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Defekt

Defekt

Titel: Defekt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patricia Cornwell
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heftiges Hin-und-Her-Schleudern des Kopfes die
Ursache ist. So wie es eindeutig im Bericht steht.“
    „Sie sind mir keine große Hilfe, Kay.“
    „Wenn Sie keinen Wert auf ein unvoreingenommenes Gutachten
legen, müssen Sie sich einen anderen Experten suchen.“
    „Es gibt keinen anderen Experten, der Ihnen das
Wasser reichen könnte. Was ist mit einem Vitamin-K-Mangel?“
    „Dazu brauchte man eine vor dem Tod abgenommene Blutprobe,
die auf ein durch Proteine ausgelöstes Vitamin-K-Defizit hinweist“, entgegnet
Scarpetta. „Doch meiner Ansicht nach fischen Sie im Trüben.“
    „Das Problem ist, dass wir eine solche Blutprobe
nicht haben. Das Kind war bei der Einlieferung ins Krankenhaus bereits tot.“
    „Das ist wirklich ein Problem.“
    „Dass das Baby durch Schütteln zu Tode kam, kann
nicht bewiesen werden. Es ist und bleibt unklar und unwahrscheinlich. Darauf
könnten wir uns doch wenigstens einigen.“
    „Für mich steht fest, dass eine Mutter ihren
vierzehnjährigen Sohn nicht damit beauftragen sollte, auf seinen neugeborenen
Bruder aufzupassen, wenn besagter Junge bereits zweimal wegen gewalttätiger
Übergriffe auf andere Kinder vor dem Jugendrichter stand und bekanntermaßen zu
aggressivem Verhalten neigt.“
    „Sie werden es also nicht bestätigen?“
    „Nein.“
    „Ich bitte Sie doch nur darum, anzumerken, dass es
keine eindeutigen Beweise dafür gibt, dass das Baby geschüttelt wurde.“
    „Allerdings deutet auch nichts auf das Gegenteil
hin. Ich kann in dem fraglichen Autopsiebericht keine Fehler feststellen.“
    „Die Akademie ist ja wirklich ein toller Laden“,
meint Dave und steht auf. „Erst macht ihr mir die Hölle heiß, dann werde ich
von Marino versetzt, und zu guter Letzt lassen Sie mich am ausgestreckten Arm
verhungern.“
    „Das mit Marino tut mir Leid“, erwidert Scarpetta.
    „Vielleicht sollten Sie ihn mal härter rannehmen.“
    „Leichter gesagt als getan.“
    Dave steckt sein Hemd mit den Blockstreifen in den
Hosenbund, rückt seine auffällig gemusterte Seidenkrawatte zurecht und
schlüpft in sein maßgeschneidertes Seidensakko. Dann verstaut er seine
Unterlagen in einem Aktenkoffer aus Krokodilleder.
    „Es wird gemunkelt, dass Sie sich mit dem Fall
Johnny Swift befassen“, sagt er und lässt die silbernen Schließen zuklappen.
    Scarpetta ist ein wenig verdutzt und fragt sich, wo
Dave das wohl aufgeschnappt haben könnte.
    „Für gewöhnlich gebe ich nicht viel auf Gerüchte,
Dave“, entgegnet sie jedoch nur.
    „Sein Bruder ist der Besitzer eines meiner
Lieblingsrestaurants in South Beach. Interessanterweise heißt es sogar Rumors
- Gerüchte“, erwidert er. „Sie wissen ja, dass Laurel ein paar Probleme hatte.“
    „Ich weiß praktisch nichts über ihn.“
    „Eine seiner Mitarbeiterinnen verbreitet die
Geschichte, dass Laurel Johnny aus finanziellen Gründen umgebracht hat, also
wegen des Geldes, das er nach Johnnys Tod vermutlich erben wird. Angeblich soll
Laurel einen aufwändigen Lebensstil pflegen.“
    „Klingt nach Hörensagen. Oder nach einem Menschen,
der ihm eins auswischen will.“ Dave geht zur Tür.
    „Ich habe nicht selbst mit ihr gesprochen. Immer,
wenn ich es versuche, ist sie nicht da. Ich persönlich halte Laurel übrigens
für einen netten Kerl. Mich wundert nur dieses zufällige Zusammentreffen: Ich
höre Gerüchte, und kurz darauf werden die Ermittlungen in Johnnys Fall wieder
aufgenommen.“
    „Mir war nicht bewusst, dass sie je abgeschlossen
gewesen wären“, gibt Scarpetta zurück.
     
    10
     
    Die Schneeflocken sind eiskalt und schmerzen wie
Nadelstiche. Gehwege und Straßen sind vereist. Es ist kaum jemand unterwegs.
    Einen Becher kochend heißen Milchkaffee in der Hand,
schreitet Lucy rasch aus und steuert auf das Motel Anchor Inn zu, wo sie sich
vor einigen Tagen unter falschem Namen ein Zimmer genommen hat, um ihren
gemieteten Hummer unterstellen zu können. Vor dem Häuschen wollte sie nicht
parken, denn sie hat noch nie viel davon gehalten, fremden Leuten mitzuteilen,
was für einen Wagen sie fährt. Sie biegt in eine schmale Einfahrt ein, die zu
dem kleinen Parkplatz am Wasser führt, wo ihr zugeschneiter Hummer steht.
Nachdem sie die Türen entriegelt hat, startet sie Motor und Gebläse. Wegen der
weißen Schicht auf den Fensterscheiben fühlt sie sich im Wagen wie in einem
Iglu.
    Gerade ruft sie einen ihrer Piloten an, als
plötzlich eine behandschuhte Hand erscheint und beginnt, den Schnee vom

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