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Deer Lake 01 - Sünden der Nacht

Deer Lake 01 - Sünden der Nacht

Titel: Deer Lake 01 - Sünden der Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tami Hoag
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bewahren können.
    Langsam fuhr sie durch den Campus des Harris College und hielt Ausschau nach dem Diakon. Sie fragte sich, ob Mitch irgendwelche Männer hierhergeschickt hatte. Nachdem Montag der Lehrbetrieb wieder beginnen sollte, waren die Gebäude wahrscheinlich schon geöffnet, aber noch zum Großteil unbewohnt. Fletcher hätte sich da ein warmes, nicht durch die Elemente gefährdetes, Versteck einrichten können.

    Harris war ein College, wie man sie inzwischen nicht mehr baute. Viele der Vorlesungs- und Verwaltungsgebäude bestanden aus einheimischem Sandstein und sahen aus, als stammten sie aus den Gründungsjahren, Ende des 19. Jahrhunderts.
    Die massigen, wohlproportionierten Gebäude lagen etwas abseits der gewundenen Auffahrt, umringt von uralten Eichen, Ahornbäumen und Kiefern.
    Die Straße schlängelte sich an den Wohnheimen vorbei, deren Parkplätze zu einem Drittel belegt waren. Studenten bevölkerten die Wege und trugen ihre Wäsche, die sie während der Ferien in Ordnung gebracht und die Bücher, die sie wahrscheinlich vernachlässigt hatten, in die Häuser. Torpfosten, die aus dem Schnee ragten, markierten ein Spielfeld, das an eine aufgelassene Weide grenzte, und plötzlich fand sich Megan im Ackerland, das sich nach Westen erstreckte.
    Sie bog in die Old Cedar Road ein und fuhr in Richtung Süden. Wenn sie sich recht erinnerte, mündete sie schließlich in Ryan’s Bay, führte auch als Nebenstraße nach Dinky Bay. Sie fuhr an den Straßenrand, stellte den Hebel auf Parken und ließ den Motor laufen, während sie durch das Fenster in die kahle Landschaft starrte. Die nackten Laubbäume ragten in der Ferne wie geschwärzte Streichhölzer gen Himmel, der Schnee verwischte sämtliche Konturen, ließ alles flach und eindimensional aussehen. Über allem hing der Himmel schwer und grau wie eine Schieferplatte. Auf dem Feld neben der Straße scharrten zwei zottelige Ponys vergeblich zwischen den schmutzig blonden Stoppeln der Maisstauden im Schnee. Weiter vorne, an einer Straßenbiegung, tastete sich ein Fasan unter den niedrigen Zweigen einer Kiefer hervor und pickte sich am Bankett entlang. Ein braunes Haus stand ein Stück von der Straße weg, an einem Hang. Die Jalousien waren runtergelassen, die Garage geschlossen, es sah verlassen aus. Der Name auf dem Briefkasten am Ende der Einfahrt lautete Lexvold. Lexvold. Irgendwas rührte sich in ihr bei diesen Namen. Vielleicht hatte sie ihn in einem Bericht gelesen. Der Papieraufwand beim Kirkwood-Fall könnte einem Blizzard Konkurrenz machen. Sie hatten Dutzende von Leuten vernommen, zahllose Aussagen und falsche Spuren von Bürgern aufgenommen, die nützlich oder wenigstens dabeisein wollten. Wie die Wellen, die sich ringförmig auf einem Teich ausbreiten, hatte das Verbrechen sie alle berührt.
    Megan schob den Schalthebel auf Drive und trudelte wieder auf die
Straße zurück. Die Temperatur war zwar auf erstaunliche -5 Grad gestiegen, aber die Heizung des Lumina funktionierte sowieso nur bis -6 Grad, wenn überhaupt. Sie brauchte etwas Heißes zu trinken, was ihre Abfahrt nach St. Paul abermals verzögern würde. Und wenn sie dann genug getrunken hatte, müßte sie sicher noch einen Toilettenstop einlegen, was die Sache noch weiter hinausschieben würde. Ihr schwebte beispielsweise eine heiße Schokolade im ›Bohnenstroh‹ vor, als ihr Blick auf die schwarzen Bremsspuren fiel, die kreuz und quer über die Straße vor ihr verliefen. Sie sah kurz in den Rückspiegel, fuhr wieder auf das Bankett und blieb mit dem Fuß auf der Bremse stehen.
    Schleuderspuren. Lexvold. Old Cedar Road. Autounfall.
    Die Szene verschwamm vor ihren Augen, während sie krampfhaft überlegte.
    Der Junge vom College. Eine Eisplatte. Eine Eisplatte, von der der Beamte am Einsatzort glaubte, sie wäre ein künstliches Produkt gewesen.
    Megan knallte den Schalthebel auf Parken und stieg aus dem Wagen. Dann trabte sie zurück zu der Kurve und blieb stehen, die Hände in den Taschen ihres Parkas, die Schultern gegen den Wind hochgezogen. Im Norden und Osten lag der Universitätskomplex. Im Süden ging das Ackerland in die feuchten Wiesen von Ryan’s Bay über. Die Old Cedar Road kreuzte die Mill Road. Im Osten der Mill Road bohrten sich die Türme von St. Elysius über den Baumwipfeln in den Himmel. Sie drehte sich um und schaute auf den Abhang bei dem braunen Haus mit der angebauten Garage.
    Sie erinnerte sich, wie Dietz mit seiner schwarzen Perücke am Ende ihrer Nische in

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