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Deckfarbe: Ein Künstlerroman (Krimi im Gmeiner-Verlag) (German Edition)

Deckfarbe: Ein Künstlerroman (Krimi im Gmeiner-Verlag) (German Edition)

Titel: Deckfarbe: Ein Künstlerroman (Krimi im Gmeiner-Verlag) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Renegald Gruwe
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Gemälde abliefern. Ich habe so ein komisches Gefühl in der Magengegend.« Der Kunsthändler fasste sich an den Bauch, als wäre der Ausspruch wörtlich zu nehmen. »Seit dem Tod Katuschkes habe ich das Gefühl, das Schwert des Damokles schwebt über unseren Köpfen.«
    »Was denn, Niewarth, Sie haben Angst?«
    Der Galerist blieb die Antwort schuldig, und nachdem Niewarth fort war, musste Garoche sich eingestehen, dass auch er, jetzt ganz allein im Haus, ein leicht beklemmendes Gefühl verspürte.

    »Hallo? Ist jemand zu Hause?«, rief es von der Straße her und störte den Künstler dabei in seiner Konzentration. Seit einigen Tagen hatte Garoche wieder zu seinem gewohnten Malrhythmus gefunden. Ein plötzlicher Anfall allgemeiner Schwermut, gepaart mit einer Melancholie, die wohl vom schlechten Wetter und der Vereinsamung herrührte, hatten dafür gesorgt, dass er sein Bett nicht mehr verließ. Der Herbst hatte sich von seiner schlechtesten Seite gezeigt. Wilde Stürme und sintflutartiger Regen hätten Garoche beinahe zur Abreise in wärmere Gefilde gezwungen. Aber schließlich wollte er doch bis zum Frühjahr durchhalten und sich dann nach einer neuen Landschaft und einem neuen Leben umsehen.
    Gerade jetzt, wo er wieder vor der Staffelei saß und seine aufgestaute Kraft und Lust am Malen in ein neues Werk einfließen ließ, konnte er keine Störung bei der Arbeit gebrauchen. Er ignorierte das Rufen vor der Scheune beharrlich. Erst als die Aufforderung an den Maler, sich endlich zu zeigen, nicht verstummten und der hartnäckige Besucher nicht gehen wollte, legte Garoche die Palette beiseite und rieb sich mit dem Lappen die Farbe von seinen Händen.
    Auf dem Weg zwischen Wohnhaus und Scheune stand der Wäschereibote Jürgen mit trotzig in den Hosentaschen vergrabenen Händen und blickte den Maler entschlossen an.
    »Wo ist Ada?«
    »Was geht es dich an?«
    »Wo ist Ada?«, wiederholte der Junge stur.
    »Ich habe dir doch verboten, dich hier nochmals sehen zu lassen, wenn ich mich nicht irre! Also geh jetzt und lass mich in Ruhe.« Er wollte sich schon umwenden, aber Jürgen blieb eigensinnig.
    »Wo ist Ada, ich will sie sprechen!«
    Garoche war nicht zu einem Streit aufgelegt und die Arbeit wartete im Atelier. Insbesondere wollte er nicht, dass der Junge sein neustes Werk sah, da es Ada darstellte wie er sie vor Monaten, im Sommer im Garten, das erste Mal skizziert hatte.
    »Sie ist nicht hier, sie ist zu ihren Eltern gefahren. Sie war krank.«
    »Krank, was soll das heißen? Wann kommt sie wieder?«
    »Gar nicht, und jetzt verschwinde.« Damit ließ er den verwirrten Jungen stehen, ging in sein Atelier zurück und machte die Tür hinter sich zu. Von Jürgen hörte er nur, dass er offenbar das Gelände verlassen hatte, zumindest dem scheppernden Ton nach, der von der Mülltonne vor dem Haus stammen musste. Der Maler machte sich wieder an sein Bild und kniff die Augen ein wenig zusammen, um sich zu konzentrieren.
    »Hallo? Hallo? Ist jemand da?«
    Im ersten Moment empfand Gustave nur Zorn und wollte schon rufen: ›Wenn du nicht gleich verschwindest, komme ich raus und versohle dir den Hintern.‹ Er fuhr dann aber, erschrocken durch die erneute Störung und die wohlbekannte Klangfarbe der Stimme, hoch, und der Pinsel strich nicht wie vorgesehen die gewünschte Linie am Haaransatz seiner ehemaligen Geliebten nach, sondern verwischte ein Blattgrün des Hintergrunds. Gustave sprang von seinem Hocker hoch und warf ein Tuch über das sich in Arbeit befindliche Bild. Zum Glück standen nur noch ein paar Bilder im Raum, und auch sie waren zum Schutz vor der Kälte mit Decken überzogen. Der eintretende unerwartete Besuch, der gerade vorsichtig die quietschende Tür geöffnet hatte, konnte also keinen Blick auf die Gemälde werfen.
    »Ich weiß, es ist ungehörig«, rechtfertigte Eduard sein Eindringen, »aber ich habe schon von der Straße aus gerufen. Es scheint sonst niemand da zu sein.«
    »Ja, ich bin allein.«
    »Störe ich dich?«
    Garoche wusste nicht, was er sagen und wie er sich verhalten sollte. Er freute sich, Eduard wiederzusehen, klar, und wusste doch, wie gefährlich es für ihn war, dass sein Freund ihn besuchte und das empfindliche Lügengeflecht einreißen könnte. Trotz des verwahrlosten Eindrucks, den der Freund machte, und der Angst um ihn spielte Eduard den Gelassenen und trat an Gustave vorbei in die Malwerkstatt. »Wie ich sehe, geht es dir gut. Ein großes Haus, ein Atelier, auch wenn es vielleicht

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