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Deichgrab

Deichgrab

Titel: Deichgrab Kostenlos Bücher Online Lesen
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keiner auf dem Hof?«
    Der Knecht schüttelte den Kopf.
    »Nee. Der alte Petersen liegt im Krankenhaus. Schlaganfall oder so. Und der Frank ist schon seit heute Mittag weg.«
    Enttäuscht winkte Haie ab.
    »Alles klar. Dann mal frohes Schaffen!«
    »Danke.« Der Mann wandte sich wieder den Schweinen zu.
    Sie gingen den schmalen Gang zwischen Stallmauer und Gatter hintereinander entlang. Als sie wieder an der frischen Luft waren, atmete Tom tief durch.
    »Mann, den Gestank könnte ich aber auch nicht den ganzen Tag ertragen.«
    »Ach, da gewöhnt man sich dran.«
    »So, das war wohl nichts«, bemerkte Haie, als sie wieder im Wagen saßen, »aber wo wir schon mal hier sind, könnten wir ja eigentlich mal einen Abstecher in den Blomenkoog machen. Bieg mal an der Straße links ab.«
    Nach einer Weile passierten sie den alten Außendeich.
    »So, hier fängt der Blomenkoog an.«
    Er hielt am Straßenrand. Sie stiegen aus. Sein Blick schweifte über die weite Fläche des Kooges, während Haie westwärts schaute.
    »Es gibt eine alte Sage«, begann Haie unvermittelt.
    »Hier, wo der Außendeich von seiner geraden Richtung ablässt und ein halbmondförmiges Stück außen vor liegen ließ, soll sich nachts eine Spinnerin, die immer so eifrig gesponnen hat, dass sie niemals von ihrer Arbeit aufsah, gezeigt haben. Wer sie sah, dem geschah ein Unglück. In der Nähe von St. Peter gab es eine ähnliche Sage. Da hieß die Spinnerin Maleen.«
    Tom schluckte. Wollte sein Freund damit etwa auf sein Treffen mit Marlene anspielen? Er hatte selbst ein schlechtes Gewissen Monika gegenüber. Aber irgendwie konnte er nicht anders. Er musste Marlene wiedersehen. Und was Monika betraf, da würde es sicher einiges bei seiner Rückkehr zu klären geben. Aber den Vergleich zwischen einer alten Sage und seiner Verabredung mit Marlene fand er übertrieben. Es würde wohl kaum ein Unglück geben, nur weil er sich mit einer anderen Frau traf.
    »Welche Felder gehören denn nun Broder Petersen?«
    Haie zeigte mit ausgestrecktem Arm in nördliche Richtung.
    »Wahrscheinlich fast alle, aber das Brachland dahinten auf jeden Fall.«
    »Woher weißt du das so genau?«
    »Vor einiger Zeit habe ich in der Kneipe mitbekommen, wie sich einige Bauern darüber geärgert haben, dass Broder ihnen das Brachland hier im Blomenkoog nicht verkaufen will. Er nutze den fruchtbaren Boden nicht, aber ihnen würde er den Ertrag auch nicht gönnen, haben sie sich lautstark beschwert.«
    Tom blickte auf die vielen Felder, die satt und grün vor ihnen lagen.
    »Nicht mal als Weideland nutzt er es«, bemerkte Haie.
    Sie stiegen wieder in den Wagen und fuhren die schmale Straße entlang durch den Koog.
    »Ich frage mich, warum Onkel Hannes einige Stellen hier im Koog markiert hat.«
    Haie zuckte mit den Schultern.
    »Vielleicht wollte er auch hier Land von Broder kaufen.«
    »Aber warum sollte er das gewollt haben? Hier handelt es sich ja nun ganz offensichtlich nicht um Bauland. Und wir wissen auch nicht, ob er das andere Stück Land überhaupt gekauft hat. Es muss einen anderen Grund gegeben haben.«

38
    Hanna war nach dem Mittagessen nach Hause gegangen. Frieda hatte nicht vorgehabt, ins Pflegeheim zu gehen. Sie hatte sich zunächst hingelegt, war dann aber aufgestanden, hatte ihren Mantel angezogen und die Wohnung verlassen. Sie konnte Lorentz doch nicht im Stich lassen. ›Er braucht mich doch‹, hatte sie sich gesagt.
    Als sie die Tür zu seinem Zimmer öffnete, stellte sie überrascht fest, dass er nicht alleine war. Marlies Johannsen saß an seinem Bett und streichelte behutsam seine Hand. Als sie Frieda bemerkte, zog sie ruckartig ihre Hand zurück.
    »Hallo Frieda«, begrüßte Marlies sie verlegen, »da bist du endlich. Lorentz hat schon nach dir gefragt.«
    Auch ohne in Marlies’ Augen zu blicken, erkannte sie die Lüge.
    »Ich muss leider auch schon weiter. Wollte nur mal kurz sehen, wie es ihm geht. Du weißt ja, meine Schwester ist jetzt auch hier. Sie wartet bestimmt schon.«
    Frieda, die immer noch in der Tür stand, trat einen Schritt zur Seite. Sie versuchte zu lächeln.
    »Er hat sich bestimmt über deinen Besuch gefreut!«
    In Gedanken fügte sie hinzu: ›Aber lass dich nicht noch einmal hier blicken!‹
    Ohne ein weiteres Wort verließ Marlies den Raum.
    Sie trat an das Bett und blickte auf ihren Mann hinunter. Er schien zu schlafen. Seine Augen waren geschlossen, sein Gesicht wirkte entspannt. Er atmete ganz ruhig ein und aus. Sie setzte sich auf den

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