Deep Secrets - Berührung
und angespannt. Alkohol und Gefühle gehen nicht gut zusammen.«
Ich erinnere mich an das Bild der Jurorenkarte seines Vaters, die auf den Teich zuflatterte, und an seine angespannten Züge, als er mir sagte, ich solle nicht zu viel von diesem verdammten Wein trinken. Gefühle. Seine übermannten ihn wegen dieser Karte, und obwohl ich das begriffen habe, taucht eine neue Sorge auf. Bedauert er, dass ich ihn in einem schwachen Moment gesehen habe?
»Du hast mir gestern Nacht gesagt, dass ich dich verrückt mache«, ruft er mir ins Gedächtnis und bringt mich damit in die Gegenwart zurück.
»Das tust du, Chris.«
»Nun, du machst mich auch verrückt.«
»Soll es mir deswegen jetzt besser gehen?«
»Es geht nicht darum, dass es dir besser geht. Es geht um die Wahrheit. Sara, Baby«, er streichelt meine Wange. »Diese ›Verrücktheit‹, die du in mir weckst, ist das beste Verrückte, was ich seit langer Zeit gefühlt habe. Ich bin nicht bereit, dich loszulassen. Ich weiß nicht, was du mit mir machst, Sara, aber bitte … hör nicht damit auf.«
Nicht bereit, mich loszulassen. Das sind die Worte, an die ich mich klammere, die Aussicht, dass er auch in Zukunft für mich da sein wird. »Du verwirrst mich schon wieder, Chris«, flüstere ich. »Wenn damit einfach heißer Sex gemeint ist, dann lass uns heißen Sex haben, und halt alle anderen Sachen da heraus.«
»Warum gehen wir nicht einen Tag nach dem anderen an und genießen einander, Sara? Wir werden zusammen eine Lösung finden.«
Immer einen Tag nach dem anderen. Warum kommt mir das so unmöglich vor? Und doch will ich einen weiteren Tag mit ihm. Ich brauche ein wenig Zeit allein, ein wenig Zeit bei mir zu Hause, damit ich nachdenken kann. Vielleicht werde ich dann Klarheit finden und entscheiden, was ich will und brauche.
»Ja«, stimme ich zu. »In Ordnung.«
»Gut.« Er lächelt, dann sieht er auf die Uhr. »Du musst dich fertig machen, wenn du es zu deiner Sitzung schaffen willst. Warte eine Sekunde.« Er geht ins Badezimmer und kehrt mit einem Hotelmorgenmantel zurück, den er mir hinhält. »Wenn ich dich nackt durch den Raum gehen sehe, wirst du es nicht zu deinem Termin schaffen.«
Die urtümliche Hitze in seinem Blick spottet meinem derangierten Zustand, und ich schlüpfe schnell in den Morgenmantel. Ich habe nicht gescherzt, als ich sagte, ich sei verseucht. Jetzt ist nicht die Zeit für heiße Liebesspiele, ganz gleich, wie reizvoll es erscheint.
Ich rutsche an die Seite der Matratze, und mein Blick fällt auf meine Schuhe und meine Handtasche, die auf dem Boden verteilt sind. Neben ihnen liegt das Tagebuch, das aus meiner geöffneten Tasche herausgefallen ist. Panisch drücke ich mich von der Matratze hoch, schnappe mir die Handtasche und stopfe das Tagebuch hinein.
Das Geräusch, mit dem Chris das Telefon aufnimmt, sagt mir, dass er nicht hinschaut und nicht an dem Tagebuch interessiert ist. Ich bin die Einzige, die davon besessen ist, und von Rebecca, aber ich kann nicht verhindern, dass Adrenalin durch meine Adern schießt. Mein Koffer liegt einige Schritte entfernt, und ich ziehe den Reißverschluss auf und zerre ihn zum Badezimmer, während Chris beim Zimmerservice Frühstück bestellt.
Sobald ich im Bad bin, schließe ich die Tür und lehne mich dagegen. Was würde Chris denken, wenn er wüsste, dass ich Rebeccas Tagebuch gelesen habe? Würde er es verstehen? Würde er mir glauben, wenn ich ihm sagte, mir sei bange um Rebecca? Und verdammt, wenn mir bange um sie ist, warum habe ich dann nicht mehr getan, um sie zu finden? Ich hatte mich so darin verstrickt, ihr Leben zu leben, dass ich vergessen habe, dass ich Angst um sie habe. Stumm schwöre ich mir, mehr für Rebecca zu tun, herauszufinden, wo sie ist, ganz gleich, welche Konsequenzen das für mich hat. Und tief im Innern weiß ich, dass das, was ich entdecke, Konsequenzen haben wird.
Stunden später liegt meine Dusche lange zurück, und ich trage schwarze Jeans und ein kirschrotes Top mit Zierknöpfen, ein Detail, das mein persönlicher Einkäufer zu bevorzugen scheint. Warum auch nicht. Ich habe mehrere Stunden im Esszimmer mit Blick auf die zauberhaften Mayacamas-Berge verbracht, während Meredith, eine sehr sympathische Frau in den Dreißigern, es geschafft hat, die gewaltige Welt des Weins interessant und ziemlich einfach zu erklären. Dankenswerterweise habe ich mich einigermaßen von meinem Kater erholt, und Chris gesellt sich zu einer der köstlichsten Mahlzeiten hinzu,
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