Debütantinnen - Roman

Enthusiasten die Vergangenheit lebendig wurde. Ganz hinten erspähte Cate Stand achtundzwanzig. Er bot hauptsächlich Schmuck an: Uhren, Diamanten, Broschen, Perlen, alles aus der Zeit vor 1950 und einiges sogar aus der Regency-Zeit. Ein bärtiger Mann Mitte fünfzig war in die Lektüre der Sun vertieft. Er schaute auf, als sie näher trat, und faltete die Zeitung zusammen.
    »Hallo«, sagte Cate lächelnd, »sind Sie Laurence?«
    »In der Tat.« Er stand auf. »Was kann ich für Sie tun?«
    »Vielleicht können Sie mir helfen.«
    »Ich werd’s versuchen.«
    »Ich habe hier etwas, das ich nicht einordnen kann.« Sie holte das Abzeichen heraus und legte es auf den Glastresen. »Man hat mir gesagt, Sie könnten mir vielleicht helfen.«
    Er hob es hoch. Es war angeschlagen und von einem dunklen moosgrünen Farbton. In der Mitte war eine goldene Kerze und die Buchstaben SSG. Am Rand stand: »Schön ist der Preis und die Hoffnung groß.«
    Er schaute stirnrunzelnd zu ihr auf. »Wo haben Sie das her?«
    »Ich habe es gefunden. Was ist es?«
    »Also, ich habe noch nie eines zu Gesicht bekommen«, sagte er langsam, »aber ich glaube, es ist ein Abzeichen der Society of St. George.« Er drehte es um. »Warten Sie mal … Was ist das denn?« Er holte eine Juwelierlupe heraus und unterzog die Rückseite einer gründlichen Prüfung. »Es hat eine Inschrift. Gott, wie winzig!« Er kniff die Augen zusammen. »Und Gott sprach: Es werde Licht! Und es warst du!« Er schaute auf. »Sehr seltsam.«
    »Das war mir gar nicht aufgefallen. Was ist die Society of St. George? Ich habe noch nie von ihr gehört.«
    »Ja«, sagte er. »Ich hatte sogar den Verdacht, es sei eine Legende. Also, bis jetzt. Anscheinend war es eine dilettantische Organisation, gegründet zwischen den Weltkriegen. Ihr Ziel war ein reineres, kulturell überlegenes Britannien. Daher das Bildnis des heiligen Georg. Britannien, von Briten regiert, für Briten. So etwas in der Art. Sie hat nicht lange bestanden. Das war damals ein sehr populäres Gedankengut, leider. Besonders in der Oberschicht.« Er drehte es noch einmal um. »Das ist ein echter Fund. Sie wollten sogar noch einflussreicher sein als das Cliveden Set. Und sehr exklusiv. Eine geheime Untergrundbewegung.«
    »Sind Sie sich da ganz sicher?«
    Wie passte das zu der lachenden, lebenslustigen reichen jungen Frau, die als Venus posierte oder einen reinrassigen Hund mit einem diamantbesetzten Halsband an sich drückte? Das ergab doch alles keinen Sinn.
    »Also, wie gesagt, ich habe noch nie so ein Abzeichen gesehen. Aber ich habe darüber gelesen. Es wurde sogar eigens eine Zeitung gegründet, The Week , die diese privaten politischen Organisationen aufscheuchen und sie entlarven sollte. Doch wegen ihrer kommunistische Tendenzen wurde sie vom Establishment nicht ernst genommen. Eine Schande. Es ist immer dasselbe: Einige wenige regieren die Massen. Und alles hinter den Kulissen. Ich gebe Ihnen fünfzig Pfund dafür.«
    »Ich wollte es nicht verkaufen.«
    »Einen faireren Preis kriegen Sie nirgends.«
    »Nein, vermutlich nicht. Haben Sie je von Nicholas Warburton gehört?«
    »Von wem?«
    »Nichts. Egal. Sie haben mir wirklich sehr geholfen.«
    Er schüttelte den Kopf. »Sagen Sie mir Bescheid, falls Sie es sich anders überlegen. Ich könnte wahrscheinlich bis fünfundsiebzig hochgehen.«
    Sie streckte die Hand aus.
    Zögernd gab er ihr das Abzeichen zurück. »Hier ist meine Karte. Nur für den Fall.«
    »Danke.«
    »Versprechen Sie mir, dass Sie nirgendwo anders hingehen, okay?«
    Sie steckte die Visitenkarte ein. »Okay«, versprach sie. »Und vielen Dank noch mal.«
    Sie ging den Weg zurück, drehte das Abzeichen ein ums andere Mal um und strich mit den Fingern über die abgenutzte emaillierte Oberfläche. Warum fertigte man überhaupt ein Abzeichen für eine angeblich geheime Organisation an? Es ging doch wohl darum, keine öffentliche Aufmerksamkeit zu erregen. Das Ganze kam ihr irgendwie seltsam vor.
    Sie verstaute es in ihrer Handtasche und schaute auf ihr Handy.
    Nichts.
    Keine Nachricht, keine SMS.
    Sie drückte auf die Einschalttaste, um sich zu vergewissern, dass es betriebsbereit war. Es funktionierte.
    Nicht einmal ein versäumter Anruf.
    Aus dem düsteren, staubigen Halblicht des Antikmarktes trat sie in das harte, grelle Licht der Nachmittagssonne. Sie fühlte sich schwerelos wie ein Stück Treibgut, das ziellos flussabwärts trieb.
    Hatte er es wirklich aufgegeben, Kontakt mit mir aufnehmen zu