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Debütantinnen - Roman

Titel: Debütantinnen - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: PeP eBooks
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Karton hochhob, spürte sie, dass darin etwas zur Seite rutschte. Er war nicht leer. Sie holte das zerknitterte Zeitungspapier heraus und stieß auf ein Sammelsurium von Dingen.
    Sie nahm eines nach dem anderen heraus.
    Zuerst ein abgewetztes Schmuckkästchen aus blassblauem Samt. Cate öffnete es.
    »Mein Gott!«
    In dem Kästchen lag ein zierliches Armband aus Per len, Diamanten und Smaragden. »Tiffany & Co., 221 Regent Street, W. London« war auf den weißen Satinbezugsstoff des Deckels gedruckt. Cate öffnete die Schließe und hielt das Armband mit seinem zarten Muster aus Perlenblüten mit Smaragden in der Mitte, durchsetzt mit schmalen Perlenovalen, verstärkt durch Reihen von Diamanten, ins Licht. Die Diamanten waren stumpf von Staub und Alter, doch die Smaragde glitzerten im Sonnenlicht. Cate probierte das Armband an, es passte gerade so um ihr Handgelenk. Das Schmuckstück war unglaublich fein gearbeitet und wahrscheinlich äußerst kostbar.
    Sie schloss die Schließe und legte es ordentlich zurück in sein Kästchen.
    Das Nächste war ein schmales Silberdöschen mit einem kunstvollen, mit Diamanten verzierten »B« in der Mitte. Daneben lag eine ramponierte grüne Plakette mit dem Bild einer Kerze darauf und der Inschrift »Dieser Preis ist schön und die Hoffnung groß«, in der Mitte die Buchstaben »SSG«. Ein kleiner angelaufener Messingschlüssel, zu winzig, um in ein Türschloss zu passen, war in eine Ecke gerutscht. Er lag in ihrer Hand wie etwas aus Alice im Wunderland . Vielleicht gehörte er zu einem Tisch oder zu einer verschlossenen Schublade? Ganz unten in dem Karton lag ein Foto eines gut aussehenden dunkelhaarigen jungen Mannes in Matrosenuniform. Er hatte gleichmäßige Züge und schwarze, lebhafte Augen. Es war ein professionelles Porträt, aufgenommen in einem Studio. Der Matrose posierte vor einem angedeuteten klassischen Hintergrund einer griechischen Säule, mit einem Arm hatte er sich lässig auf einen mit schwerem Stoff drapierten Sockel gestützt, die andere selbstbewusst in die Seite gestemmt. Seine Matrosenmütze war mit » HMS VIVID « bestickt. Er konnte kaum älter sein als zwanzig Jahre. Auf dem schwarzen Rand unter dem Foto stand der Name des Fotografen: »J. Grey, 33 Union Street, Stonehouse, Plymouth.«
    Cate spürte, wie sich eine Spannung in ihr aufbaute. Dies war keine willkürliche Auswahl an Dingen, sondern etwas sehr Persönliches. Die Sachen − die Schuhe, das Armband, das Foto − standen in irgendeiner Verbindung zueinander. Jemand hatte sie zusammengetragen, sie in einem Schuhkarton verstaut und hinter den Büchern verborgen. Doch warum?
    Durch die offenen Terrassentüren flog eine Biene herein. Unter wütendem Summen suchte sie einen Weg hinaus.
    Cate starrte auf das Foto des gut aussehenden jungen Mannes mit dem lachenden, trotzigen Blick.
    Das Ganze war eine Chronik, eine Art Archiv von etwas, das es wert war, verborgen zu werden, bezeichnet durch Diamanten von Tiffany, silberne Tanzschuhe, einen schönen jungen Mann …
    Eine Erinnerung stieg auf. Sie ging den langen Flur hinunter in den Ballsaal des St. Regis Hotel, überall vergoldete Spiegel und schwache Beleuchtung. Menschen drehten sich um, Menschen, die sie nicht kannte, lächelten sie an, starrten. Die blassgraue Seide ihres Kleids schmiegte sich an ihre Beine. Ein Jazztrio spielte »Please Don ’ t Talk About when I’m Gone«.
    Etwas, das bezeichnet wurde durch Diamanten, Tanzschuhe, einen schönen Mann …
    Er war dort, direkt vor ihr. Sein Haar glatt und schimmernd, gepflegt, seine starken Züge, seine dunkeln Augen fast schwarz. Er sah nicht einfach nur gut aus, er war geradezu unwiderstehlich, dominierend.
    »Manche Menschen haben Angst vor dem Erfolg. Angst davor, wirklich lebendig zu sein.« Sein Tonfall war herausfordernd, seine Miene amüsiert. »Haben Sie Angst?«
    »Ich habe vor gar nichts Angst«, hatte sie kühl geantwortet und sich abgewandt.
    Cate schloss die Augen.
    In Wirklichkeit hatte sie Angst gehabt, Angst vor allem und jedem. Doch sie hatte gelogen. Sie war fortgegangen, und er war ihr gefolgt, durch die Menschenmenge, Männer und Frauen in Abendgarderobe, die tanzten, deren Spiegelbilder durch die Spiegel an den Wänden wirbelten.
    Die Biene flog durch das offene Fenster in die unendliche Freiheit des Gartens.
    Cate blickte ihr hinterher.
    Hätte sie damals doch nur gewusst, dass bald er derjenige sein würde, der fortginge, und sie diejenige, die ihm folgte, hinter ihm

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