Deichgrab
Lastschriften und Daueraufträge und du hast nichts Besseres zu tun, als dich in der Gegend herumzutreiben!«
Meike schlug sich die Hände vor’s Gesicht, rannte weinend aus der Küche.
»Und was mit deiner Frau ist, interessiert dich auch nicht mehr!«
Broder kochte vor Wut, starrte Frank wütend an. Der war unter dem Wutausbruch seines Vaters leicht zusammengesackt. Doch plötzlich sprang er auf. Trotzig blickte er auf Broder hinunter, der mit seinem Gehstock noch immer am Küchentisch stand.
»Was ich mache, geht dich rein gar nichts an«, fauchte er. »Nicht, was ich mit dem Geld mache, und schon gar nicht, was ich mit Meike mache. Das ist meine Angelegenheit und du hältst dich da gefälligst raus!«
Broder war einen Schritt zurückgetreten. Er musste aufblicken, um Frank ins Gesicht zu sehen.
»Das ist immer noch mein Hof! Jahrelang habe ich mir den Buckel krumm geschuftet und ich werde nicht zulassen, dass du das alles ruinierst!«
»Schau dich doch an«, Frank blickte herablassend auf Broder, »kannst ihn ja nicht mal mehr alleine führen, deinen Hof. Alt und krank bist du. Und komm mir jetzt bloß nicht wieder mit der alten Geschichte. Die zieht nicht mehr. Ich bin nicht schuld, dass du ein Krüppel bist! Ich war damals fünf Jahre alt. Du hast mir schließlich die Schrotflinte gegeben!«
Frank hatte damals mit der Flinte Sheriff gespielt, nicht gewusst, dass sie geladen war. Als sein Vater als vermeintlicher Indianer um die Ecke der Scheune gekommen war, hatte er einfach abgedrückt. Seitdem rieb Broder es ihm bei jeder Gelegenheit unter die Nase. Seitdem er fünf Jahre alt war. Wenn er es ihm nicht direkt vorhielt, humpelte er stöhnend vor seinen Augen herum. Frank konnte es einfach nicht mehr ertragen. Zu lange schon hatte sein Vater ihn für etwas verantwortlich gemacht, woran er eigentlich nicht wirklich schuld war. Broder sah das anders. Mit fünf Jahren musste man einfach wissen, dass man nicht mit einer Schrotflinte auf seinen Vater zielt. Egal ob, sie geladen war oder nicht. Man richtete einfach kein Gewehr auf den eigenen Vater.
Broder verließ die Küche, demonstrativ das rechte Bein nachziehend. An der Tür drehte er sich noch einmal um. »Es ist schade, aber seit damals hast du nichts dazu gelernt.«
Mir gefällt es nicht, dass er hier ist. Es macht mich nervös. Warum? Das weiß ich selbst nicht so genau. Aber es macht mich nervös. Er macht mich nervös.
Nachts kann ich nicht mehr schlafen, wälze mich unruhig in meinem Bett hin und her, zähle die Stunden bis zum Morgen. Dabei versuche ich mir immer wieder einzureden, dass es richtig war. Dass ich das Recht dazu hatte.
Trotzdem verspüre ich diese innere Unruhe. Und sie wird größer, vor allem seit ich weiß, dass er die Leute aushorcht, herumschnüffelt.
Und manchmal höre ich diese Stimmen. Ich weiß nicht, ob ich sie mir nur einbilde. Wahrscheinlich. Aber sie sind da. In meinem Kopf. Murmeln ununterbrochen. Wollen mir einreden, dass es falsch war, dass es ein u nrecht war, was ich getan habe. Aber ich habe kein schlechtes Gewissen, ich nicht!
Tom überlegte, ob er das Haus überhaupt wieder aufräumen sollte. Wahrscheinlich war es sinnvoller, gleich einen Container zu bestellen und den ganzen Krempel zu entsorgen. So hätte der Einbruch auch etwas Gutes gehabt.
Im Durcheinander des Flures suchte er nach dem Telefonbuch. Die Entsorgungsfirma hatte eine große Anzeige auf der ersten Seite, so brauchte er gar nicht lange herumblättern. Man versprach ihm noch am Nachmittag einen Container zu liefern.
Tom machte sich Brote und setzte sich in den Garten. Die Sonne schien und es war angenehm warm. Er schloss die Augen. Die Kopfschmerzen hatten ein wenig nachgelassen. Immer noch schwirrte die Frage nach dem wer und warum in seinem Kopf umher. Was hatte der Einbrecher gesucht? Geld? Schmuck? Irgendwelche geheimen Dokumente? Aber was sollten das für Unterlagen gewesen sein? Onkel Hannes war doch ein einfacher Mensch gewesen. Was sollte er für Geheimnisse gehütet haben? Obwohl, wenn Tom so recht überlegte, die Sache mit Britta hatte er ihm gegenüber auch nie erwähnt. Überhaupt war sein Onkel sowieso eher ein verschwiegener Typ gewesen.
›Wer weiß, vielleicht hat er am Ende sogar für den Geheimdienst gearbeitet oder so‹, dachte er und musste unweigerlich schmunzeln.
Es klingelte. Tom war überrascht, wie schnell die Entsorgungsfirma seinen Auftrag bearbeitet hatte.
›Die sind ja schneller als die
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