Deborahs Totenacker
lag ein furchtbares Versprechen, und der Henker hatte seine Waffe bereits auf das Ziel gerichtet.
Dies wurde Carlo innerhalb weniger Sekunden klar. Er wollte sich zur Seite werfen und dabei einen Stuhl in die Höhe reißen, um ihn gegen den Henker zu schleudern.
Plopp…
Er hörte das Geräusch, das er bisher nur aus dem Kino oder von der Mattscheibe her kannte, wenn er sich einen Action-Streifen ansah. Er konnte auch nicht begreifen, daß dieses Geräusch praktisch ihm galt und er die Folgen zu tragen hatte.
Dann traf ihn der Schlag. Ein wahrer Hammer. Carlo glaubte, von einer eisernen Faust an der Brust getroffen worden zu sein. Er hatte das Gefühl, zerrissen zu werden und kippte um. Er schlug mit einer Hand gegen eine Stuhllehne, als könnte er sich daran festklammern. Der Stuhl fiel ebenfalls. Gemeinsam prallten sie zu Boden, und beide rührten sich nicht.
Der Henker ging auf Carlo zu. Er schaute kurz hin, richtete sich auf und nickte. Bei ihm war es ein Zeichen dafür, daß er seinen Gegner tödlich getroffen hatte.
Erst dann schaute er auf seinen Kumpan. Der Elegante hatte sich gesetzt und den Füller aus seinem Handrücken gezogen. Der Mann atmete heftig, sein Mund stand dabei weit offen. Sogar Tränen waren an seinen Wangen entlanggelaufen. Die Beine hielt er ausgestreckt, den Rücken durchgedrückt. Das Leder des Handschuhs hatte einen feuchten Blutfleck bekommen. »Scheiße!« keuchte der Mann. »Verdammte Scheiße ist das alles! Er… er… hat mich erwischt!«
»Soll ich einen Arzt holen?«
»Nein.«
»Brandi ist tot.«
Der Verletzte nickte. »Ich weiß es. Ich kenne dich. Trotzdem bist du ein Idiot.«
»Warum?«
»Das hätten wir auch anders regeln können.«
»Nein, er wäre nicht zur Vernunft gekommen.«
Der Elegante wollte davon nichts mehr hören. »Bene«, sagte er, »es ist alles fast in Ordnung. Nimm dein Gerät und hol sie her. Ich weiß, daß sie gewartet hat.«
»Du… du… meinst…?«
»Ja, verdammt!«
Der Henker nickte. Dann griff er in die Tasche, wo sein Sprechfunkgerät gesteckt hatte. Er stellte die Verbindung her und konnte das Zittern in seiner Stimme nicht verbergen. »Du kannst jetzt kommen. Hier haben wir jemanden für dich…«
***
Sophia Brandi hatte sich versteckt!
Sie hatte noch mitgekriegt, wie die beiden Hundesöhne das Lokal betreten hatten, und sie hatte sehr genau gewußt, was nun ablaufen sollte. Sie kannte die Regeln der Mafia, und sie kannte auch ihren Mann, der manchmal verflucht dickköpfig war.
Die Frau hockte eingeklemmt in einem Schrank. Er wiederum stand in einem Zimmer, dessen Wand direkt an die des Restaurants grenzte. Aus diesem Schrank heraus konnte ein heimlicher Beobachter durch die Optik in der Wand alles sehen, was sich in dem Restaurant abspielte.
Sophia konnte kaum glauben, daß sie die Realität erlebte. Sie kam sich eingeschlossen vor, wie in einem Alptraum, in dem die einzelnen Szenen ohne Ton abliefen, denn hören konnte sie nichts. Die Wand war zu dick, aber die Optik zeigte ihr all das Grauen, und sie sah auch, wie sich ihr Mann wehrte und wie er dann von der Kugel getroffen und zu Boden geschleudert wurde.
Das genau war der Augenblick, wo für Sophia die Welt zusammenbrach.
Sie hätte jetzt schreien müssen. Ihre Trauer und ihr Schmerz brauchten freie Bahn, statt dessen tat sie nichts.
Sie wußte nicht einmal, ob sie atmete. Ein Kokon hielt sie vom Kopf bis zu den Füßen umspannt und schien sie zu würgen.
Ihr Mann war tot!
Carlo lebte nicht mehr!
Für Sophia war es unglaublich, unbegreiflich, und sie wollte es auch nicht wahrhaben. Der Schrank war hoch genug für sie. Auch stehend stieß sie mit dem Kopf nicht gegen die Decke, und sie spürte, wie ihr die Tränen aus den Augen rannen, wie das Schluchzen sie peinigte. Im Schrank hängende Kleidungsstücke streichelten ihr Gesicht. Und als schien sie es nicht mehr ertragen zu können, hockte sie sich hin und vergrub das Gesicht in den Händen.
Der Schmerz brannte in ihr, und noch immer konnte sie nicht schreien.
Sophia wunderte sich über ihre Kraft. Nie hätte sie mit einer derartigen Stärke gerechnet, und sie schaffte es auch, sich wieder hochzustemmen. Sie wischte die Tränen aus den Augen, um klar sehen zu können. Dann schaute sie wieder durch den Spion.
Sie waren nicht verschwunden. Beide Mafiosi hielten sich noch im Restaurant auf. Der Verletzte hockte auf einem Stuhl. Er hatte den Handschuh abgestreift und ein Taschentuch um die Wunde gebunden.
Der helle
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