Deckfarbe: Ein Künstlerroman (Krimi im Gmeiner-Verlag) (German Edition)
halten und mir keine unangemeldeten Besuche in der Galerie abstatten.«
»Ich wollte nur mal aus dem Haus raus, Katuschke geht einem manchmal ganz gehörig auf die Nerven. Und dann brauchen wir unbedingt jemand der wenigstens ab und zu zum Saubermachen kommt. – Haben Sie noch ein Glas von dem Wein, von dem wir neulich getrunken haben?« Garoche wollte geradeaus ins Hinterzimmer. Der Vorhang war geschlossen.
»Das geht nicht«, hielt Niewarth den Maler auf. »Ich habe Besuch. Ein Kunde. Ein Geschäftspartner.«
»Dann eben nicht«, wandte sich Garoche ärgerlich um.
Hatte er von vornherein keine große Lust gehabt, mit dem Galeristen Wein zu trinken, allein, Niewarth war der Einzige, den er in Berlin kennen und treffen durfte, war die Ablehnung umso enttäuschender.
Niewarth hielt den Maler auf. »Hier«, nahm er dessen Arm und schob ihm einen Geldschein in die Hand. »Gehen Sie doch mal ins Kino. Am Ku’damm laufen die neuesten Filme. Oder auch eine Dampferfahrt wäre zu empfehlen, wir haben wundervolle Kanäle, und die Havel ist einen Ausflug wert.«
Garoche dachte an Eduard und dass ihre geplante Fahrt auf dem Wannsee nicht zustande gekommen war.
»Und um eine Putzkraft kümmere ich mich. Es muss natürlich eine vertrauenswürdige Person sein.«
Bevor Garoche noch etwas sagen konnte, stand er auf der Straße und betrachtete einen Hundertmarkschein in seiner Hand.
»Sehr spendabel, der Herr Kunsthändler, sehr spendabel«, klärte er einen Passanten über die Großzügigkeit seines Auftraggebers auf. Dass dieser Passant nicht weiter auf die Information reagierte, lag an dem Berliner Großstadtleben. Die Berliner waren so Einiges gewöhnt.
Schon hatte sich der Maler auf den Weg zurück zur Elektrischen gemacht, als er an der Haltestelle wartend einen Mann aus dem Geschäft von Otto Niewarth kommen sah.
»Der Besucher, der Geschäftspartner.«
Dar Mann kam die Auguststraße herauf und steuerte auf einen Halteplatz für Benzindroschken in der Oranienburgerstraße zu. Unter seinem Arm trug er ein flaches Paket in Papier eingewickelt und mit einer Schnur zusammengebunden.
Garoche wusste nicht was, aber etwas stimmte mit diesem Mann nicht. Vielleicht war es die Art sich immer wieder umzusehen und zu vergewissern, dass ihm niemand folgte. Vielleicht war es auch die seltsam gebückte Haltung des sonst eher hochgewachsenen Menschen.
Garoche ließ die Straßenbahn vorbeifahren und lief zum Droschkenplatz hinüber. Im nächsten freien Taxi kletterte er auf die Rückbank und gab dem Fahrer Anweisung: »Fahren Sie dem Wagen dort vorn nach.«
Die Droschke setzte sich in Bewegung. Der Fahrer stellte den Taxameter ein. Während er den vorderen Wagen verfolgte, betrachtete er immer wieder Garoche im Rückspiegel.
»Wohl ein Nebenbuhler? Hat die Gattin sich mal woanders satt gegessen?«
Garoche fühlte sich durch die Anmerkung des Chauffeurs beleidigt. Obwohl er ja keine Ehefrau hatte, die ihn betrügen konnte, empfand der Maler es als zutiefst demütigend wie dieser Mann ihn und sein vermeintliches Handeln beurteilte.
»Ich bin von der Polizei. Gestapo, fahren Sie einfach dem Wagen nach und seien Sie still.«
Schlagartig verstummte der Fahrer. Die Augen schnurgerade auf die Straße und die vor ihnen fahrende Droschke gerichtet musste er jetzt befürchten, für seine vorlaute Bemerkung zur Rechenschaft gezogen zu werden.
Die Fahrt war nicht von langer Dauer. In der Rüdersdorfer Straße hielt der Wagen.
Garoche ließ den Fahrer seines Taxis in einem Abstand halten. Während Gustave den Mann aus der Galerie beobachtete, wie er das Auto verließ, füllte sein Chauffeur einen Schein von einem Quittungsblock aus und reichte ihn nach hinten.
»Sie brauchen doch bestimmt eine Rechnung für ihre Unterlagen«, lächelte der Mann auf dem Vordersitz den vermeintlichen Beamten an.
»Ihr seid ein seltsames Volk«, nahm Garoche die Quittung und zahlte den geforderten Betrag. Ein Trinkgeld gab es nicht.
Der Taxichauffeur zog seine Mütze und lächelte pflichtschuldig.
Als das Taxi in der nächsten Querstraße verschwunden war, musste Garoche über die Situation lachen. Da hatte er einem harmlosen deutschen Taxichauffeur eine Heidenangst eingejagt. Nur weil er sich als Gestapobeamter ausgegeben hatte. Nicht mal eine Marke oder einen Ausweis musste er vorzeigen.
Wie einfach war es doch, Menschen in diesem Land verstummen zu lassen.
Unschlüssig blieb Garoche vor dem Hauseingang stehen. Sollte er hineingehen? Was würde
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