.
Suko vollzog das erst richtig nach, als er das Platzen und Splittern hörte.
Das Fenster! dachte er noch.
Er stürmte vor.
Deborah fiel bereits in die Tiefe!
***
Es war wirklich wieder einmal der berühmte Augenblick, der dem Inspektor fehlte. Selbst mit einem Peitschenhieb erreichte er den weiblichen Ghoul nicht, der zusammen mit den Glassplittern nach außen gedrungen war und in die Tiefe fiel.
Suko sprang auf das Fenster zu. Er wäre beinahe noch über einer im Inneren liegenden Scherbe ausgerutscht, beugte sich vor und bekam genau den Moment des Aufpralls mit.
Sie war auf den Grund des Hinterhofs geklatscht. Das Geräusch war selbst für Suko vernehmbar gewesen. Ein Mensch hätte diesen Aufprall nur mit viel Glück überlebt, und Suko fragte sich, ob Deborah in ihrem Zustand mehr Mensch oder mehr Ghoul gewesen war.
Das eine konnte sie töten oder schwer verletzen, das andere konnte ihr zum Vorteil gereichen.
Sie lag nicht lange. Es sah so schwerfällig aus, wie sie sich auf der Stelle herumwälzte, dabei noch Schwung holte und wieder auf die Füße kam.
Suko besaß noch den Stab. Er hätte ihn berühren und das Wort Topar rufen können, nur hätten ihm die fünf Sekunden Zeitstillstand nicht gereicht, um Deborah zu stoppen. Im Gegensatz zu ihr konnte er nicht aus dem Fenster springen, er mußte den normalen Weg über die Treppe nehmen, der ihn zuviel Zeit gekostet hätte. So zog Suko die Beretta.
Er hatte schon auf den Ghoul angelegt, als dieser noch schneller lief und gleichzeitig in die Deckung des dunklen Geländewagens tauchte. In die Lücke zwischen Auto und Hausmauer, so daß sie sich im toten Winkel befand.
Suko fluchte, was bei ihm nur sehr selten vorkam. Er lehnte sich aus dem Fenster, die Waffe schräg nach unten gerichtet, doch das Ziel war nicht vorhanden, denn Deborah hatte es mittlerweile geschafft, in ihren Wagen zu klettern und das Auto zu starten. Sie raste so schnell durch die Einfahrt, daß Suko nicht auf die Reifen zielen konnte.
Er mußte sich zurückziehen.
Der Inspektor war sauer, frustriert, denn dieses verdammte mordgierige Wesen hatte es tatsächlich geschafft, ihn reinzulegen. Sie war ihm regelrecht durch die Lappen gegangen.
Vor Wut und Ärger hatte Suko einen roten Kopf gekriegt. Beinahe hätte er es geschafft, Deborah auszuschalten, für immer. Nun war er so schlau wie zuvor, und das
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