Deichgrab
lag.
Haie nickte.
»Aber Bauland kann es eigentlich nicht sein.«
»Warum nicht?«
»Weil es direkt zwischen zwei Fennen von Broder liegt. Wenn das hier Bauland werden soll, müsste Broder zustimmen. Und der würde lieber krepieren, als irgendjemand auf seinem Grund und Boden bauen zu lassen.«
»Woher weißt du, dass die Fennen Broder Petersen gehören? Ich dachte sein Landbesitz erstreckt sich nur auf den Koog.«
»Er hat das Land von Ingwer Detlefsen gekauft.«
32
Nachdem Klaus zweimal an die Tür geklopft hatte, betrat er das Zimmer. Broder lag in dem großen Krankenbett und schlief. Das Piepsen des Überwachsungsmonitors ertönte gleichmäßig und monoton.
Er trat an das Bett und betrachtete seinen Freund. Das Gesicht war blass, dunkle Ringe zeichneten sich unter den Augen ab. Er hatte Broder einiges zu verdanken. Sie waren durch dick und dünn zusammen gegangen. Broder hatte immer zu ihm gehalten und er zu ihm. Wenn auch nicht immer ganz uneigennützig. Er hatte Angst, dass dieser Teil aus seinem Leben verschwinden könnte. Behutsam legte er seine Hand auf den Arm seines Freundes.
»Was wollen Sie? Ich habe die Unterlagen nicht!«
Broder wälzte sich ruhelos im Bett hin und her, riss die Augen auf und schaute ihn mit wirrem Blick an. Das Piepsen des Monitors setzte kurz aus.
»Ich bins doch nur!«
Broder atmete erleichtert auf, als er seinen Freund erkannte. Er versuchte, sich in dem Bett aufzusetzten, Klaus rückte ihm umständlich das Kopfkissen zurecht.
»War er etwa hier?«
Broder nickte kraftlos.
»Was wollte er?«
»Was soll er schon gewollt haben? Die Unterlagen natürlich!«
Klaus begann zu schwitzen.
»Und was hast du ihm gesagt?«
»Was soll ich ihm schon gesagt haben?«
»Und was sollen wir jetzt machen?«
Für Klaus war diese Frage selbstverständlich. Broder hatte immer alles geregelt, gesagt, wo es langging. Er war lediglich sein Handlanger gewesen. Aber das hatte er niemals so empfunden. Schließlich hatte Broder einen gut bei ihm gehabt. Er hatte Erna nichts von Klaus’ Abenteuern in Flensburg erzählt. Er war sich nicht sicher, ob sein Freund Erna überhaupt davon erzählt hätte, aber aus Angst davor hatte er immer alles getan, was Broder von ihm verlangt hatte.
»Ich habe ihm gesagt, dass wir das regeln.«
»Aber wie denn?«
»Mir wird schon irgendetwas einfallen.«
»Und wenn nicht?«
»Legt er mich eben um.«
Klaus blickte erschrocken auf.
»Hat er dir etwa gedroht?«
»Ja, aber das ist ja nichts Neues.«
»Wieso?«
»Er war vor einigen Tagen schon einmal bei mir auf dem Hof.«
Tom konnte Haie nicht davon überzeugen nach Hause zu gehen, um noch einmal mit seiner Frau zu sprechen. Natürlich konnte er das verstehen, aber vielleicht hätten sie von Elke noch mehr Einzelheiten über die Gerichtsverhandlung erfahren können. Aber Haie blieb stur. Er wollte sie nicht sehen. Und er wollte erst recht nicht mit ihr sprechen.
»Ich kann doch nicht nach Hause gehen und so tun, als sei nichts gewesen.«
Er half das Haus weiter zu entrümpeln. Bis zum Mittag hatten sie eine Menge geschafft, lediglich eine Matratze, das Sofa, die Kücheneinrichtung und die Dinge, die Tom aufheben wollte, befanden sich noch im Haus. Der Container war beinahe voll.
»Wir haben uns eine Pause verdient.«
Sie fuhren zum Strandhotel im Hafen.
»Morgen fahren wir erst einmal nach Flensburg und finden heraus, was in diesem verdammten Schließfach liegt.«
Haie zuckte mit den Schultern. Sein Bedarf an unangenehmen Überraschungen war erst einmal gedeckt. Zu tief war er verletzt von dem, was er durch seine neugierigen Fragen hatte erfahren müssen. Wer wusste, auf was sie noch stoßen würden? Lustlos stocherte er in seinem Essen herum.
»Hat sie dir denn gesagt, von wem das Kind gewesen ist?«
Er blickte abrupt auf. Darüber hatte er sich gar keine Gedanken gemacht. Elke hatte ihn betrogen. Allein diese Tatsache hatte in seinem Kopf keinen Platz mehr gelassen für die Frage, mit wem. Und was spielte das jetzt auch noch für eine Rolle? Er schüttelte seinen Kopf.
»Nein, und es würde auch nichts ändern, wenn ich es wüsste, oder?«
Da musste Tom ihm leider recht geben. Wenn man jemanden wirklich liebte, spielte das ›Wer, Wann und Warum‹ überhaupt keine Rolle. Betrogen war betrogen. Das Wissen um die Umstände änderte rein gar nichts.
Er zahlte und sie liefen ein Stück den Deich entlang. Die Sonne schien, und in den Strandkörben lagen einige Leute und genossen das
Weitere Kostenlose Bücher