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Deer Lake 01 - Sünden der Nacht

Deer Lake 01 - Sünden der Nacht

Titel: Deer Lake 01 - Sünden der Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tami Hoag
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essen, oder ich flöße es Ihnen Löffel für Löffel ein. Sie brauchen Nahrung, Hannah. Beinahe wären Sie in Ohnmacht gefallen.« Widerwillig nahm sie ihre Gabel und spießte eine Karottenscheibe auf. Ihre Hand zitterte, als sie die Gabel zum Mund hob. Tom beobachtete sie wie ein Adler, während sie kaute und schluckte. Er öffnete eine Flasche Bier und reichte sie ihr über den Tisch.
    »Das macht Appetit«, sagte er zwinkernd, »der Ire in mir weiß Bescheid!«
    Hannah lachte leise. Sie kostete ein kleines Stück Rindfleisch und spülte es mit Bier hinunter. Sie saßen in der Küche des Pfarrhauses, ein großes viktorianisches Haus auf dem Grundstück hinter St. Elysius. In vergangenen Zeiten, als es noch Priester im Überfluß gab, hatte das Haus als Heim und Hotel für eine Schar von Geistlichen gedient. In den fünfziger Jahren hatte es Klerikale mit Alkoholproblemen beherbergt. Jetzt lebte Tom allein in dem weitläufigen Komplex. Er hatte den ganzen ersten Stock abgeschlossen, um Heizung zu sparen.
    Die Küche war sonnig, mit alten Küchenvitrinen und einer gelben Tapete mit Teekesseln. Der kleine Tisch stand in einer Nische, wo er nicht störte; aber es war ohnehin niemand da, der hätte stören können. In dem Haus befand sich, abgesehen von ihnen beiden, kein Mensch.

    »Danke, daß Sie mich gerettet haben«, Hannah senkte den Blick. Tom bestrich ein Stück hausgebackenes Brot mit Butter für sie. Sie schämte sich, daß man sie hatte retten müssen, das sah er deutlich, genauso, wie sie sich schämte, weil sie an seiner Schulter geweint hatte. Sich so krampfhaft zusammenzureißen, war nicht gut für sie. Es tat ihm in der Seele weh, wie sie diese Tortur als die Hannah Garrison durchstehen wollte, die alle in Deer Lake kannten und liebten – ruhig, stoisch, selbstsicher und weise in jeder Lebenslage. Die Ruhe war zerschmettert, die Selbstsicherheit dahin, alles mit einem einzigen Schlag. Verloren trieb sie auf offener See, und er sah keine Anzeichen, daß Paul sie bei der Navigation unterstützen würde.
    Was für ein Mann mußte das sein, der so blind war, in Hannah das Juwel zu übersehen?
    »Ich weiß, daß alle versuchen zu helfen«, sagte sie mit gequälter Stimme. »Alle sind so wunderbar, es ist nur, daß … Es ist alles so … falsch .«
    Sie hob den Kopf und sah ihn an, Schmerz und Verwirrung schwammen in ihren blauen Augen. Ihr Haar war noch zerdrückt von seiner Kappe, goldene Strähne fielen über ihre Stirn und baumelten über eine Wange. Sie sah aus wie ein Engel, der einen langen Sturz aus einer Wolke hoch droben hinter sich hatte.
    »Es ist falsch «, wiederholte sie. »Es ist, als ob wir auf einem Zug säßen, der aus den Gleisen gesprungen ist und den keiner aufhalten kann. Ich will ihn aufhalten.«
    »Das können wir wohl nicht, Hannah«, gestand er traurig. »Wir können uns nur festhalten und mitreißen lassen.«
    Er streckte seine Hand über den Tisch, bot sie ihr schweigend an. Aus guten Gründen, gerechten Gründen und Gründen, die er sich nicht einmal in den tiefsten, privatesten Winkeln seines Herzens eingestehen würde. Gründe, die sie nie erfahren und wahrscheinlich nie vermuten würde. Wozu auch. Eine Nachfrage würde die Schleusen für hundert weitere öffnen, für die er keine Antworten hätte, also brachte er sie zum Schweigen. In diesem Augenblick war nur eins wichtig: Hannah etwas Trost zu spenden, ihr zu vermitteln, daß sie nicht allein war.
    Eine einzelne Träne perlte durch ihre Wimpern. Sie streckte langsam ihre Finger aus und nahm seine. Ihre Handflächen paßten perfekt ineinander. Die Finger schlossen sich automatisch. Die Wärme der Berührung und die Gefühle, die sie in ihr auslöste, erstaunten Hannah.
    »Ich würde es für dich ändern, wenn ich könnte, Hannah«, flüsterte er. »Wenn ich ein Wunder bewerkstelligen könnte, würde ich keinen Augenblick zögern.«
    Hannah dachte, sie sollte ihm danken, aber ihr Mund wollte keine Worte formen. Sie konnte scheinbar nicht mehr tun, als sich an ihm festhalten, und seine ruhige Kraft und Überzeugung in sich aufnehmen – sich der schmerzlichen Ironie bewußt werden, daß der einzige Mann, der bereit war, diese Qual mit ihr zu teilen, nicht ihr Ehemann war, sondern ihr Priester.
    Sie spürte den Eindringling, Sekunden bevor Albert Fletcher sich räusperte. Ein Gefühl von Zorn und Mißfallen besudelte den Augenblick wie eine Rußschicht, die über ihre Haut rieselte. Sie wandte den Blick zur Kellertür, und

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