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Deer Lake 02 - Engel der Schuld

Deer Lake 02 - Engel der Schuld

Titel: Deer Lake 02 - Engel der Schuld Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tami Hoag
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existentiell betrachten, einfach um Gut und Böse?«
    Ellen sah ihn an, sah das gierige Glitzern in seinen Augen, als er auf ihre Antwort wartete, auf eine saftige kleine Sensation, die seine Leser daheim in Grand Forks zusammen mit ihrem Frühstücksmüsli verschlingen konnten. Sie hatte verschiedene Grade von Gut und Böse gesehen: Schattierungen und Schatten von Dunkelheit, kleine, strahlende Flecken der Hoffnung für die Menschheit. Wenn Brooks sich in allem irrte, in einem hatte er doch recht – das Drama, das sich um sie herum abspielte, war in vielerlei Hinsicht eine Metapher für die Gegenwart. Aber Ellen hatte keine Lust, mit einem Reporter zu philosophieren, der mit Wiederholungen des Brady Bunch aufgewachsen und zu jung war, um sich an die Beatles zu erinnern.
    »Ich bin keine Existentialistin, Mister Slater«, sagte sie. »Ich bin Realistin. Ich glaube aus guten Gründen daran, daß ich diesen Fall gewinnen kann. Ich werde mich nicht von einem Anwalt einschüchtern lassen, der mehr für seine Anzüge ausgibt, als ich im Jahr verdiene, und auch nicht von der an den Haaren herbeigezogenen Vorstellung, wir hätten es mit einem bösartigen Wesen zu tun, dessen teuflisches Genie größer ist als wir alle, die wir dagegen kämpfen. Wenn man der Sache auf den Grund geht, ist Garrett Wright nur ein Verbrecher unter vielen. Ich werde ihm nicht mehr unterstellen, als er verdient.«
    Ein netter Spruch für die Nachrichten, dachte sie, als sie vom Parkplatz fuhr. Zu schade, daß sie selbst nicht ganz daran glaubte.

13
    Hannah tigerte allein durch das stille Haus, leise Musik aus der Anlage war ihre einzige Gesellschaft. Lily schlief in ihrer Wiege. Josh war bei Zur ü ck in die Zukunft auf der Couch eingeschlafen.
    Hannah hatte den Videorecorder seit dem Abend zuvor ständig in Betrieb gehalten. Sie wollte nicht, daß Josh die Nachrichten sah. Sie redete sich ein, Angst zu haben, daß sie ihn aufregen könnten. Aber in Wahrheit hatte seine Reaktion auf den Bericht über die Holloman-Entführung sie aufgeregt. Sie hatte versucht, mit ihm darüber zu reden, aber nach seinem ersten beängstigenden Kommentar hatte er nichts mehr zu sagen gehabt.
    »Josh, weißt du, wer diesen Jungen seiner Familie weggenommen haben könnte?«
    Er zuckte teilnahmslos mit den Schultern und wandte seine Aufmerksamkeit der Schachtel mit den Stiften zu, nahm einen nach dem anderen heraus und unterzog sie einer genauen Prüfung.
    » Schatz, die Familie dieses kleinen Jungen wird ganz krank vor Sorge um ihn sein, genauso wie wir um dich besorgt waren. Und er hat wahrscheinlich auch Angst, genau wie du sie gehabt hast. Wenn du uns helfen k ö nntest, ihn zu finden, dann w ü rdest du das doch tun, nicht wahr? «
    Er zog einen violetten Filzstift aus der Schachtel und hielt ihn hoch, dann lie ß er ihn langsam durch die Luft gleiten, als w ä re er ein Flugzeug.
    Er hatte sich erneut in seine Phantasie zurückgezogen. Hannah hatte keine Ahnung, wie sie ihn herauslocken könnte, ob sie es überhaupt versuchen sollte. Vielleicht war es besser, daß er allein damit fertig wurde und sie ihm einfach nur liebevoll und geduldig zur Seite stand. Dann mußte sie wieder an Dustin Hollomans Mutter denken, sie kannte jede Angst, die die Frau durchlebte, und dann glaubte sie wieder, sie müßte die Sache ins Rollen bringen, Mitch anrufen und ihm mitteilen, was Josh gesagt hatte. Hätte sie es nicht Ellen North erzählen müssen, mußte sie nicht Josh sofort zum Kinderpsychiater zurückbringen, bei dem er heute früh gewesen war, und ihren Anspruch aufgeben, allein für ihn verantwortlich zu sein?
    Die Für und Wider purzelten in ihrem Verstand, in ihrem Gewissen durcheinander. Schließlich fand sie, sie müsse überhaupt nichts tun, und fühlte sich deshalb schwach und im Unrecht. Doch in ihrem Herzen wollte sie vor allem Josh beschützen, ihn sicher bei sich haben, in der Hoffnung, daß all das Häßliche verschwinden würde.
    Sie sah hinunter zu ihm, wo er tief und fest schlief, und jede Faser ihres Wesens schmerzte. Sie hatte schon einmal bei seinem Schutz versagt. Sie wollte nie wieder versagen, aber sie befand sich im Blindflug und fühlte sich so allein. Sie kam sich vor, als hätte man sie der Welt entrissen, die sie kannte, der Welt, in der sie sich ihrer Rolle und ihrer Fähigkeiten sicher war, als hätte man sie in eine fremde Welt gestoßen, wo sie weder die Sprache noch die Sitten verstand.
    Bis zu Joshs Entführung war sie in ihrem Privatleben

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