Deckfarbe: Ein Künstlerroman (Krimi im Gmeiner-Verlag) (German Edition)
gehalten, für eine Weile nicht im selben Bett zu schlafen. Er schob es auf eine Stimmung, die bei Künstlern nicht ungewöhnlich wäre. Er brauche seine Ruhe, um für seine Arbeit den Kopf frei zu haben. Dass er einfach kein Interesse mehr an ihr hatte, konnte er ihr nicht sagen. Ada war es egal, sie war verletzt und traurig. Gerade jetzt, wo Katuschke aus dem Haus war, hätten sie schön zusammenleben können, und nun verstieß sie dieser Mistkerl. Darüber, dass er angefangen hatte zu trinken und auch äußerlich Katuschke immer mehr ähnelte, hätte Ada noch hinwegsehen können, aber dass er sie nicht mehr anfassen und in seinem Bett schlafen lassen wollte, war entschieden zu viel für sie.
Tagelang gingen sich die beiden aus dem Weg. Garoche hockte von früh bis spät in seinem Atelier und malte wie ein Besessener. Das Essen brachte die Hausangestellte hinüber in die Scheune und stellte es wortlos vor die Tür. Nun war Garoche bald wirklich der Gefangene, von dem Katuschke gesprochen hatte. Nur dass er sich freiwillig in diese Isolation zurückzog. Selbst der geldgierige Niewarth äußerte bei einem seiner Besuche die Sorge, dass der Künstler sich übernehme und krank werden könne.
Doch nicht Garoche wurde krank, sondern Ada. Er hatte in der Küche sein Frühstück eingenommen, was er sich seit einiger Zeit selbst zubereitete, und durch den Spalt in der Tür das schwere Atmen aus dem Nebenzimmer vernommen.
Nun stand er am Bett des Mädchens und stellte fest, dass sie Schweißperlen auf der Stirn hatte. Ein kurzer Griff an die Stirn ließ auf erhöhte Temperatur schließen. Der hinzugerufene Arzt diagnostizierte bei dem Mädchen eine schwere Erkältung und sah vorwurfsvoll und kopfschüttelnd zu Garoche, der in der Tür zu Adas Stube wartete.
»Hier ist es viel zu kalt, das Mädchen holt sich noch den Tod. Sie braucht Pflege und, ehrlich gesagt«, der Doktor musterte den wartenden Künstler in seinen farbverschmierten Hosen und dem ebenso zugerichteten Malkittel, »glaube ich nicht, dass sie sie hier bekommt.«
»Ich werde ihre Mutter verständigen. Sie kann ein paar Tage zu ihren Eltern fahren.«
Am selben Nachmittag trafen Adas Vater und Mutter ein. Wie schon bei ihrer ersten Begegnung fuhr Frau Gerster auch dieses Mal – beim Anblick ihrer schwer atmenden, schweißgebadeten und kaum ansprechbaren Tochter – aus der Haut. Ihr Gatte musste seine Frau zurückhalten, damit sie dem Maler nicht an die Gurgel sprang.
»Das wird ein Nachspiel haben!«, drohte sie Garoche und stieß ihn zur Seite, als er ihr und ihrem Mann helfen wollte, die geschwächte Ada in das geliehene Auto zu setzen.
»Ich komme natürlich für die Pflege auf, und ihren Lohn bekommt Ada auch weiterhin«, rief er dem abfahrenden Auto nach. Garoche hatte nicht die Absicht, eine neue Hausangestellte einzustellen. Da er inzwischen allein in dem Haus wohnte, war nicht viel sauberzumachen und aufzuräumen. Die Wäsche brachte und holte er selbst, wobei er bei jeder Begegnung mit Jürgen giftige Anfeindungen über sich ergehen lassen musste, sodass er schließlich die Wäscherei aus dem Nachbarort beauftragte. Frühstück und Abendbrot machte er sich allein, und zu Mittag aß er in der ›Sonne‹. Nicht jedoch, ohne durch ein Fenster zu spähen, ob Löffel oder einer seiner Männer anwesend waren. An solchen Tagen ließ er das Essen ganz ausfallen.
Drei Tage nachdem Ada das Haus verlassen hatte, erschien Otto Niewarth und machte dem Maler bittere Vorwürfe: »Was um Himmels willen haben Sie denn mit dem Hausmädchen angestellt? Ihre Mutter hat mich gestern in der Galerie aufgesucht und einen riesigen Wirbel veranstaltet. Ein guter Kunde war anwesend. Peinlich, peinlich. Sie hat behauptet, Sie wollen das Mädchen umbringen, indem sie es erfrieren lassen. Außerdem hätten Sie«, Niewarth sah peinvoll auf den Boden und sprach den Satz so leise zu Ende, dass man es gerade noch verstehen konnte, »Geschlechtsverkehr mit ihrer Tochter gehabt.«
»Nun, das geht die Mutter ja wohl nichts an«, stellte Garoche fest.
»Ich sage Ihnen, da kommt noch was nach. Solche Leute wie die Gersters riechen förmlich, wo Geld zu holen ist.«
Auf die ebenfalls ironische Frage Garoches, ob der Kunsthändler denn schon einen »Nachfolger« für Katuschke gefunden hätte, um den Geldstrom nicht versiegen zu lassen, wurde Niewarth nachdenklich. »Ich glaube, es ist besser, wenn wir diese Geschäfte ein wenig zurückfahren. Es reicht, wenn Sie ab und zu ein
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