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Dein Blick so kalt

Dein Blick so kalt

Titel: Dein Blick so kalt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Inge Loehnig
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was hast du mir nur angetan, wollte er damit wohl signalisieren. Und das machte Lou wütend. Irgendwie lief hier etwas total verkehrt. Gut, sie hatte ihre Eltern belogen und sich nicht an ihr Verbot gehalten. Trotzdem. Es ging um ihr Leben, um ihre Zukunft. Und das Wort Vertrauensbruch aus Pas Mund traf sie mitten ins Herz.
    »Vertrauensbruch! Das sagst ausgerechnet du. Toll! Was für ein Vertrauen denn? Du traust mir ja nichts zu. Du glaubst ja nicht, dass ich irgendwas kann. Und du glaubst auch nicht, dass ich diesen Praktikumsplatz bekomme. Und dann redest du von Vertrauen? Das ist echt zum Kotzen.« Ein dicker Klumpen setzte sich in Lous Hals. Tränen stiegen ihr in die Augen. Verdammt. Sie wollte nicht heulen. Nicht vor Mam! Nicht vor Pa!
    »Louise, was sollen jetzt diese dummen Vorwürfe? Man muss sich realistisch einschätzen können, dann wird man nicht enttäuscht…«, sagte Pa.
    Das wurde ja immer besser! »Was ist denn das für eine verdrehte Philosophie! Immer das Schlimmste erwarten, damit man keine Niederlagen erlebt. Hallo? Geht’s noch? Hast du mir überhaupt zugehört? Die Art-Direktorin fand meine Arbeiten klasse.« Erst jetzt wurde ihr die Botschaft klar. Pa hatte ihr schon wieder unter die Nase gerieben, dass er nicht an sie glaubte. Es war sinnlos. Einfach sinnlos. Sie fühlte sich müde und ausgelaugt, als wäre sie siebzig und nicht siebzehn. Rumpelnd schob sie den Stuhl zurück und stand auf. Franziska Wenzels Worte gingen ihr durch den Kopf. Mir gefällt, wie du an die Sache rangehst. Du hast Sinn für Gestaltung und vor allem für den Umgang mit Schrift. Und du bist durchsetzungsstark.
    »Keine Sorge, Pa. Ich schätze mich realistisch ein. Ganz im Gegensatz zu euch. Ihr habt keine Ahnung, wer ich bin.« Es gelang ihr, die Tränen zurückzuhalten, bis sie ihren Eltern den Rücken zugewandt hatte.
    »Das ist nicht wahr, Louise«, rief Pa ihr nach. »Wir wollen doch nur dein Bestes.«
    »Du bleibst hier! Bis wir ausgeredet haben!« Das kam von Mam.
    Doch es gab nichts mehr zu sagen. Lou ging einfach weiter, schloss die Tür hinter sich, stieg die Treppe hinauf und wischte die Tränen mit dem Handrücken weg.
    Die Entscheidung war gefallen. Wenn sie den Praktikumsplatz bekam, musste sie ohne die Zustimmung ihrer Eltern nach München gehen. Ihnen blieb nichts anderes übrig, als mitzumachen. Sie konnten ihre Tochter ja schlecht von der Polizei zurückholen lassen. Was würden die Nachbarn sagen? Und was die Kollegen? Ganz Straubing würde sich das Maul zerreißen. Und das wollte Mam ganz sicher nicht.
    Lou ging zu Bett und schlief trotz des Zoffs wie ein Stein.
    Das Wochenende verging in eisiger Pseudoharmonie, denn Lou sprach das Thema nicht an und ihre Eltern mieden es ebenso.
    Als sie am Montagmorgen aufstand, waren ihre Eltern schon zur Arbeit gegangen und darüber war Lou mehr als froh. Sie hatte absolut keinen Hunger und ließ das Frühstück bis auf einen Becher Tee ausfallen. Damit setzte sie sich an ihren Schreibtisch. Es war Zeit, die praktischen Dinge in Angriff zu nehmen. Auf ihrem Sparbuch waren noch knapp vierhundert Euro. Franziska Wenzel hatte von zwei Monaten Praktikum gesprochen. Mehr als zweihundert Euro konnte sie also nicht für ein Zimmer ausgeben. Denn das Praktikumsentgelt brauchte sie für die Monatsfahrkarte und Lebensmittel.
    Während sie im Netz nach WG-Angeboten in München suchte, trank sie den Tee. Die Wohnungssuche schlug ihr allerdings noch mehr auf den Magen als der Streit mit ihren Eltern. Sie fand zwar ein paar Angebote für zweihundert Euro. Kleine Zimmer zwischen zwölf und fünfzehn Quadratmetern. Das war ja eigentlich okay. Sie brauchte keinen Palast. Doch die Nebenkosten kamen noch dazu. Meistens zwischen siebzig und hundert Euro. Wie hatte Caro gesagt? Abartig teuer. Derart abartig hatte Lou sich das jedoch nicht vorgestellt. Unter zweihundertsiebzig Euro ging gar nichts. Gut, dann musste sie etwas vom Praktikumsgeld dafür verwenden. Auf eine Monatskarte konnte sie verzichten, wenn sie ihr Fahrrad mitnahm oder ein Zimmer in der Nähe der Agentur fand.
    Eine SMS von Caro holte Lou aus ihren Überlegungen. Lust auf einen Stadtbummel?
    Da Lou keine Lust hatte, weitere frustrierende Eindrücke zu sammeln, beendete sie ihre Suche im Netz. Wenn sie den Praktikumsplatz bekam, würde sie das Problem schon irgendwie lösen. »Kommt Zeit, kommt Rat«, sagte Mam immer. Ausnahmsweise mal ein Spruch, dem Lou zustimmte.
    Klar, simste sie zurück. Wann und

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