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Debütantinnen - Roman

Titel: Debütantinnen - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: PeP eBooks
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Zielstrebigkeit oder Entschlossenheit, doch er hatte es getan. Stück für Stück. Zuerst nahm er die Fotos und verstaute sie in einer Schachtel, die er im Flur in den Schrank stellte. Dann machte er sich daran, die Bilder, die sie gekauft hatte, durch solche zu ersetzen, die er entweder bei der Arbeit fand oder in den Antiquitätenläden um Islington. Allmählich machte er es sich zur Gewohnheit, jedes Mal, wenn er in einer Schublade auf etwas stieß, was ihn an sie erinnerte oder was ihr gehört hatte, es herauszunehmen und entweder wegzuwerfen oder in die Schachtel im Flurschrank zu tun. Im Laufe der Zeit ging er von ganz offensichtlichen Dingen, wie ihrem Pass oder einer kleinen Porzellanfigur, zu subtileren Dingen über, wie einem Streichholzbriefchen eines Lieblingsrestaurants oder einem Küchenmesser, das sie beigesteuert hatte, als sie zusammengezogen waren.
    All diese Dingen verschwanden, bis er zufrieden war, dass er sich in seiner Wohnung in jedes beliebige Zimmer begeben konnte, ohne in Kontakt mit etwas zu kommen, das ihr gehört hatte oder das typisch für sie war.
    Auf diese Weise hatte er sein Zuhause und seine Umgebung von allen Spuren ihrer Existenz gereinigt.
    Denn als er sich von den finsteren, zähen Tagen erholte, sah Jack allmählich, was die ganze Zeit schon da gewesen war. Es stieg auf wie eine Landschaft, die ganz plötzlich aus dem Nebel auftauchte und in deutlichen Einzelheiten vor ihm lag.
    Ihr gemeinsames Leben war eine Lüge gewesen, von vorn bis hinten.
    *

* * *
    5 St. James’s Square
    London
    23. Mai 1936
    Liebste Bird,
    sag mir offen und ehrlich: Was wollen die Männer eigentlich von uns? Ich komme einfach nicht dahinter. In der einen Minute sind sie so aufmerksam, dass man glaubt, sie würden sterben, wenn man sich nur zwei Schritte von ihnen entfernt. Dreißig Sekunden später rauschen sie ab, ohne überhaupt Auf Wiedersehen zu sagen. Wie es scheint, bekomme ich immer zu viel von den Männern, die ich nicht will, und nicht genug von dem einen Mann, den ich will! Heute bin ich ganz schön trübselig. Ich spüre, dass eine große, schwarze Wolke aufzieht, und das einzige Mittel dagegen ist, noch hektischer zu tanzen. Oder vielleicht ganz aufzuhören zu tanzen …
    Sag mir etwas Nettes, meine Liebe. Selbst wenn Du lügen musst. Und erzähl mir unbedingt noch eine Geschichte über Dein lustiges kleines Dienstmädchen! Hat sie wirklich das Bein Deines Schlüpfers zugenäht? Könnte es sein, dass sie für Muv arbeitet?
    Wenn Du nach London kommen möchtest, wäre ich gern Deine stetige, hingebungsvolle Begleiterin. Bitte lass mich nicht allein mit den ganzen intriganten Politikern! In der Stadt wimmelt es nur so von Botschaftern und Mitgliedern ausländischer Königsfamilien mit absolut unmöglichen Namen und noch unmöglicheren Manieren. Sie hängen in feuchten Kellern herum, trinken zu viel und befummeln einander. Und sie sind gewiss alle Spione. Lord R. versucht dauernd, mich dazu zu bringen, mit ihnen zu tanzen; er hofft, dass sie mir gegenüber indiskret sind. Natürlich sind sie indiskret, aber gewiss nicht auf die Art, die ihm vorschwebt. Also, Mr Paul Robeson − das ist ein Mann, mit dem ich gern tanzen würde! Kannst Du Dir vorstellen, was der alte Wächter dazu sagen würde!
    Oh, ich hoffe, ich habe Dich zum Erröten gebracht!
    Haufenweise keusche, von Rom gutgeheißene Küsse,
    B

D ie Frau drehte es stirnrunzelnd in den Händen. »So etwas ist mir noch nie untergekommen«, räumte sie ein und gab es Cate zurück. »Es ist nicht ganz mein Fachgebiet. Es sieht aus wie ein Pfadfinderabzeichen, aber dafür ist es eigentlich zu alt. Warum fragen Sie nicht mal Laurence an Stand achtundzwanzig? Ich habe das Gefühl, es könnte etwas mit dem Krieg zu tun haben. Das ist seine besondere Leidenschaft.«
    Cate schob das kleine Abzeichen wieder in die Tasche ihrer Jeans. »Wo ist Stand achtundzwanzig?«
    »Den Gang zu Ihrer Linken runter und dann rechts bis ans Ende«, erklärte die Frau ihr. »Laurence Friedman.«
    »Vielen Dank.«
    Cate ging durch die Gänge von Alfies Antiques, zwischen den engen, überfüllten Ständen mit Möbeln oder Kleidung hindurch, einige zum Bersten voll mit schönen Antiquitäten, andere mit kitschigen Memorabilien überladen. Hier bei Alfies gab es für jeden Geschmack etwas. Der Antikmarkt erstreckte sich über vier Etagen und war damit einer der größten Europas − eine einzige große Schatztruhe, wo in den wunderbaren Sammlungen begeisterter

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