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Deer Lake 02 - Engel der Schuld

Deer Lake 02 - Engel der Schuld

Titel: Deer Lake 02 - Engel der Schuld Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tami Hoag
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hatte, er müsse sich die Fingerabdrücke abnehmen lassen. Sie würden sich erinnern, welchen Aufstand O'Malley wegen des gottverdammten Lieferwagens gemacht hatte.
    Lily hangelte sich die Treppe zur Küche hoch, und ihr kleines Gesicht strahlte. »Daddy! Daddy!«
    Sie warf sich gegen seine Beine; Paul hob sie hoch und setzte sie in seine Armbeuge. »Na, wenigstens freut sich eine hier, mich zu sehen.«
    »Mach dir keine Sorgen wegen des Nachtischs«, sagte Hannah. »Die Leute bringen uns immer noch Süßigkeiten ins Haus. Die Brownies reichen bis ins nächste Jahrtausend.«
    Lily schlang ihre Arme um seinen Hals und legte ihren Kopf auf seine Schulter. »Daddy zu Hause. Hause, hause. Mein Daddy!«
    Paul drückte ihr gedankenverloren einen Kuß auf die Stirn und stellte sie auf den Küchenboden.
    »Wo ist Josh?« Er knöpfte seinen langen Wollmantel auf und ging, um ihn in seinem Büro aufzuhängen.
    »Er wäscht sich gerade«, erwiderte sie, trug die Salatschüssel zum Tisch, um Lily herum, die sich mit bedrohlich zitternder Unterlippe mitten auf den Boden gesetzt hatte.
    »Hat er etwas gesagt?«
    »Nein.«
    »Was zum Teufel macht denn dieser Psychiater? Außer uns hundertfünfzig Dollar in der Stunde zu berechnen.«
    Hannahs Augen blitzten ungeduldig, als sie sich dem Ofen zuwandte. »Sie ist Psychiaterin, kein Klempner. Sie kann seine Erinnerung nicht einfach aus ihm herausreißen. Es wird Zeit brauchen.«
    Sie bückte sich zu Lily hinab. Das Baby drehte sich weg und begann zu schluchzen.
    »Da-a-d-dy!«
    »Inzwischen wird Anthony Costello mich der Kindesmißhandlung bezichtigen. Hast du davon gehört?«
    Hannah verbiß sich die Bemerkung, die ihr auf der Zunge brannte. Wieder einmal hatte es Paul geschafft, alles nur auf sich zu beziehen. Was würden die Leute von ihm denken? Welche Auswirkung würde diese unpraktische Verzögerung in Joshs Genesung auf ihn haben?
    »Ja, ich hab's gehört. Ellen North hat angerufen.«
    »Klar«, sagte Paul verächtlich. »Sie kann es nicht verhindern, aber sie kann anrufen und die schlechte Nachricht verbreiten. Weißt du, was mich wirklich ankotzt, ist, daß der Bezirksstaatsanwalt den Fall nicht selbst übernimmt. Was ist denn los mit ihm? Sind wir ihm nicht wichtig genug? Sind wir endlich auf jemanden gestoßen, der die große Dr. Garrison nicht als Göttin verehrt?«
    »Hör sofort auf, Paul«, sagte sie. »Du bist hier, um die Kinder zu sehen. Wir werden heute abend eine Familie sein. Es ist mir egal, wieviel Mühe es kostet, aber wir werden wenigstens so tun, als ob wir uns nicht hassen. Keine Seitenhiebe. Keine abfälligen Bemerkungen. Kein armer, schikanierter Paul. Hast du mich verstanden? Habe ich mich klar genug ausgedrückt? Wir werden heute abend eine Familie sein«, verkündete sie. »So, jetzt nimm deine Tochter auf den Arm, und kümmere dich ein bißchen um sie, während ich Josh hole.«
    Sie wandte sich von ihm ab, und ihr Herz stockte. Josh stand am Fuß der Treppe. Das Gesicht frisch gewaschen, die Haare feucht, die blauen Augen groß und ernst, den Rucksack an die Brust gedrückt.
    Lily heulte noch einmal los. Paul ließ sie einfach sitzen und wandte sich seinem Sohn zu, ein mühsames Grinsen spaltete sein Gesicht, wie ein Riß in einer Gipswand.
    »He, Josh, wie läuft's denn, Sportsfreund?«
    Paul stieg die Treppe hinunter, und Josh begann zurückzuweichen. Hannah beobachtete sie wie erstarrt vom Küchentisch aus. Lilys Jammern bohrte sich wie eine Nadel in ihr Gehirn, aber sie brachte es nicht fertig, sich um ihre Tochter zu kümmern. Ihr Blick war von der Szene gefesselt.
    »Du hast mir gefehlt, mein Sohn«, sagte Paul mit schmeichelnder Stimme. »Willst du deinen alten Dad nicht umarmen?«
    Josh schüttelte den Kopf, machte noch einen Schritt zurück und umklammerte seinen Rucksack fester.
    »Paul, erzwing es nicht«, sagte Hannah in sanfter Verzweiflung. Als ob das helfen würde. Sie wußte bereits, daß er nicht hören würde, daß er Josh bedrängen und seine Chance verspielen würde und daß damit jede noch so brüchige Hoffnung auf einen normalen Familienabend zunichte war.
    Er bewegte sich auf Josh zu, beugte sich über ihn, streckte ihm die Hand entgegen. »Josh, komm her.«
    »Nein.«
    »Josh, bitte«
    »Nein.«
    »Verdammt noch mal, Josh. Ich bin dein Vater! Komm her!«
    Er griff nach Joshs Arm. Josh entzog sich seiner Reichweite, ließ sich auf den Boden fallen, huschte in seine Möbelburg und zog seinen Rucksack hinter sich her. Hannah stürzte

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