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Deckfarbe: Ein Künstlerroman (Krimi im Gmeiner-Verlag) (German Edition)

Deckfarbe: Ein Künstlerroman (Krimi im Gmeiner-Verlag) (German Edition)

Titel: Deckfarbe: Ein Künstlerroman (Krimi im Gmeiner-Verlag) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Renegald Gruwe
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über die Landstraße, um dann zwei Kilometer vor dem Ortskern von Pötzow in eine mit Kopfstein gepflasterte Straße einzubiegen. In der Kastanienstraße lag das Haus Otto Niewarths, des Galeriebesitzers.
    Sie waren zu viert. Neben Garoche, Niewarth und Alfred Wedt, dem Chauffeur, zwängte sich noch Heinrich Löhner in den Wagen, die rechte Hand des Kunsthändlers und sein ›Mann für alle Fälle‹. Er war ein grober, breitschultriger Kerl in den Dreißigern. Als wäre er aus einem dieser amerikanischen Gangsterfilme entsprungen, die Garoche des Öfteren in Venedig im Kino gesehen hatte, blickte er aus ständig verkniffenen Augen auf die Welt unter sich. Mit seinen zwei Metern überragte er auch Garoche.

    Löhner hatte dem Maler, nachdem er für Otto Niewarth völlig überraschend mit seinem Koffer in der Kunsthandlung gestanden hatte, auf Kosten des Galeristen in einer kleinen Pension in der Nähe der Galerie ein Zimmer gemietet. Den Tag und die Nacht verbrachte Garoche in seinem Raum mit dem schmalen Bett und einem Stuhl. Niewarth hatte Verabredungen und Termine und war zu beschäftigt, um zum Haus hinauszufahren, und abends war er zu einem wichtigen Abendessen eingeladen.
    »Sie müssen entschuldigen, dass ich so wenig Zeit für Sie habe, aber ich habe nicht mit Ihrem so baldigen Erscheinen gerechnet. Selbstverständlich freue ich mich, dass Sie sich entschlossen haben, mein Angebot anzunehmen.«
    »Mein Angebot anzunehmen«, äffte Garoche in seinem Pensionszimmer den Kunsthändler nach. Er lag auf dem Bett mit hinter dem Kopf verschränkten Armen und starrte an die Decke. Was hatte er vor? Er war auf dem Weg, ein Krimineller zu werden. War er etwa nach Deutschland gekommen, um sich hier als Fälscher zu betätigen? Gut, die Dokumente und Zertifikate aus den Galerien in New York und anderswo waren auch nicht echt gewesen. Aber das war eher Schwindeln als bewusstes Fälschen. Also war es letztlich der konsequente Schritt. Ein paar Bilder und nach ein zwei Monaten könnte er wieder zu Eduard. Ob er ihn dann noch aufnahm, war nach diesem Abgang mehr als fraglich. Garoche überdachte seine Flucht vor seinem Freund, und das war sie gewesen. Eduard hätte alles für Garoche getan. Aber das durfte er keinesfalls zulassen. Er wollte sich nicht abhängig machen. Trotzdem war es absurd, was er vorhatte.

    Das Haus, gebaut in den Zwanzigerjahren, war groß und geräumig. Die untere Etage und ein Stockwerk sowie der Dachboden und eine Dienstbotenkammer boten, wie von Niewarth gesagt, genug Platz, um sich aus dem Weg zu gehen. Eine Tatsache, die Garoche später noch schätzen lernen sollte. Das Parterre diente ehemals als Fleischerei. Jetzt war der vormalige Verkaufsraum ein Salon mit einem verstimmten Flügel. Rechts und links vom hinteren Eingang gingen Badezimmer und die Küche mit einer angeschlossenen Terrasse zum Garten ab. Im oberen Stockwerk lagen drei Schlafzimmer und ein Arbeitszimmer des Galeristen, das aber mangels Aufenthalt hier vor den Toren Berlins, so gut wie nicht genutzt wurde. Es war die ganze Zeit verschlossen und durch ein zusätzliches Vorhängeschloss gesichert.
    Im hinteren Teil des Grundstücks lag ein großer Garten mit Obstbäumen und einer Scheune, dem ehemaligen Produktionsort der Fleischerei. Sie war ausgebaut, in drei mehr oder weniger gleich große Räume unterteilt und diente als Atelier. Der mittlere davon war mit weißen Kacheln gefliest, an der Decke erinnerten die an einer Schiene befestigten beweglichen Fleischerhaken an die Schweine- und Rinderhälften, die hier in vergangenen Tagen ihrer Weiterverarbeitung geharrt hatten.
    Es war an diesem Ort, an dem Gustave Garoche das erste Mal dem Maler Erwin Katuschke begegnete, mit dem er sich Wohnung und Arbeitsraum teilen sollte. Katuschke hockte auf einem Malschemel vor einer Staffelei und war in seine Arbeit vertieft, als Garoche das Atelier in Begleitung Niewarths betrat. Rings um den Künstler herum hingen und lehnten Bilder an den Wänden, und ein großer Tisch war vollgestellt mit Farbpigmenten, Töpfen zum Mischen und Malmittel und Ähnlichem. Garoche sah Malerspachtel, Palettmesser, Malstock und einige Porzellan-Mörser, die mit Farbe gefüllt waren. Dazwischen standen allerlei Gefäße mit Terpentinersatz, die einen scharfen Geruch verbreiteten und in denen flache und runde Pinsel steckten. Einige davon besaßen eine Katzenzungenform, andere waren breit und dienten der Grundierung, weitere hingegen liefen so spitz zu, dass man sie

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