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Deckfarbe: Ein Künstlerroman (Krimi im Gmeiner-Verlag) (German Edition)

Deckfarbe: Ein Künstlerroman (Krimi im Gmeiner-Verlag) (German Edition)

Titel: Deckfarbe: Ein Künstlerroman (Krimi im Gmeiner-Verlag) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Renegald Gruwe
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hinunterging und um die nächste Ecke in Richtung Bahnhof Pötzow verschwand.
    Hatte er Eduard nun endgültig verloren? Würde er ihn jemals wiedersehen? Mit einer emotionslosen Handbewegung schob Garoche eine Vase, die neben dem Fenster auf einer kleinen Anrichte stand, zu Boden.

Kapitel 19
    Die Türschelle kündigte Otto Niewarth einen Kunden an. Als er in die vorderen Ausstellungsräume trat und Garoche erblickte, lief er dem Maler aufgeregt entgegen und zog ihn gruß- und kommentarlos hinter den Vorhang in das Hinterzimmer. Hier lagerten zu Garoches Überraschung längst keine Bilder mehr. Die Wände waren leer. Dort, wo vor einigen Monaten bei Garoches erstem Besuch noch Gemälde von Gravenstein und Le Fauconnier hingen, war mit weißer Farbe jeder Hinweis auf die Existenz der Kunstwerke getilgt worden. Kein Nagel und keine Umrisse von Bildern, die länger gehangen hatten, waren mehr zu erkennen.
    »Haben Sie alle verkauft?«, fragte Garoche seinen Kopf ungläubig drehend und wendend und sichtlich verblüfft über den leer geräumten Raum.
    »Ja, lesen Sie denn keine Zeitungen da draußen, Herr Garoche?«
    Auf das Achselzucken des Künstlers hin erklärte Otto Niewarth seine Erregung: »Seit dem 30. Oktober sind die Räume für zeitgenössische Kunst der Nationalgalerie im Prinzenpalais geschlossen. Auf Anweisung des Propagandaministeriums.« Mit einer fast ehrfurchtsvollen Stimme fügte er an: »Angeordnet vom Propagandaminister persönlich!«
    Die Arme vorgestreckt, um den Vorhang zu teilen, eilte er in den Ausstellungsraum und kam kurz darauf mit einer gefalteten Zeitung wedelnd zurück. Die warf er neben seinen Besucher auf den leeren Tisch, auf dem einst Zeichnungen und Graphiken gelegen hatten. Garoche zeigte immer noch keine Regung.
    Niewarth deutete auf das Blatt: »Von vor zwei Tagen! Ja, verstehen Sie nicht, was das bedeutet? Ich habe sehr gut daran getan, solche Kunst in meiner Galerie nicht mehr öffentlich zu zeigen.«
    Merkwürdig, dachte Garoche und wunderte sich über den Ausdruck ›solche Kunst‹ in den Worten Niewarths. Was es bedeutete, dass die staatlichen Museen moderne Kunst dem Publikum nicht mehr zugänglich machten, wusste er sehr wohl, und er brauchte kein Prophet zu sein, um nichts Gutes für die Zukunft der deutschen Kunst vorauszusehen.
    »Ja, da haben Sie recht«, bestätigte Niewarth den Maler und putzte mit einem Tuch seine Brille. Währenddessen fixierte er Garoche mit verkniffenem Blick, als befürchtete er, ihn aus den Augen zu verlieren.
    »Aber etwas Gutes hat es«, begann er, riss die Augen weit auf, und ein breites Grinsen löste den ängstlichen Ausdruck auf seinem Gesicht ab. »Die Bilder steigen im Wert! Im Inland wie im Ausland. Ja, junger Freund, auch Ihre Gemälde und damit auch Ihr Gewinn.« Er setzt seine Brille wieder auf die Nase, stemmte die Arme in die Seiten und fragte zufrieden: »Na, wie gefällt Ihnen das? Malen Sie mal schön weiter viele Bilder!« Beim diesem Stichwort fiel dem Kunsthändler auf, dass Garoche ja gar nicht in seinem Haus war. »Übrigens, was wollen Sie eigentlich hier?«, fragte er mit besorgter Miene. »Wir hatten doch vereinbart, dass Sie nicht in die Galerie kommen. Man darf uns auf keinen Fall in Verbindung bringen. Jetzt noch weniger als vorher. Ich muss darauf bestehen, dass Sie sich daran halten. Es gibt genügend Neider und Intriganten, die der Polizei Hinweise geben.«
    Aus ›Sicherheitsgründen‹, wie Otto Niewarth es bezeichnete, hatte er beschlossen, vorläufig nicht nach Pötzow zu kommen. Was getan und erledigt werden musste, konnte Heinrich Löhner erledigen. ›Er genießt mein vollstes Vertrauen.‹
    Garoche hatte ursprünglich nur die Absicht gehabt, sich für ein paar Stunden vom tristen Leben der letzten Wochen abzulenken. Ein Kinobesuch oder ein Aufenthalt in einem Café oder Restaurant und der Kontakt mit Menschen hätten ihm gutgetan. Ja, er war sogar bereit, mit dem Kunsthändler einige Stunden zu verbringen, nur um seiner Isolation zu entkommen. Natürlich, er hätte auch die Vedova in ihrem Kabarett besuchen können. Von Fräulein Leville hatte er noch keine Nachricht erhalten, dass sie gut aus Deutschland herausgekommen war. Seit ihrem letzten Besuch in Pötzow im Sommer drei Tage vor ihrer Abreise wusste Garoche nicht, wie es ihr ergangen war.
    Aber als Allererstes hatte Garoche sich am Morgen vor seiner Fahrt nach Berlin vorgenommen, die Ausstellung seiner Künstler im Prinzenpalais zu besuchen. Damit

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