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Deckfarbe: Ein Künstlerroman (Krimi im Gmeiner-Verlag) (German Edition)

Deckfarbe: Ein Künstlerroman (Krimi im Gmeiner-Verlag) (German Edition)

Titel: Deckfarbe: Ein Künstlerroman (Krimi im Gmeiner-Verlag) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Renegald Gruwe
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nicht dass du denkst, es ist wie bei den Hunden, nein, die, die bellen und heulen, die beißen auch. Die fressen einen mit Haut und Haaren!«
    Garoche bot Katuschke, dessen Stimme schon wieder laut wurde, abermals Einhalt. »Jetzt ist aber gut, trinke noch einen Wein und halte du dein Maul. Es ist besser so.«
    Das Hausmädchen ging, immer noch etwas verängstigt, um sich um das Mittagessen zu kümmern. Katuschke goss Wein in sein Glas.
    »Wenn dir das alles nicht passt, warum gehst du nicht?«, fragte Garoche den Kollegen, der sich beruhigt hatte und aus traurig-sentimentalen Augen hinüber zur Scheune und zur Weide sah.
    »Warum ich nicht gehe? Wo sollte ich hin? Da, wo ich herkomme, hätten sie mich schon längst verhaftet für das, was ich hier mache. Nicht, weil ich fälsche«, er hob die Hand, um Garoches Einwand abzuwehren, »sondern weil ich male. Ich habe offizielles Malverbot. Ich kann dir das Schreiben zeigen. Sie haben mir verboten, zu malen und auszustellen. Sie haben mir ein Stück meiner Seele herausgerissen, verstehst du, Garoche? Das Einzige, was ich in meinem Leben jemals machen wollte, Kunstwerke schaffen, haben sie mir staatlich untersagt. Ist so etwas in Belgien möglich? In Holland, in Frankreich? Glaubst du, am Montmartre sitzen Maler in Cafés, die nicht malen dürfen? Was ist das für ein Deutschland? Das meine ich mit: Du malst deine Bilder, als ginge es dich nichts an. Du bist Ausländer und kannst dieses Land jederzeit wieder verlassen, wenn du genug hast. Genug Geld, genug Niewarth. Und ich? Was soll ich mit meinem Geld machen? Sie lassen mich ja nicht einmal ausreisen. Ich bekomme keine Papiere. Keinen Pass. Also trage ich, was ich besitze, in die Wirtschaft und gebe es aus. Ich möchte ja auch lieber mit anständigen Menschen trinken als mit diesem Pack, aber schließlich ist es egal, wer mir hilft, mich zu Tode zu saufen. Und dass ich mich umbringen werde, umbringen muss, ist eine wenngleich traurige Tatsache. Mich aufzuhängen bin ich zu feige. Also ertränke ich das bisschen Seele, was ich noch besitze.« Einem erneuten Zusammenbruch nahe, kamen Katuschke die Tränen. Leise, mit angestrengter Stimme, sagte er: »Du kannst mir glauben, Gustave, ich würde lieber wieder in einer verkommenen, feuchten Kammer meine Bilder malen und wie ein armer Hund an einer Brotkruste knabbern als hier, mit einem Sack voller Kröten unterm Kopfkissen, auf mein Ende zu warten und wie ein räudiger Köter von ein paar Nazis erschlagen zu werden oder am Suff zu krepieren. Aber so wird mein Ende aussehen, mein Freund, genau so wird es aussehen. Und?«, fragte der Maler, während er auf einem Stück Papier seine Unterschrift hinterließ und den Zettel Garoche über den Tisch schob. »Glaubst du, irgendwann in ferner Zukunft wird jemand vor einem Bild stehen, es betrachten und diese Signatur entziffern?«
    Katuschke erhob sich mühsam und schwankte hinüber zum Haus, um kurz vor dem Eingang zur Terrassentür wie ein Taschenmesser zusammenzuklappen. Garoche half dem Kollegen auf die Beine und brachte, nein, schleppte ihn hinein in den Salon. Dort legte er den Mann auf das Sofa. Für ein paar Minuten ließ sich Garoche in einen der Sessel sinken und sah auf den Zettel mit Katuschkes Unterschrift. ›Per aspera ad astra‹, hatte Katuschke in einem guten Moment, einer Phase relativer Nüchternheit, einen alten Lateiner zitiert. ›Auf rauen Wegen zu den Sternen!‹ Garoche zuckte mit den Schultern, er wusste nicht, wohin der Weg des Schicksals den Kollegen führen würde. Auch wusste er nicht mehr, was in der Welt möglich war und was nicht.

    »Guten Morgen, meine Herren! Ich wollte nur mal nach dem Rechten sehen, sozusagen«, erklärte Otto Niewarth mit einem sonnigen Lächeln auf dem Gesicht sein nicht angekündigtes Erscheinen. Als wäre er in seinem eigenen Hause Gast, wartete er einen Augenblick, dass man ihm einen Platz anbot, aber erst als Ada ihm eine Tasse Kaffee auf den Tisch stellte, setzte er sich. Seinen Chauffeur, Alfred Wedt, hatte der Galerist im Auto auf der Straße warten lassen. Er war nur auf einen Sprung vorbeigekommen.
    Garoche hatte ihm einen flüchtigen Blick zugeworfen und sich wieder in seine Zeitung vertieft. Auf dem gedeckten Terrassentisch stand zwischen Tassen, Tellern und dem Aufschnitt auch eine Flasche Schnaps. Katuschke, wie üblich heftig verkatert, hatte sich bereits ein Glas genehmigt und ein zweites nachgefüllt.
    »Ist das nicht ein wenig früh für diese Art Genuss?«,

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