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Deer Lake 02 - Engel der Schuld

Deer Lake 02 - Engel der Schuld

Titel: Deer Lake 02 - Engel der Schuld Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tami Hoag
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könnte Megan sein, oder Jessie, die anrief, um zu sehen, wo ihr Daddy war.
    »Mitch Holt.«
    Das Schweigen ließ ihn zunächst vermuten, daß der Anrufer aufgelegt hatte, während er mit seinen Handschuhen und der Taschenklappe gekämpft hatte, um an das verdammte Telefon zu kommen. Aber er horchte weiter, weil er mit einem Mal ein
    unheimliches Gefühl verspürte.
    »Hallo? Wer ist da?«
    Der Motor des Wagens grummelte vor sich hin. Draußen lag das schäbige kleine Viertel, das an die Autobahn angrenzte, still im Zwielicht. Die Leute waren zu Hause, aßen zu Abend und sahen sich die Nachrichten an, während sich die Nacht langsam über sie senkte. Es war die Stunde, zu der Josh verschwunden war.
    Dieser Gedanke ließ ihm Kälteschauer über den Rücken laufen, und genau in diesem Augenblick kam eine Stimme aus dem Hörer. Ein Flüstern.
    »Unwissenheit ist nicht Unschuld, sondern Sünde. Unwissenheit ist nicht Unschuld, sondern Sünde. Unwissenheit ist nicht Unschuld, sondern Sünde.«
    Die Leitung wurde unterbrochen.
    Mitch saß reglos da, sein Herz hämmerte wie eine Faust gegen seine Rippen. Unwissenheit ist nicht Unschuld, sondern S ü nde. Die Botschaft, die am Tatort von Joshs Entführung zurückgelassen worden war. Allgemein bekannt, sagte er sich. Die Presse hatte sie im ganzen Land verbreitet. Und trotzdem konnte er das Gefühl der Angst nicht abschütteln. Seine Muskeln zitterten. Die Angst dampfte aus seinen Poren, obwohl die Temperatur in seinem Wagen unter dem Gefrierpunkt lag. Die Nummer seines Handys war nicht allgemein bekannt.
    Eine Minute verstrich. Dann fünf. Das Telefon klingelte erneut, und das ungute Gefühl lastete schwer auf ihm.
    »Mitch Holt.«
    »Chief, Natalie hier. Wir hatten gerade einen Anruf vom Sheriff. Er ist in Campion. Es ist wieder ein Kind verschwunden . . . Und es gibt einen Brief.«
    Josh saß mit verschränkten Beinen auf dem Boden des Wohnzimmers und starrte in die Flammen des Kaminfeuers. Neben ihm lagen ein riesiger Skizzenblock und eine neue Schachtel Filzstifte, unberührt. Aladin lief über Video, aber der Zeichen trickfilm interessierte ihn nicht. Seine kleine Schwester Lily dagegen war hingerissen und tapste im Zimmer umher, sang und tanzte mit Barney, dem Dinosaurier, einem Plüschtier.
    Josh hatte kein Interesse mehr an Trickfilmen. Er wollte nicht spielen. Er wollte nicht reden. Er starrte ins Feuer und stellte sich vor, er wäre Feuerwehrmann auf dem Mars, wo es immer heiß war und wo es keine Kinder gab.
    Hannah kam von der Küche ins Wohnzimmer hinunter und rieb sich Lotion in die Hände. Das Abendbrotgeschirr war aufgewaschen – drei Limogläser und drei Teller für Pizza vom Leaning Tower of Pizza. Joshs Lieblingsessen. Zum Teufel mit der gesunden Ernährung für heute. Sie hatte eine mittelgroße Pizza mit Pepperoni und Pilzen bestellt und den Kindern zum Nachtisch Brownies angeboten. Die hatte sie ebenfalls nicht selbst gebacken, sondern unter den vielen Kuchen ausgesucht, die Freunde und Nachbarn und völlig Fremde während Joshs Abwesenheit geschickt hatten.
    Sie hatte ihren Sohn heute nach Hause gebracht. Gegen den Wunsch von Bob Ulrich. Gegen den Rat des Sprechers des Park-County-Sozialdienstes. Sie hatten ihn weiter zur Beobachtung dabehalten wollen, als wäre Josh die monströse Attraktion einer Jahrmarktsschau. Die Untersuchungen hatten ergeben, daß er körperlich völlig in Ordnung war, und Hannah hatte argumentiert, daß seine Weigerung, mit irgend jemandem zu reden, kein Grund war, ihn in einem Krankenhausbett festzuhalten. Es war Zeit, nach Hause zu gehen, wo die Dinge vertraut und sicher waren. Sie war selbst Ärztin, falls Josh Anzeichen körperlicher Probleme zeigte, würde sie das als erste bemerken.
    Und so waren sie denn nach Hause gekommen, wo Reporter die Einfahrt blockierten und sich wohlmeinende Freunde in allen Räumen drängten. Nach Hause, wo alles so vertraut aussah, aber nichts je wieder so sein würde wie früher.
    Hannah verdrängte diesen Gedanken. Sie hatte die Freunde nach Hause geschickt, und die Polizei hatte die Reporter von ihrem Rasen verjagt. Sie hatte Pizza bestellt, ein Feuer im Kamin gemacht und einen von Joshs Lieblingsfilmen in den Recorder gesteckt. Sie hatte versucht, alles wie immer zu machen, soweit das unter diesen Umständen möglich war.
    Lily hüpfte auf sie zu, strahlend, mit rosigen Wangen, und hielt ihr Barney entgegen. Hannah zog statt dessen ihre Tochter an sich und nahm sie fest in den

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