Deichgrab
alles in Ruhe besprechen.«
Sie setzten sich in die Küche.
»Nun schieß schon los!«
»Also, ich habe Klaus Nissen einmal in der Papierfabrik getroffen.«
»Und?«
»Na ja, der hatte doch eigentlich nichts mit der Fabrik zu tun. Er arbeitete ja zu der Zeit noch in der Getreidemühle. Als ich ihn fragte, was er in der Fabrik mache, hat er geantwortet, er habe sich auf eine Stellenanzeige beworben.«
»Ist ja nicht so ungewöhnlich.«
Er verstand nicht, worauf Haie hinauswollte.
»Nein, ist nicht ungewöhnlich. Aber ich wollte ein gutes Wort für ihn bei der Personalchefin einlegen. Die wusste jedoch nichts über eine Bewerbung von einem Klaus Nissen.«
»Also hatte er dich angelogen.«
»Hm, fragt sich nur warum?«
»Ich war übrigens beim Katasteramt.«
»Und?«
»Also, die Flurkarten, die wir im Schließfach gefunden haben, zeigen Ausschnitte aus dem Blomenkoog und dreimal darfst du raten, wem das Land gehört.«
»Broder Petersen.«
»Genau, aber die markierten Stellen auf der Karte kennzeichnen seltsamerweise weder eine Grenze, noch irgendwelche Sielzüge oder ähnliches. Sie scheinen völlig willkürlich eingezeichnet zu sein.«
»Merkwürdig.«
»Allerdings, aber jetzt kommt’s. Das Grundstück hinter dem Haus gehörte tatsächlich Hannes, aber bis 1962 war Broder Petersen der Eigentümer.«
»Hat Hannes es von Broder gekauft?«
»Darüber war nichts verzeichnet, nur die Umschreibung von 1962.«
»Ist es denn als Bauland deklariert?«
Tom schüttelte den Kopf.
»Onkel Hannes hatte zwar einen entsprechenden Antrag gestellt, der ist aber abgelehnt worden.«
Er stand auf und goss Kaffee ein.
»Hast du vielleicht etwas Süßes?«
»Nur ein paar Pralinen. Die sind noch von Hannes.«
»Macht nichts. Ich habe so einen Schmacht auf etwas Süßes. Hauptsache sie sind noch nicht abgelaufen.«
Tom holte die Pralinenschachtel aus dem Schrank und stellte sie auf den Tisch. Gierig griff Haie nach den kleinen runden Schokoladenpralinen.
»Mhm, köstlich. Die sind wirklich gut. Möchtest du auch?«
Er schüttelte den Kopf.
»Wenn ich nur wüsste, wie das alles zusammenpasst«, murmelte er vor sich hin.
Haie steckte sich eine Praline nach der anderen in den Mund.
»Vielleicht sollten wir einfach Broder Petersen einen Besuch abstatten.«
»Keine schlechte Idee.«
Er wollte gerade vom Tisch aufstehen, als sein Handy klingelte. Es war Marlene.
»Hallo Tom, ich wollte fragen, ob du heute Abend Zeit hast. Ich bin zufällig in Niebüll und dachte, wir könnten uns treffen.«
»Heute Abend?«
Er schaute Haie fragend über den Tisch hinweg an. Der nickte ihm kaum merklich zu.
»Ja, gerne.«
Sie nannte ihm den Namen eines kleinen Restaurants und fragte ihn, ob ihm acht Uhr recht wäre.
»Acht Uhr ist wunderbar. Ich freue mich.«
Versonnen blickte er eine Zeit lang auf das Display seines Handys, bis ihn ein Räuspern aus seinen Gedanken riss.
»Wollten wir nicht zu Broder Petersen fahren?«
»Klar, geht schon los.«
Der Hof lag einsam und verlassen vor ihnen, als sie die breite Auffahrt hinauffuhren.
Aus den Ställen war der Lärm der Schweine zu hören, ansonsten war es ruhig. Haie ging die wenigen Treppen zur Haustür hinauf und drückte den Klingelknopf. Sie hörten ein schrilles Läuten im Inneren des Hauses. Nach dem dritten Klingeln sagte Tom:
»Komm, es ist wohl keiner zu Hause.«
Er ging zurück zum Wagen, aber Haie ging hinüber zu den Ställen.
»Es ist Fütterungszeit, da muss jemand hier sein.«
Er verschwand hinter einer Schiebetür. Tom war sich unschlüssig, ob er Haie folgen sollte. Es war ihm unangenehm, auf fremdem Grund und Boden herumzuschnüffeln. Die Leute hier waren eh nicht besonders gut auf ihn zu sprechen. Man würde nicht begeistert sein, wenn man ihn hier erwischen würde. Trotzdem ging er ebenfalls hinüber zum Stall und zwängte sich an der Schiebetür vorbei ins Innere. Seine Augen brauchten einen kurzen Moment, um sich an das schummrige Licht zu gewöhnen. Es roch nach Schweinedung.
Haie hatte recht. Es war Fütterungszeit und im hinteren Bereich sah er den Knecht mit einer Schubkarre voll Schweinefutter. Haie stand hinter einem Gatter und versuchte, durch lautes Rufen den Lärm der quiekenden Schweine zu übertönen, um auf sich aufmerksam zu machen. Nach einer Weile bemerkte der Knecht ihn und kam zu ihm ans Gatter. Inzwischen hatte Tom Haie eingeholt.
»Moin«, begrüßte der Knecht die beiden.
»Moin«, erwiderte Haie. »Sag mal, ist denn sonst
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