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Deer Lake 02 - Engel der Schuld

Deer Lake 02 - Engel der Schuld

Titel: Deer Lake 02 - Engel der Schuld Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tami Hoag
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anderen anzuh ä ngen . . . Wenn er gemein genug ist, wird er Sie fragen, wo Sie waren . . . und wo Paul war. «
    » Ich wei ß nicht, wo Paul war. Er war fort, als ich aufwachte. Er sagte, er sei allein losgezogen, einfach in der Stadt rumgefahren, h ä tte geschaut . . . «
    Sie wußte nicht, wo er an diesem Morgen gewesen war, und sie wußte nicht, warum er sie an dem Abend, an dem Josh verschwand, nicht zurückgerufen hatte, warum er die Polizei belogen hatte wegen des hellen Lieferwagens. Sie wußte nicht, warum Josh in jener Nacht im Krankenhaus vor ihm zurückgeschreckt war.
    Eine weitere Woge von Schuldgefühlen brandete in ihr hoch. Es lag nicht daran, daß sie fest glaubte, Paul sei zu so etwas fähig, sondern daran, daß sie sich dessen nicht sicher war.
    Sie wußte, daß er zum Abendessen kommen würde. Er würde in wenigen Minuten hiersein.
    Es war ihr gelungen, das Essen vorzubereiten, obwohl sie sich kaum darauf hatte konzentrieren können. Der Salat war angemacht, ein Duft von Rosmarinhuhn und Bratkartoffeln erfüllte die Luft.
    Im Wohnzimmer stapelte Lily Klötze zu einem wackeligen Turm. Josh hatte sich eine Burg aus Stühlen, Hockern und Couchkissen gebaut, einen Raum geschaffen, aus dem er alle anderen ausschließen konnte. Hannah hatte ihn jeden Tag mit sanftem Druck aus seinem Schlafzimmer getrieben, um genau das zu verhindern – daß er sie ausschloß, daß er sich selbst mit den Erinnerungen einsperrte, über die zu reden er sich weigerte. Die Burg erinnerte sie daran, daß er den Rest der Welt ausschließen konnte. Ohne Mauern zu errichten, einfach nur mit seinem Schweigen.
    Er hatte den Großteil des Tages in seinem neuen Bau verbracht, mit seinem Rucksack und seinem neuen Notizbuch. Hannah war erleichtert gewesen, als sie sah, daß er das Ringbuch benutzte. Vielleicht würden allmählich Erinnerungen und Gefühle in diese Seiten fließen und eines Tages überlaufen. Vielleicht würde er doch anfangen, über das, was er durchgemacht hatte, zu reden.
    Ellen hatte nach ihm gefragt: ob er sich denn allmählich öffnen würde. Hannah wußte, daß es der Anklage gegen Garrett Wright helfen würde, aber sie durfte Josh nicht drängen, so verlockend es auch war. Dr. Freeman sagte, Josh müßte von allein dahin kommen. Ein Versuch, ihn zu zwingen, über seine Erlebnisse zu sprechen, könnte ein Trauma auslösen, von dem er sich für Monate, möglicherweise sogar für Jahre, nicht erholen würde. Er brauchte Zeit.
    Die Anhörung würde am Dienstag beginnen.
    Sie ging von der Küche hinunter ins Wohnzimmer. »Josh, Zeit, fürs Abendessen. Geh dich waschen. Dad kann jeden Moment hiersein.«
    Josh lugte unter dem Kissendach seiner kleinen Hütte hervor. Er hatte bis jetzt noch kein Wort zu Pauls bevorstehendem Besuch gesagt.
    Paul hatte am Vormittag angerufen. Er wolle die Kinder sehen, vor allem Josh. Er war immer so stolz auf Josh gewesen, so glücklich, einen Sohn zu haben. Sein eigener Vater hatte nie viel Interesse an seinem jüngeren Sohn gezeigt, der eine Leseratte war. Ihm war die Gesellschaft von Pauls älteren Brüdern lieber gewesen. Es mußte ihm unerträglich weh tun, daß Josh ihn ablehnte.
    »Komm schon«, sagte sie und hob das Kissen auf.
    Josh schlug sein Notizbuch zu und drückte es an seine Brust. Hannah beugte sich hinunter und strich mit der Hand über seine hellbraunen Locken.
    »Dad freut sich wirklich darauf, dich zu sehen«, sagte sie. »Er vermißt dich und Lily sehr.«
    Josh sagte nichts. Er hatte immer noch nicht gefragt, warum sein Vater nicht mehr im Haus lebte. Sein Mangel an Neugier war entnervend.
    Draußen öffnete und schloß sich die Küchentür. Paul, der durch die Garage hereinkam. Joshs Augen wurden riesengroß, er floh wie ein Reh, sprang aus seiner Burg und rannte in den Korridor, der zum Bad und zu den Schlafzimmern führte. Lily warf ihre Klötze um, lief wie besessen im Kreis und quietschte: »Daddy! Daddy!«
    »Ich habe die Eiscreme vergessen«, verkündete Paul, als er die Küche betrat. Sein Ton war herausfordernd, auf Verteidigung eingestellt. Genaugenommen hatte er gar nichts vergessen. Nachdem Costellos Verlautbarung durch die Nachrichten gegangen war, hatte er es nicht fertiggebracht, einen Laden zu betreten. Die Leute würden ihn anstarren, Gott weiß was über ihn denken. Sie würden völlig vergessen, wie viele Stunden er bei den Suchtrupps gewesen war, seine Bitte im Fernsehen. Sie würden an jenen Tag zurückdenken, an dem Mitch Holt ihm gesagt

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