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Dein Blick so kalt

Dein Blick so kalt

Titel: Dein Blick so kalt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Inge Loehnig
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aber nicht genügend Kohle, um es durchzuziehen. Ihr Geld reichte nicht einmal für die Miete. Selbst wenn sie Caros Angebot annahm, kam sie damit nicht weit. Doch dann hatte sie eine Idee.
    »Ich könnte mir in München einen Job neben dem Praktikum suchen. Kellnern in einem Café oder einer Kneipe. Das wäre doch die Lösung.«
    Caro hielt von der Idee allerdings nicht viel. »Du bist noch keine achtzehn. Jugendschutz. Du darfst nicht so lange arbeiten. Außerdem: Wie willst du das schaffen? Erst acht Stunden in der Agentur werkeln und dann noch abends jobben? Frag doch mal deinen Onkel. Wenn du bei ihm wohnen kannst, wäre das Problem gelöst.«
    Wieder fühlte Lou dieses seltsame Unbehagen in sich aufsteigen, von dem sie nicht wusste, woher es kam, denn sie erinnerte sich kaum an Onkel Achim. Nur dass er eigentlich ziemlich lustig gewesen war. Ein großer, schlanker, gut aussehender Mann. Außerdem ein erfolgreicher Zahnarzt. Und ein Filou, das hatte Mam mal gesagt. Jetzt fiel es ihr wieder ein. Er kann die Finger nicht von den jungen Dingern lassen, die er als Arzthelferinnen einstellt. Gut, dass Ute endlich die Konsequenzen zieht und sich scheiden lässt.
    Die Idee schlug so plötzlich ein wie ein Blitz bei Sonnenschein. Lou fuhr hoch. »Tante Ute! Die könnte ich fragen. Meine Eltern hören auf sie. Wenn sie sich auf meine Seite schlägt und ein gutes Wort für mich einlegt, besteht zumindest die Chance, dass sie mich das Praktikum machen lassen. Und vielleicht geben sie mir sogar das Geld, das mir fehlt.«
    Caro blickte skeptisch über den Rand ihrer Sonnenbrille. »Nachdem sie sich jetzt monatelang stur gestellt haben? Ich weiß ja nicht. Aber einen Versuch ist es wert. Notfalls könntest du deine Tante ja bitten, dir das Geld zu leihen.«
    Die Uhr des Stadtturms schlug Mittag. Zwölf dumpfe Schläge. Lou sprang auf. »Perfektes Timing. Tante Ute macht um zwölf ihre Praxis für zwei Stunden dicht und geht heim.«
    »Was? Schon zwölf! Ich habe meiner Mutter versprochen, ihr bei den Vorbereitungen für Paps Geburtstagsfeier zu helfen. Ich muss los.« Caro umarmte Lou. »Ich drücke die Daumen, dass Tante Ute Wunder wirkt.«
    Sie trennten sich am Stadtturm. Lou schlug den Weg zur Wohnung ihrer Tante ein, die in einem aufwendig renovierten Altbau am Rande der Innenstadt lag. Tante Ute war total taff. Wie Onkel Achim, ihr Ex, war sie Zahnärztin und hatte eine eigene Praxis. Vor allem Mam bewunderte ihre große Schwester dafür, wie unabhängig sie war und was sie alles erreicht hatte. Tante Ute würde es schaffen, Mam umzustimmen, und dann würde auch Pa seinen Widerstand aufgeben. Warum war sie nicht schon früher auf die Idee gekommen, sich Mams Schwester als Verbündete zu holen?!
    Beschwingt ging Lou durch die Straßen und erreichte ihr Ziel im selben Moment, als ihre Tante aus einer Nebenstraße auftauchte. Sie sah einfach toll aus. Groß und trotz ihrer fünfzig Jahre schlank wie ein Teenager. Dunkler Pagenkopf. Designerbrille, kaum Make-up. Eine schlichte Goldkette, die toll zu ihrer gebräunten Haut passte. Heute trug sie eine sandfarbene Leinenhose und ein kaffeebraunes Top mit Spaghettiträgern. »Hallo Lou. Willst du zu mir?«
    »Wenn du Zeit für mich hast?«
    Tante Ute kramte den Schlüsselbund aus ihrer Handtasche. »Gibt es Probleme?«
    »Kann man so sagen.«
    »Sicher keine, die sich nicht lösen lassen«, meinte Tante Ute lächelnd.

9
    Als Lou kurz nach fünf nach Hause kam, stand Mam in der Küche und schnippelte Gemüse fürs Abendessen.
    »Kann ich dir helfen?«
    Mam sah auf und runzelte ungläubig die Stirn.
    Okay, vielleicht hatte sie mit diesem Angebot etwas zu dick aufgetragen. »Ich habe Tante Ute eingeladen. Zum Essen. Heute Abend. Also helfe ich dir. Logisch, oder?«
    Mam ließ das Messer sinken. »Was versprichst du dir davon?«
    Lou tat, als verstünde sie nicht, worauf ihre Mam hinauswollte. »Du sagst doch immer, ich soll mehr im Haushalt mithelfen, und nun mache ich das und es ist auch nicht recht.«
    »Jetzt stell dich nicht dumm. Du weißt genau, was ich meine.«
    Weshalb gelang es ihr in letzter Zeit einfach nicht, normal auf Mam zu reagieren? Warum war sie derart auf Streit aus? Lou konnte es wieder nicht lassen und wurde pampig. »Jetzt stell du dich nicht dumm. Du weißt genau, was ich mir von Tante Ute erhoffe.«
    »Hallo hallo Fräulein, diesen Tonfall gewöhnst du dir gleich wieder ab. Und wenn du, ohne zu fragen, Gäste zum Essen einlädst, dann kannst du auch allein

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