Deichgrab
noch nicht mal.«
Tom parkte den Wagen vor dem Haus. In seiner Erinnerung tauchte das Bild von seinem Onkel auf, der vor der Haustür stand und auf ihn wartete. Er schüttelte seinen Kopf.
»Auf keinen Fall ist eine der Personen auf den Fotos Onkel Hannes. Auch vor über dreißig Jahren hatte er einfach eine ganz andere Statur. Außerdem, wer bewahrt Beweismittel auf, durch die seine eigene Schuld ganz eindeutig nachgewiesen werden kann? So blöd ist doch keiner.«
Haie stöhnte leise. Ihm brummte schon der Kopf von der vielen Grübelei.
»Vielleicht, aber ich hab einfach keinen Schimmer, wer sonst noch als Komplize in Frage kommen könnte. Wir sollten uns einfach mal einen Plan machen, welche Informationen wir bereits haben und woher wir weitere bekommen. Zum Beispiel die Flurkarte. Das Katasteramt kann uns doch bestimmt sagen, wo sich die markierten Stellen befinden. Und das Nummernschild. Vielleicht gibt es bei der Polizei eine Kartei, in der alte Nummernschilder verzeichnet sind und anhand der man den damaligen Halter ermitteln kann.«
Er stieg aus dem Wagen.
»Aber sei mir nicht böse. Ich muss erst mal an die frische Luft. Klare Gedanken schnappen.«
Er warf die Autotür zu und stapfte in Richtung Wehle.
Tom blieb einen Moment allein im Wagen sitzen. Haie hatte recht. Das Katasteramt konnte feststellen, welche Stellen in der Flurkarte markiert waren und wo sie sich befanden. Er blickte auf seine Uhr. Es war kurz nach eins. Er startete den Wagen und fuhr in die Stadt.
Das Amt lag direkt neben der Polizeiwache. Er parkte auf dem kleinen Parkplatz direkt vor dem Gebäude und folgte den Hinweisschildern. Die Eingangstür war offen, obwohl auf einem Schild neben der Tür die Öffnungszeiten am Nachmittag zwischen 14.00 und 15.30 Uhr angegeben waren. Während er orientierungslos durch die Gänge irrte, überlegte er, unter welchem Vorwand er eine Auskunft über die Flurkarte in seiner Dokumententasche verlangen könnte. Er erinnerte sich, während seiner Schulzeit schon einmal vom Katasteramt Auskünfte für die Erstellung einer Chronik bekommen zu haben. Die Mitarbeiter des Amtes waren sehr hilfsbereit gewesen. Vielleicht sollte er einfach behaupten, er erstelle eine Art Chronik.
Im ersten Stock begegnete er einer jungen Frau mit Brille.
»Entschuldigen Sie bitte. Wo kann ich denn bitte Auskünfte zu einer Flurkarte erhalten?«
Die Frau blickte demonstrativ auf ihre Armbanduhr. Es war erst kurz nach halb zwei. Er rechnete schon mit einem Verweis auf die Öffnungszeiten, als sie ihn leicht entnervt anblickte.
»Versuchen Sie es in Zimmer 176 bei Herrn Michaelsen. Der arbeitet meistens die Mittagspause durch.«
Tom klopfte vorsichtig an der dunklen Holztür. Er war überrascht, als er gleich darauf ein freundliches: »Ja bitte« vernahm. Er öffnete die Tür. Der Raum dahinter war hell und geräumig. Hinter einem großen Schreibtisch saß ein schmächtiger Mann mit Schnauzbart.
»Ich bräuchte ein paar Auskünfte von Ihnen. Ich möchte eine Art Familienchronik erstellen und habe hier eine Flurkarte, mit der ich jedoch nichts anfangen kann.«
Er holte die Karte aus seiner Tasche und reichte sie dem Mann. Der blickte interessiert auf die Karte.
»Mein Onkel hat auf der Karte einige Stellen markiert. Ich gehe davon aus, dass dies wichtige Orte für ihn waren und würde gerne wissen, wo sich dieser Ausschnitt auf der Karte befindet.«
»Hm«, machte der Mitarbeiter des Katasteramtes und kratzte sich hinter seinem linken Ohr.
»Für eine Chronik sagen Sie.«
Tom nickte eifrig.
»Aber es ist eher etwas Privates, oder?«
»Es ist wichtig für mich. Wissen Sie, mein Onkel wird demnächst achtzig. Ich habe ein sehr inniges Verhältnis zu ihm und würde ihm so gern die Freude machen, Bilder von den wichtigsten Orten in seinem Leben zusammenzustellen. Leider ist er bettlägerig, sonst könnte ich ja mit ihm dorthin fahren. Aber ich denke, es wäre sehr wichtig für ihn, diese Orte noch einmal zu sehen. Auch wenn es nur auf einem Foto wäre.«
»Ich denke, da kann ich in diesem Fall einmal eine Ausnahme machen. Wir dürfen normalerweise keine privaten Auskünfte erteilen, es sei denn, sie wollen das Land eventuell kaufen und haben deshalb ein berechtigtes Interesse daran.«
Es war mehr eine Feststellung, als eine Frage, die der Mann äußerte und er verstand sofort, was man ihm damit andeuten wollte.
»Ja, ich denke darüber nach, das Land zu kaufen.«
»Gut, dann füllen Sie bitte diesen Antrag
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