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Decker & Lazarus 08 - Doch jeder toetet, was er liebt

Decker & Lazarus 08 - Doch jeder toetet, was er liebt

Titel: Decker & Lazarus 08 - Doch jeder toetet, was er liebt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Faye Kellerman
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»Irgendeine Idee, wo er sein könnte?«
    Whitman breitete die Hände aus und schüttelte den Kopf.
    »Ich würde dir gern ein paar Fragen dazu stellen.«
    »Tut mir Leid, Sergeant«, sagte Whitman. »Meine Anwälte mögen das gar nicht, wenn Sie mir Fragen stellen, ohne dass sie dabei sind.«
    »Ich könnte dich wieder zur Vernehmung mitnehmen.«
    »Könnten Sie.«
    »Vielleicht tue ich das auch.«
    »Ganz wie Sie wollen.«
    »Lass mich nur noch den Wandschrank im Flur durchgehen«, sagte Decker. »Und dann gehen wir zusammen zur Wache.«
    »Dann sollte ich wohl meine Anwälte anrufen?«
    »Wäre eine gute Idee.«
    Whitman ging zum Küchentresen und nahm den Telefonhörer ab. Decker öffnete die Tür zu Whitmans Garderobenschrank. Er war mit Zedernholz getäfelt und enthielt eine Reihe Jacketts an einer Stange ganz oben und außerdem ein eckiges Möbelstück, das unter den Mänteln verborgen war.
    »A-ha«, sagte Decker.
    Whitman legte den Hörer auf und kam herüber. »Was?«
    Decker lächelte. »Ich wollte dich nicht nervös machen. Ich habe nur deine Staffelei und die Malsachen gefunden, das ist alles.«
    Whitman sah ihn an. »Sie haben nach meiner Staffelei und den Bildern gesucht?«
    Decker ließ die Hand über den Schrank mit den flachen Schubladen gleiten. »Als ich das letzte Mal hier war, sprachen wir über Kunst, oder besser, ich habe geredet, und du warst eher still. Aber du hast mir gesagt, du würdest malen. Ich habe mich gefragt, wo du deine Malutensilien aufbewahrst.«
    »Na, dann wissen Sie’s ja jetzt.«
    Decker zog die oberste Schublade auf. Sie enthielt zwanzig oder dreißig Farbtuben. In der zweiten Schublade lagen Pinsel – kleine und große Haarpinsel, aber die meisten davon unbenutzt. Außerdem waren da noch eine Schachtel mit Pastellkreiden, Zeichenkohle, ein Satz Stifte und eine Reihe Wegwerfpaletten.
    In der dritten Schublade lagen seine Werke. DIN A3-Formate, sortiert. Decker zog ein paar heraus und blätterte sie durch. Figuren wie von Matisse mit Bleistift und Kohle. »Gar nicht schlecht, Chris. Du bist ein verdammt kreativer Mensch.«
    Whitman schwieg.
    Decker nahm einen weiteren Satz Zeichnungen heraus. »Magst du Matisse?«
    Whitman antwortete nicht.
    Decker blätterte und sagte: »Du schweigst dich mal wieder aus, Chris? Da muss ich wohl einen wunden Punkt getroffen haben.«
    »Sie gehen mir auf die Nerven.«
    Decker fuhr hoch und sah den Jungen an. Whitman machte die Augen zu und wieder auf, sagte aber nichts. »Hast du deinen Anwalt schon angerufen, Chris?«
    »Mach ich gleich.«
    »Vielleicht keine schlechte Idee, wenn du es jetzt gleich tun würdest«, sagte Decker.
    Whitman rührte sich nicht.
    »Ich würde gern deine Arbeiten durchgehen«, sagte Decker. »Du hast doch nichts dagegen, oder?«
    »Um ehrlich zu sein, doch.«
    »Weißt du, ich glaube, die sind sogar noch besser als deine Musik«, sagte Decker. »Du spielst zwar virtuos … und ich nehme an, du hast zu allem, was du anfängst, auch deine eigene, unverwechselbare Interpretation … aber du spielst immer die Kompositionen eines anderen. Die Zeichnungen dagegen sind deine eigenen. Man lernt viel über einen Menschen, wenn man sich ansieht, was er erschaffen hat.«
    Whitman sagte immer noch nichts.
    Decker sah Chris in die blauen Augen – trübe wie ein Schlammtümpel. »Es gefällt dir nicht, dass ich mir deine Sachen ansehe, stimmt’s?«
    Whitmans Augen sprühten Funken, die augenblicklich zu müde flackernden Flämmchen erstickt wurden. »Wissen Sie, Ihr Durchsuchungsbefehl gibt Ihnen das Recht, sich nach Beweismitteln gegen mich umzusehen, aber er gibt Ihnen nicht das Recht, in meine Privatsphäre einzudringen.«
    Decker unterbrach seine Suche. »Tatsächlich erlaubt mir der Durchsuchungsbefehl genau das, Chris.«
    Whitman sagte nichts. Decker ließ das Gesicht des Jungen nicht aus den Augen. Er wusste, dass er einen wunden Punkt berührt hatte, aber er wusste nicht, was. Er setzte seine Suche fort.
    Weiter zur vierten Schublade. Noch mehr Zeichnungen, dieses Mal gebückte und kriechende Gestalten mit verzweifelt verzerrten Gesichtern à la Francis Bacon auf schwerem, kleinformatigerem Zeichenpapier. Lauter unkenntliche Köpfe auf nackten, verdrehten, Versehrten Körpern. »Warst du da deprimiert?«
    Whitman schwieg.
    »Du zeichnest gern menschliche Körper, nicht?«
    Whitman blieb stumm.
    »Du gehörst wohl nicht zu den Leuten, die gern über ihre Kunst reden.« Decker ging absichtlich langsam die Zeichnungen

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