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Dein Blick so kalt

Dein Blick so kalt

Titel: Dein Blick so kalt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Inge Loehnig
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Rückfahrt eine SMS geschrieben. Bin noch bei Caro. Komme etwas später. Dann hatte sie Caro angesimst und sich mit ihr im Cairo verabredet. Draußen im Biergarten. Die drei Anrufe überließ sie der Mailbox. Sicher eine geballte Ladung an Vorwürfen. Die musste sie sich früher oder später sowieso anhören, also ersparte sie sich das Abhören der Nachrichten.
    »Hallo Lou.« Caro wedelte mit der Hand vor ihrem Gesicht herum und wiederholte ihre Frage, wo sie wohnen wollte, falls sie den Praktikumsplatz bekam.
    »Falls? He, ich bekomme ihn.«
    »Ja. Klar. Daran zweifelt niemand. Deshalb solltest du dir rechtzeitig überlegen, wie du das Wohnproblem löst. München ist nicht nur abartig teuer. Es ist auch schwer, was zu finden. Egal ob WG oder möbliertes Zimmer. Ferdi probiert es ja schon seit Wochen. Und von deinen Eltern wirst du bestimmt keine Unterstützung bekommen. Vielleicht doch Onkel Achim? Hätte der überhaupt Platz?«
    »Mehr als genug. Er ist Zahnarzt mit eigener Praxis und bewohnt eine riesige Dachterrassenwohnung in Schwabing. Ich habe aber keinen Kontakt zu ihm. Vermutlich würde er mich nicht mal erkennen, wenn ich ihm über den Weg laufe.« Alles in Lou sträubte sich bei der Vorstellung, bei Onkel Achim zu wohnen. »Auf meinem Sparbuch ist noch genügend. Das reicht für die Miete. Und Fahrkarte und Lebensmittel kann ich hoffentlich vom Praktikumsgeld bezahlen.«
    »Wie viel bekommst du denn?«
    Lou zog die Schultern hoch. »Darüber haben wir noch nicht gesprochen. Ich habe aber mal gegoogelt. Zweihundert Euro sind wohl üblich.«
    Sie hatte keine Lust, sich jetzt die gute Laune verderben zu lassen. Das erste Vorstellungsgespräch ihres Lebens war super gelaufen. Wenn sie erst die Zusage hatte, würde sie den Rest schon irgendwie auf die Reihe bekommen. Lou war durch und durch Optimistin. Was ihr allerdings im Magen lag, war die Frage, wie sie ihren Eltern eine Zustimmung abringen sollte. Denn sie wollte nicht einfach abhauen. Warum konnten sie nicht verstehen, wie wichtig dieses Praktikum für sie war und warum sie diesen Beruf erlernen wollte? Sie erhoffte sich doch nur etwas Verständnis und Unterstützung. Doch bei allem Optimismus konnte sie das vermutlich vergessen.
    Sie seufzte, blickte auf und fuhr vor Schreck zusammen. Der Blick, der ihrem begegnete, war der ihrer Mam. Wie vom Himmel gefallen stand sie plötzlich da.
    »Ich suche dich schon die ganze Zeit. Hast du uns nicht gefunden oder hast du deine Mailbox gar nicht abgehört?« Ein Scannerblick traf sie. Mist. Sie trug noch das Bewerbungsoutfit. Das entging Mam sicher nicht.
    »Der Akku ist leer. Was ist denn los?«
    »Ich habe dir auf die Mailbox gesprochen, dass wir im Biergarten sind. Aber wenn du deine Nachrichten nicht abhörst… Wie bist du eigentlich angezogen?«
    Lou sah den Groschen bei ihrer Mam fallen.
    »Sag nicht, dass du in München warst.« Mams Gesicht wurde ganz glatt, ihre Stimme bedrohlich ruhig, doch die Sehnen, die sich an ihrem Hals unwillkürlich spannten, signalisierten, wie sauer sie war. Dennoch schaffte Lou es nicht, die Situation mit einer Entschuldigung oder der Bitte um Verständnis zu entschärfen. Stattdessen goss sie Öl ins Feuer.
    »Klar bin ich gefahren. Oder habt ihr echt gedacht, ich lasse mir die einzige Chance auf einen Ausbildungsplatz in meinem Traumberuf entgehen?«
    Mams Blick wurde kalt wie Stahl. Kein Streit in der Öffentlichkeit. Wir reden später, schien er zu sagen, dann wanderte er weiter zu Caro. »Und du hast sie dabei auch noch unterstützt, statt ihr das auszureden. Eine schöne Freundin bist du.«
    »Lou entscheidet selbst, was sie tut. Sie braucht keine Souffleuse«, entgegnete Caro. »Ich verstehe sowieso nicht, warum Sie ihr bei der Berufswahl derart Steine in den Weg legen.«
    »Das musst du auch nicht verstehen«, erwiderte Lous Mam in einem Ton, der keinen weiteren Widerspruch zuließ, und wandte sich wieder an ihre Tochter. »Du bist um elf daheim. Dann reden wir.«

7
    »Ich bin enttäuscht, Lou.« Pa saß am Küchentisch, gleich neben Mam, die sie wie eine leibhaftige Staatsanwältin ins Verhör genommen und alles, aber auch einfach alles über die Fahrt nach München und das Vorstellungsgespräch hatte wissen wollen.
    »Das ist ein schlimmer Vertrauensbruch. Uns so zu hintergehen. Das hätte ich dir nicht zugetraut und es verletzt mich.« Pa sah aus wie das heilige Leiden Christi. Traurige Augen. Faltige Stirn. Hängende Mundwinkel. Fühl dich schuldig, Rabentochter,

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