Debütantinnen - Roman
mit Absicht getan!«
»Ein schlichtes Missverständnis.« Dazu hatte er maliziös gelächelt. »Aber mein Schatz, der Ballsaal ist voller Gesichter, und deines fällt auf. Also, das kann doch nur von Vorteil sein.«
Er hatte recht behalten. Nicht alle Blicke waren missbilligend, viele waren auch bewundernd.
»Halt dich gerade, straffe die Schultern. Und trag deinen Akzent dick auf, ja? Ich muss arbeiten, und das heißt, dass du auch arbeiten musst.«
Und das hatte sie getan. Die Illusionen, die sie sich noch im Auto gemacht hatte, lösten sich rasch in Wohlgefallen auf. Unbekümmert erklärte sie mit einem Lächeln, dass sie nicht gewusst habe, dass es ein Schwarz-Weiß-Ball war, dass sie sich vorkomme wie eine Idiotin, und die Menschen versicherten ihr, sie sehe toll aus. Und bevor sie es wusste, tanzte sie und stand im Mittelpunkt der Aufmerksamkeit wie noch nie. Meistens tanzte sie mit den älteren Ehemännern der Frauen, die Dereks Kundinnen waren, Frauen, die seinem aufmerksamen Ohr etwas zuflüstern wollten, während eine andere ihren Ehegatten vom Tisch weglockte und auf dem Tanzparkett ablenkte. Wenn er dann allein mit ihnen war, neckte und schmeichelte Constantine ihnen, scherzte und bezirzte, erwähnte ganz nebenbei ein Werk, das er in diesem Monat aus Frankreich erwartete, eines, das unglaublich selten war und das er eigentlich jemand anderem versprochen hatte, doch da sie so gute Freunde waren, konnte er womöglich eine exklusive Vorbesichtigung arrangieren …
Einer Kundin galt sein ganz besonderes Augenmerk. Hailey Cashelle, Schirmherrin und Organisatorin des Balls, Society-Schönheit und Ehegattin des Verlagsmoguls Henry Cashelle. Sie hatte kürzlich ein zweistöckiges Penthouse gekauft, das sie vollständig umbaute. Mit ihrer eisigen Zurückhaltung, ihrer statuenhaften, schlanken Figur und ihrer herrischen Arroganz dominierte sie jeden Raum, den sie betrat. Ihr Äußeres war ganz auf den anspruchsvollen Standard New Yorker Perfektion getrimmt: die Haare von einem tiefen Kastanienbraun mit teuren Strähnchen, große gelbbraune Augen, hohe Stirn. Sie besaß Ehrgeiz − politisch wie gesellschaftlich − und ein äußerst durchtriebenes Naturell, verborgen hinter einem fast komischen, klischeehaften Südstaatencharme. Wenn sie einem ihr sanftes Lächeln schenkte, konnte man der Herzlichkeit ihrer Aufmerksamkeit kaum widerstehen. Ihr Mann Henry wirkte im Vergleich dazu geradezu grob. Er war Geschäftsmann, schlicht und ergreifend. Und aufgrund seines fortgeschrittenen Alters und seines gewaltigen Arbeitspensums sah man die beiden nur selten zusammen in der Öffentlichkeit. Stattdessen verfügte sie über eine Reihe von »Begleitern« oder »Galanen«, wie sie sie scherzhaft nannte, Männer, die sie zu verschiedenen Veranstaltungen begleiteten, einige heterosexuell, einige auch nicht, einige Liebhaber, andere lediglich sehr aufmerksame, äußerst fotogene Freunde.
Cate war sich bewusst, dass, als sich ziemlich spät am Abend Stille ausbreitete, Hailey Cashelle Einzug hielt, rasch gefolgt von einem Aufflackern klatschsüchtiger Hysterie. Ihr Kleid war so eng geschnitten, dass sie kaum atmen konnte, eine schimmernde, silberne trägerlose Angelegenheit. In ihrem Kielwasser betrat eine weitere Frau den Ballsaal, in einem Futteralkleid aus schwarzem Jersey von makellosem Schnitt und nicht ganz so augenfällig, doch nicht weniger umwerfend − langes, dunkles Haar, königliche Haltung und klare graue Augen.
Derek ging ihr entgegen. »Zeit, an die Arbeit zu gehen, Engel. Ich brauche dich hier drüben.« Er platzierte sie in der Nähe der Bar.
Es war, als wartete man auf eine Audienz bei der Königin. Hailey ging langsam durch die Menschenmenge, schüttelte Hände, lachte und verteilte Luftküsschen. Dann fiel ihr Blick auf Cate in ihrem grünen Kleid. Sie kniff die Augen zusammen, doch ihr Lächeln blieb so herzlich wie stets. Lachend ging sie auf sie zu.
»Na, na, na! Also, es gibt jedes Jahr eine!« Hailey stellte sich neben Cate, und eine Horde Fotografen stürzte sich mit zuckenden Blitzlichtern auf sie. »Lassen Sie mich raten, Sie sind Schauspielerin. Oder möchten Model werden.«
»N…nein, es tut mir schrecklich leid«, stammelte Cate, überwältigt von der unvermittelten Aufmerksamkeit, »wissen Sie, ich hatte ja keine Ahnung …«
Die andere Frau trat hinter Hailey und berührte sie mit der Hand sanft am Ellbogen. Hailey drehte sich um. »Was meinst du, Anne Marie?«
Anne Marie betrachtete
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