Deichgrab
denen muss es etwas auf sich haben.«
Nach einer Weile schob Tom die Unterlagen zusammen und steckte sie zurück in die Dokumententasche.
»Fassen wir doch einfach einmal zusammen. Onkel Hannes hatte jede Menge Geld. Wir haben Listen mit Registriernummern von Giftfässern, fragliche Fotos und eine Flurkarte mit mehreren Markierungen.«
»Also wenn ich eins und eins zusammenzähle«, schlussfolgerte Haie, »hat hier irgendjemand Giftfässer entsorgt und eine Menge Geld dafür kassiert.«
»Aber wieso hat Hannes die Unterlagen aufbewahrt, wenn dadurch doch seine Schuld erwiesen wäre?«
»Ist ja nicht gesagt, dass er die Fässer entsorgt hat. Guck dir doch die Fotos an, könnte wirklich jeder sein.«
»Aber woher hatte er das viele Geld?«
Haie kippte das zweite Glas Cognac in einem Schluck hinunter.
»Vielleicht gespart?«
»Mensch, hier in der Tasche befinden sich mindestens 200.000 DM. Wie soll mein Onkel die denn gespart haben?«
Haie zuckte mit den Schultern.
»Aber selbst wenn Hannes irgendetwas mit den Fässern zu tun gehabt hat, erklärt das immer noch nicht, was mit Britta passiert ist. Es beweist vielleicht, dass er kriminell war, vielleicht hat er Britta ja doch ...«
Tom schüttelte energisch den Kopf.
»So dumm kann doch keiner sein. Beweismittel aufbewahren. Oder glaubst du etwa, wenn er Britta umgebracht hat, hätte er noch jemanden zu Elke geschickt und sie zu einer Aussage gezwungen? Und wie hätte er überhaupt von der Abtreibung wissen können? Nicht einmal du hast davon gewusst.«
Er hatte sich in Rage geredet, als er den traurigen Ausdruck in Haies Augen sah, tat es ihm leid, so heftig reagiert zu haben.
»Entschuldige bitte.«
»Hast doch recht. Wahrscheinlich war alles ganz anders.«
Auf dem Nachhauseweg sprachen sie wenig. Jeder hing seinen Gedanken nach. Haie dachte an Elke und daran, dass seine Ehe jahrelang nichts als eine Lüge gewesen war. Mehr noch als die Tatsache, dass sie ihn belogen und betrogen hatte, schmerzte ihn jedoch, niemals auch nur irgendetwas davon bemerkt zu haben. Wie hatte er nur so blind sein können?
Tom grübelte über die Dokumente aus dem Schließfach. Er fragte sich, inwieweit sein Onkel in diese Sache verwickelt gewesen war. Ganz unbeteiligt konnte er wohl kaum gewesen sein. Woher hatte er ansonsten das viele Geld? Aber welche Rolle hatte er gespielt? Die Bilder zeigten noch zwei weitere Personen, die daran beteiligt gewesen sein mussten. War einer von ihnen unter Umständen sogar der Einbrecher von neulich Nacht? Vielleicht hatte er genau nach diesen Unterlagen gesucht. Tom hielt das für sehr wahrscheinlich.
»Haben eigentlich noch weitere Leute aus dem Dorf in der Papierfabrik gearbeitet?«
»Nicht wirklich. Ich glaube, der Arne Feddersen hat mal ein Praktikum in der Fabrik gemacht. Aber der ist kurz darauf nach Mannheim zum Studieren gegangen.«
»Du hast mal erwähnt, der Crutschinow habe etwas mit der Fabrik zu tun gehabt.«
»Stimmt, aber nie offiziell und außerdem war der ja die meiste Zeit in Russland. Der hätte sich auch nie an solch einer Sache die Finger schmutzig gemacht. Der ist viel zu glatt.«
»Hab ich damit ja auch gar nicht gemeint. Vielleicht war er nur der Auftraggeber.«
»Und Hannes sein Handlanger?«
»Vielleicht, würde zumindest das viele Geld erklären.«
Haie überlegte, ob eine Verbindung zwischen Hannes, Crutschinow und der Papierfabrik bestanden haben könnte. Beiden hatten sich scheinbar recht gut gekannt. Jedenfalls dem Foto aus dem Album nach zu urteilen. Aber wieso sollte er ausgerechnet dieses Foto aufbewahrt haben, wenn die beiden gemeinsame Sache gemacht hatten? Vermutlich hätte Hannes doch alles verschwinden lassen, was auf eine Verbindung zwischen den beiden hingedeutet hätte. Und wer war der dritte Mann gewesen?
»War Crutschinow eigentlich im Dorf als Britta verschwand?«
Haie schüttelte den Kopf.
»Der ist erst kurz danach wieder zu Besuch gekommen. Angeblich Urlaub. Ist auch wieder abgereist, noch bevor die Gerichtsverhandlung beendet war und es zum Freispruch kam.«
»Weißt du, ob er sonst noch Kontakt zu irgendjemand im Dorf hatte? Ich meine, wenn er der Auftraggeber gewesen ist, muss es einen weiteren Komplizen gegeben haben. Oder sogar zwei, denn mit ziemlicher Sicherheit ist keine der Personen auf den Fotos mein Onkel. Der hatte eine ganz andere Figur.«
»Du darfst nicht vergessen, die Fotos sind wahrscheinlich vor über dreißig Jahren aufgenommen worden. Da kanntest du Hannes ja
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