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Deer Lake 02 - Engel der Schuld

Deer Lake 02 - Engel der Schuld

Titel: Deer Lake 02 - Engel der Schuld Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tami Hoag
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haben, brachte eine Lawine von Gefühlen ins Rollen. Keines ließ ihn umkehren.
    Im Haus der Wrights brannte das Küchenlicht. Vom Wald aus war sein Einblick ins Innere abstrakt – das Rechteck der Küche, das Viereck einer Badezimmerwand, das Dreieck des Schlafzimmers, ein umgedrehtes V, das die zurückgebundenen Vorhänge bildeten.
    Karen war zu Hause. Er hatte sie von der Telefonzelle aus angerufen und eingehängt, als sie sich meldete, aus Angst, ihr Telefon könnte angezapft sein. In ihrer Einfahrt standen keine Autos, nirgendwo ein Hinweis auf Besucher.
    Vorsicht und Feigheit und Schuldgefühle hielten ihn am Waldrand fest. Seine Not trieb ihn schließlich weiter.
    Er lief durch den hinteren Garten zur Tür, die in die Garage führte, und ging hinein, wie schon so oft zuvor. Garretts Saab war von der Polizei beschlagnahmt und weggebracht worden. Karens Honda nahm nur einen kleinen Teil der Stellfläche ein. Hier also hatte Mitch Holt Garrett Wright verhaftet. Eine Sekunde lang glaubte Paul beinahe, die Geräusche des Handgemenges zu hören, Holts leise Stimme, als er Garrett festnahm.
    Paul kannte Garrett Wright kaum. Sie waren Nachbarn, aber nicht solche, die Sommerabende und Barbecue-Feste teilten. Wright hielt sich abseits, spielte den Überlegenen. Sein Leben war die Arbeit am College, und er betrachtete die Menschen um sich herum wie Versuchstiere, die man studierte und sezierte. Es war ein bitteres Vergnügen sich vorzustellen, daß er nun im Gefängnis saß. Wie überlegen war er jetzt?
    »Paul?«
    Karen stand hinter der Tür. Sie sah zerbrechlich und erschrocken aus. Feines aschblondes Haar umrahmte ihr Gesicht. Eine rosa Rose blühte auf ihrem übergroßen elfenbeinfarbenen Pullover. Weiblich. Zart. Alles, was er an einer Frau schätzte.
    »Paul, was machst du hier?«
    »Ich mußte dich einfach sehen«, sagte er und zog die Tür auf. »Kann ich reinkommen?«
    »Das solltest du nicht.« Aber sie wich trotzdem zurück in den Wäscheraum.
    »Ich mußte einfach sehen, wie es dir geht. Ich habe dich nicht gesehen, seit Garrett . . .«
    »Das war ein Irrtum.« Sie schüttelte den Kopf, sah ihn aber nicht direkt an. »Garrett hätte nie verhaftet werden dürfen. Er ist noch nie verhaftet worden.«
    »Er hat Josh entführt, Karen.«
    »Es ist ein Irrtum«, murmelte sie und drehte einen Finger in ihr Haar. »Er würde mir niemals . . . so weh tun.«
    »Er liebt dich nicht, Karen. Garrett liebt dich nicht. Ich liebe dich. Vergiß das nicht.«
    »Es gefällt mir nicht, was passiert ist.« Die Worte kamen als zittriges Jammern. »Ich glaube, du solltest gehen, Paul.«
    »Aber ich muß dich sehen«, sagte er hastig. »Du kannst dir nicht vorstellen, was ich durchgemacht habe, wie ich mir Sorgen um dich gemacht habe – nicht wußte, wie es dir geht, mich gefragt habe, ob die Polizei dich verhört hat. Ich war ganz krank vor Sorge.«
    Er hob die Hand und berührte ihre Wange. »Du hast mir gefehlt«, flüsterte er. Weich. Sie war so weich. Verlangen durchströmte ihn schmerzlich. Er brauchte Trost. Er verdiente Trost. »Jede Nacht habe ich wachgelegen, habe mir gewünscht, du wärst bei mir. Ich überlege, wie wir zusammensein können – wirklich zusammen. Jetzt kann es geschehen. Hannah und ich sind fertig miteinander. Garrett wird ins Gefängnis gehen.«
    »Ich glaube nicht«, murmelte sie.
    »Doch. Du liebst ihn doch sowieso nicht, Karen. Er kann dir nicht geben, was du brauchst. Du liebst mich. Sag, daß du mich liebst, Karen.« Sie holte zitternd Luft, Tränen sickerten durch ihre Wimpern. »Ich liebe dich, Paul.«
    Er beugte sich zu ihr, um sie zu küssen, aber sie wandte ihr Gesicht ab. Sie stieß ihn weg, ihre kleinen Hände vor seiner Brust gespreizt.
    »Karen?« flüsterte er, verwirrt, niedergeschmettert. »Ich brauche dich.«
    Sie schüttelte den Kopf, Tränen ergossen sich über ihre Wangen. Ihre Unterlippe zitterte. »Es tut mir so leid. Es war alles ein Irrtum.« Sie sank langsam vor dem Trockner auf den Boden, schlang die Arme um ihre Beine, legte ihre Wange auf die Knie und weinte leise, ». . . ein schrecklicher Irrtum.«
    Ich habe einen Fehler gemacht. Der Satz blinkte immer wieder in Denny Enbergs Kopf auf, wie ein Neonschild. An und aus, an und aus, in gnadenlosem Rhythmus wie bei der chinesischen Wasserfolter.
    »Du solltest glücklich sein, Denny«, murmelte er und goß sich noch einen Schluck Cuervo-Tequila ein. »Du bist draußen. Du bist vom Haken.«
    Er hatte eigentlich nie damit

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