Defekt
euch?“, fragt
Scarpetta am Telefon.
Dr. Lane drückt auf den Knopf der Gegensprechanlage.
„Ist alles in Ordnung?“, fragt sie den neuen BESTIE-Probanden.
Der Mann behauptet, normal zu sein. Vermutlich ist
er es nicht. Er ahnt nicht, dass es hier darum geht, sein Gehirn mit dem eines
Mörders zu vergleichen.
„Ich weiß nicht“, antwortet der Normale mit zitternder
Stimme.
„So einigermaßen“, sagt Benton zu Scarpetta.
„Hoffentlich verschiebt sich dein Flug nicht wieder. Morgen Abend soll es
nämlich ganz schlimm werden ...“
BWAWWH ... BWAWWH ... BWAWH ... BWAWH ...
„Ich kann kein Wort verstehen, verdammt“, schimpft
er.
Der Empfang ist miserabel. Manchmal läutet sein
Mobiltelefon hier drinnen nicht einmal, und außerdem ist er zerstreut,
entnervt und müde. Die Untersuchung klappt nicht richtig, und überhaupt ist
heute alles wie verhext. Dr. Lane ist niedergeschlagen, und Josh sitzt
gelangweilt vor seinem Bildschirm.
„Ich verspreche mir nicht viel davon“, meint Dr.
Lane zu Benton, und Hoffnungslosigkeit malt sich in ihrem Gesicht. „Nicht
einmal mit Ohrstöpseln.“
Zwei ganz normale Testpersonen haben heute die Computertomographie
verweigert, weil sie an Klaustrophobie leiden, was sie leider beim
Aufnahmegespräch zu erwähnen vergessen hatten. Und nun beschwert sich Proband
Nummer drei über den Lärm, der seiner Ansicht nach klingt, als spiele jemand in
der Hölle Bassgitarre. Wenigstens ist er sprachlich kreativ.
„Ich rufe vor dem Abflug noch einmal an“, sagt
Scarpetta am Telefon. „Die Anzeige sieht so gut aus wie alle anderen.“
„Danke für die Begeisterung. Wir brauchen viele
Kandidaten, denn die Absprungrate ist gewaltig. Offenbar liegt hier etwas in
der Luft, das Ängste auslöst. Außerdem leidet eine von dreien der so genannten
normalen Testpersonen an verzerrter Selbstwahrnehmung.“
„Ich weiß auch nicht mehr so genau, was eigentlich
normal ist.“
Benton hält sich ein Ohr zu, geht lauschend hin und
her und versucht, einen besseren Empfang zu bekommen. „Ich fürchte, wir haben
hier einen wichtigen Fall, Kay. Ich werde viel zu tun haben.“
„Wie fühlen Sie sich?“, fragt Dr. Lane durch die
Gegensprechanlage.
„Gar nicht gut“, erwidert die Stimme der Testperson.
„Das passiert immer, wenn wir uns treffen wollen“,
übertönt Scarpetta das Geräusch, das inzwischen an rasche Hammerschläge auf
Holz erinnert. „Ich helfe dir, so gut ich kann.“
„Ich dreh wirklich gleich durch“, ertönt die Stimme
der normalen Testperson.
„So geht das nicht.“ Durch das Plexiglas betrachtet
Benton den Normalen in der Magnetröhre.
Er bewegt den mit Klebeband fixierten Kopf.
„Susan?“ Benton sieht sie an.
„Ich weiß“, erwidert Dr. Lane. „Ich muss ihn neu
fixieren.“
„Viel Glück. Ich glaube, er hat keine Lust mehr“,
sagt Benton.
„Er hat den Anhaltspunkt verändert“, fügt Josh hinzu
und hebt den Kopf.
„Okay“, wendet sich Dr. Lane an die normale
Testperson. „Wir hören auf. Ich komme jetzt und hole Sie raus.“
„Tut mir Leid, aber ich packe das einfach nicht“,
ertönt die verzweifelte Stimme des Probanden.
„Und wieder einer weniger“, meint Benton am Telefon
zu Scarpetta. Dabei beobachtet er, wie Dr. Lane den MRT-Raum öffnet und
hineingeht, um das Objekt des jüngsten gescheiterten Experiments zu befreien.
„Zwei Stunden habe ich damit zugebracht, diesen Burschen zu testen, und jetzt
kann ich ihn vergessen. Er ist draußen. Josh?“, sagt Benton. „Jemand soll ihm
ein Taxi rufen.“
Schwarzes Leder knirscht, als Marino es sich in
seinen Harley-Sachen bequem macht, sich demonstrativ locker und lässig im
Sessel zurücklehnt und die Beine spreizt.
„Was für eine Anzeige?“, fragt er, nachdem Scarpetta
aufgelegt hat.
„Eben so eine Untersuchung, die er oben durchführt.“
„Hä? Und worum geht es?“ Marino klingt, als traue er
dem Braten nicht.
„Ein neuropsychologisches Forschungsprojekt. Wie
verschiedene Menschentypen unterschiedliche Informationen verarbeiten und so
weiter.“
„Aha. Das ist doch nur eine Ausrede. Wahrscheinlich
würde ein Reporter, der zufällig dort anruft, dieselbe Antwort kriegen. Und
anschließend ist man so schlau wie zuvor. Weshalb wolltest du mich eigentlich
sprechen?“
„Hast du meine Nachrichten denn nicht erhalten? Seit
Sonntagabend habe ich dir vier hinterlassen.“
„Doch, habe ich.“
„Es wäre nett gewesen, wenn du darauf reagiert
hättest.“
„Du hast
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