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Decker & Lazarus 08 - Doch jeder toetet, was er liebt

Decker & Lazarus 08 - Doch jeder toetet, was er liebt

Titel: Decker & Lazarus 08 - Doch jeder toetet, was er liebt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Faye Kellerman
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durch und beobachtete dabei Whitmans Reaktionen.
    Es war genau das Falsche. Whitman entspannte sich zunehmend.
    Es sind nicht die Zeichnungen, sagte sich Decker. Es ist irgendwas anderes. Irgendwas in diesem verdammten Schrank.
    Die letzte Schublade.
    Lauter kleine, lose Blätter – ein Haufen Zeichnungen, alle abstrakt. Decker sah sich jedes einzelne Stück Papier an, dann machte er die letzte Schublade wieder zu. Er zog den Schubladenschrank und die Staffelei heraus.
    Ein paar Klopfer gegen die Decke, kurze Überprüfung des Bodens nach losen Bohlen oder einer Klappe. Dann die Wände, nur der Vollständigkeit halber. Decker fing unten an der Fußleiste an und arbeitete sich, auf der Suche nach einem ungewöhnlichen, hohlen Klang unermüdlich gegen die Rückwand klopfend, zur Decke hoch. Dann wiederholte er die Prozedur an der rechten und danach an der linken Wand.
    Und dann fühlte er etwas. Zu weit oben, um von einem Mann mittlerer Statur entdeckt zu werden.
    Ein Ritz. Decker nahm die Taschenlampe heraus und richtete den Strahl auf die obere linke Ecke des Schrankes. Ohne sich umzudrehen, sagte er: »Wusstest du, dass da oben eine schmale kleine Tür in die Verkleidung geschnitten ist?«
    Whitman antwortete nicht. Decker stellte sich auf die Zehenspitzen und inspizierte den Ritz. »Mageres Kerlchen. Irgendeine Ahnung, wozu das gut sein könnte?«
    Er drehte sich um und sah Whitman ins Gesicht – ausdruckslos, aber seine Haltung verriet ihn. Noch ein kleines bisschen steifer, und Chris wäre eine Bronzestatue. Decker richtete wieder den Lichtstrahl auf den Ritz. »Da oben ist ein Schloss. Hast du den Schlüssel?«
    Whitman schwieg.
    Decker sagte: »Weißt du, Chris, es wäre um einiges einfacher, wenn du es öffnest, als wenn ich es aufbrechen muss.«
    »Ihr Durchsuchungsbefehl untersagt jede Zerstörung, die die Substanz des Gebäudes gefährdet.«
    »Wir reden hier von einem Wandschrank, Chris.«
    »Ich rede von der Wand, die zu diesem Schrank gehört!«
    Decker dachte einen Moment nach. Das Geheimfach war nicht in eine tragende Wand eingelassen. Aber ein geschickter Fotograf könnte Aufnahmen machen, mit denen ein geschickter Anwalt einen Richter überzeugen könnte, dass es sich um eine richtige Wand handelte. Decker wollte nicht das Risiko eingehen, Beweismittel zusammenzutragen, nur um zuzusehen, wie sie abgelehnt wurden.
    Er griff in seine Aktentasche und holte ein Bund mit Dietrichen heraus. »Was tue ich nicht alles für meinen fob. Würdest du die Taschenlampe halten, während ich das Schloss öffne?«
    In Whitmans Gesicht rührte sich nichts. »Rutsch mir den Buckel runter.«
    »Nimm dich in Acht, Junge.«
    »Ich werde meinen Anwalt anrufen.«
    »Eine ausgezeichnete Idee.«
    Decker klemmte sich die Taschenlampe unters Kinn. Das Schloss war nicht einfach zu knacken. Er brauchte über eine halbe Stunde dazu. Aber irgendwann machte es schließlich doch plopp, das Schloss gab nach, und die Klappe ging auf. Decker griff hinein und tastete.
    Papier. Er schob die Hand hinein und räumte das Fach aus. Fünf Zeichenblöcke. Er brachte sie zum Licht und schlug das Deckblatt zurück. Dann begann er zu blättern.
    Es heißt, jeder Künstler habe ein Lieblingsmodell. Whitman war da keine Ausnahme. Dutzende von Bildern – alle gegenständlich und alle von demselben Mädchen. Wie es schon in der Bibel heißt: Sie war schön von Antlitz und Gestalt. Sie hatte angezogen, spärlich bekleidet, halb nackt und schließlich vollkommen nackt posiert, immer mit gekrümmten Schultern, die Arme um die hochgezogenen Knie geschlungen, auf dem Bett sitzend.
    Decker sah Whitman an. Der Junge sah entsetzt aus, und einen kurzen Augenblick lang tat er Decker sogar Leid. Hier waren Gefühle im Spiel. Aber dann dachte er an Cheryl Diggs. Sie hatte auch ein wenig Gefühl verdient.
    »Wer ist das?«
    »Niemand«, flüsterte er.
    »Chris, da wirst du dir schon etwas Besseres einfallen lassen müssen.«
    Whitman schwieg.
    »Chris?«
    »Niemand«, sagte er wieder. »Eine Fantasiegestalt.«
    »Soso …«, Decker hielt das Bild des Mädchens hoch. »Wenn ich diese Bilder also deinen Freunden zeigen würde, hätten die keine Ahnung , wer sie sein könnte?«
    Whitman schluckte mühsam, fuhr sich mit der Hand durchs Haar und sagte nichts.
    Decker blätterte den zweiten Block durch. Mehr von derselben Art. Er nahm den dritten in die Hand. Plötzlich hielt er inne und starrte auf eine Zeichnung.
    Dasselbe Mädchen in einer völlig anderen Pose,

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