Deer Lake 01 - Sünden der Nacht
»Du lieber Himmel, du glaubst doch nicht etwa, der Typ ist einfach in einen Printshop marschiert und hat einen Packen Psychobotschaften runtergerattert?«
Megan zuckte mit den Schultern. »Zugegeben, es ist eine vage Vermutung, aber ich nehme alles, was ich kriegen kann.«
Mitch sagte nichts. Er stellte sich wieder vor den Kamin und starrte in die Flammen, ließ sich die Fakten, Fragen und Theorien durch den Kopf gehen, immer wieder von vorne.
Megan beobachtete ihn. Seine Zweifel nagten an Stellen, die bereits wund waren. »Stört es dich, daß es Olie ist oder stört dich die Tatsache, daß ich ihn erwischt habe?«
Er warf ihr einen strengen Blick über die Schulter zu. »Sei nicht gehässig. Ich hab dir bereits gratuliert, Agent O’Malley. Mir wär einfach nur wohler, wenn wir ein paar echte Beweise auftreiben könnten – oder noch besser -!«
»Ja, also«, Megan seufzte, »dann sind wir schon zu zweit.«
Wieder klingelte das Telefon, die Telefonautomatik nahm das Gespräch willig entgegen. Mitch warf einen wütenden Blick darauf.
»Dann sind wir schon fünfzehntausend – vierzehntausendneunhundertachtundneunzig haben heute abend bereits hier angerufen.«
Er schleppte sich bleiern vor Müdigkeit zur Couch und blieb direkt vor Megan stehen. Sie hatte diesen skeptischen Was-glaubst-du-eigentlich-was-du-da-machst-Blick, der wahrscheinlich schon Legionen von aggressiven Männern abgeschreckt hatte. Mitch ließ sich davon nicht beirren. Es war ein Teil ihrer Maske, genau wie die markigen Sprüche, die Männerklamotten. Eine Verkleidung schreckte ihn nicht.
»Was hältst du davon, wenn wir heute Schluß machen«, schlug er vor.
»Ich weiß nicht, wie das bei dir ist, aber ich hab ein Hirn wie gebratene Auberginen. Laß uns einfach für eine Weile Menschen sein.«
Megan blickte zur Seite, atmete laut aus und schob ihre Hände in die Gesäßtaschen ihrer Jeans. »Ja, klar, sicher.« Natürlich würde das ihr Gespräch praktisch abwürgen, nachdem sie über nichts außer über ihre Arbeit reden konnte. Jetzt mußt du deine eindrucksvollen gesellschaftlichen Talente zeigen, O’Malley. Du bist doch so ein ausgeglichener Mensch.
Mitch beobachtete, wie ihre Schultern herabsanken und ihr Blick zu ihren Wollsocken wanderte. Sie war so selbstsicher als Cop und so unsicher als Frau. Alles Männliche in ihm wollte ihr ihre Fraulichkeit bestätigen. Der Impuls brachte einen frischen Strom von Energie ein, und er ließ sich davon mitreißen.
»Komm her.« Er zerrte sie um den Couchtisch herum zum Sofa, ließ sich in die Kissen fallen und zog sie mit sich hinunter. »Wir müssen etwas machen, wo wir unseren Kopf ausschalten.«
Megan versuchte vergeblich wieder aufzustehen, sich aus seinem Arm um ihre Taille zu winden. »Schlafen schaltet den Kopf aus«, sagte sie. »Ich sollte nach Hause fahren und mich hinlegen.«
Mitch ignorierte diese sicherlich vernünftige Feststellung und schob ihren Zopf mit dem Mund beiseite, um ihren Nacken zu küssen. »Komm, laß uns rummachen«, flüsterte er mit samtiger Stimme. »So wie damals in der High School, wenn man nach dem Basketballspiel mit seiner Flamme nach Hause gekommen ist, die Eltern schon schliefen und man gehofft hat, daß einen keiner erwischt?«
Megan erstarrte in seinen Augen. »Ich hatte in der High School nicht viele Verabredungen.«
Gar keine wäre wohl richtiger gewesen. Sie war entsetzlich schüchtern im Umgang mit Jungs gewesen, in dem schmerzlichen Bewußtsein
von Busenmangel und ihrer beklagenswerten Herkunft. Sie wollte nicht die Tochter ihrer Mutter sein, wollte ihrem Vater nicht noch mehr Gründe liefern, sie nicht zu mögen. Da war ein Junge in ihrer Englischklasse gewesen, genauso fleißig und ernsthaft wie sie.
Niedlich hinter seiner dicken Brille. Sie hatten ein paar Küsse getauscht, ein bißchen herumgefummelt. Dann hatte er sich Kontaktlinsen besorgt und wurde plötzlich sehr beliebt bei den gefragten Mädchen, Megans Ende.
Mitch küßte noch mal ihren Hals, knabberte an ihrem Ohrläppchen, seine Zunge liebkoste das zarte Fleisch. »Ach, dann werd ich es dir beibringen. Eine Lektion vom Meister des Rummachens.«
Er lehnte sich mit ihr im Arm zurück, löschte die Lampe auf dem Beistelltisch, so daß nur noch der Kamin und der Fernseher den Raum erleuchteten. Er drehte sie zu sich und küßte sie kurz auf den Mund.
»Das läuft nämlich so«, seine Lippen wanderten über ihr Gesicht, »du mußt so tun, als möchtest du das alles nicht,
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