Dein Blick so kalt
wo?
Jetzt? Im Coffee To Go?
Passt. Bis gleich!
Es war wieder ein heißer Tag. Die Sonne stand schon hoch am Himmel und tauchte die Stadt in gleißendes Licht. Als Lou das Coffee To Go in der Fußgängerzone erreichte, saß Caro bereits in einer Nische vor einem Latte.
»Na, die Predigt gut überstanden?«
Lou zuckte mit den Schultern. »Sie werden es nie verstehen. Sie werden mich nicht unterstützen. Und sie trauen mir nichts zu. Das ist einfach so. Ich kann es nicht ändern. Das ist mir klar geworden. Aber sie können mich auch nicht daran hindern, mein Ding zu machen.«
»Warum nicht?«, fragte Caro überrascht.
»Weil sie mir nicht die Polizei auf den Hals hetzen werden, um mich zurückzuholen«, meinte Lou und schlang die Hände ineinander, wie ihre Mam das immer tat, wenn sie diesen Spruch losließ: »Was werden die Leute nur sagen.« Den Tonfall bekam sie auch ganz gut hin.
Caro lachte. »Du meinst, sie werden dich wohl oder übel nach München gehen lassen müssen?«
»Klar. Es bleibt ihnen nichts anderes übrig. Nur das Geld wird echt ein Problem.« Lou hatte noch immer nichts gefrühstückt und war inzwischen richtig hungrig. Sie holte sich einen Bagel und einen Milchkaffee am Tresen und erzählte dann Caro von ihrer frustrierenden Recherche im Internet. »Shopping ist also im Moment nicht drin. Ich muss sparen.« Schuldbewusst verputzte sie den Rest des Bagels. »Das war wohl der letzte Luxus für die nächsten Monate.«
»Ich kann dir was leihen. Hundert Euro oder so«, bot Caro an.
»Das ist echt lieb von dir. Aber ich kriege das schon irgendwie gebacken.«
Jetzt vibrierte Lous Handy in der Hosentasche. Sie zog es heraus. Eine Münchner Nummer. Ihr Herz machte einen Satz. Caro guckte neugierig. »Die Agentur!« Sie vergaß ihre Gewohnheit, sich mit einem Ja zu melden. »Lou Meerbusch.«
»Hallo Lou. Franziska Wenzel hier. Ich habe gute Nachrichten. Du bekommst den Praktikumsplatz.«
»Wahnsinn. Klasse. Super.« Lou unterdrückte den Impuls, kreischend aufzuspringen und einen Freudentanz aufzuführen. »Wann soll ich anfangen?«
»Montag in zwei Wochen. Passt dir das?«
»Ja. Klar.«
»Gut. Es bleibt bei zwei Monaten. Danach werden wir entscheiden, ob du den Ausbildungsplatz bekommst. Ein Praktikumsentgelt können wir nicht bezahlen. Das erhalten bei uns nur Designstudenten. Aber wir haben uns entschlossen, dir die Kosten für die Monatsfahrkarte zu erstatten.«
Diese Nachricht verpasste Lous Freude einen ordentlichen Dämpfer. Kein Geld. Mist. Nur für die Fahrkarte. Wie supergroßzügig!
»Sind die Konditionen für dich in Ordnung?«
Wenn das so üblich war, dann war das halt so. »Natürlich. Ich freu mich, dass Sie sich für mich entschieden haben, und stehe in zwei Wochen pünktlich auf der Matte.«
8
Lou begleitete Caro, die dringend Bergstiefel kaufen musste, in ein Sportgeschäft. Sie hatte sich nämlich ganz spontan entschlossen, nun doch an der Hüttentour des Basketballvereins teilzunehmen.
»Das hat nicht zufällig damit zu tun, dass auch Josh sich ganz spontan entschlossen hat mitzufahren?«, fragte Lou, während Caro ein Paar Stiefel anprobierte. Caro tauchte ab und begann hektisch, die Schuhe zu schnüren. »Echt? Kommt er mit? Davon weiß ich ja gar nichts. Ich dachte, wenn du auch noch weg bist, ist hier sowieso nichts los. Da kann ich genauso gut mit den anderen in den Bergen rumkraxeln.«
Ein fettes Grinsen stahl sich auf Lous Gesicht. »Du hast schon mal besser geflunkert. Tobias hat es mir erzählt und dir auch. Sag mal, kann es sein, dass du grad rot geworden bist?«
»Ich? Quatsch. Warum auch?«
»Vielleicht wegen dunkler Strubbelhaare? Oder einer durchtrainierten Athletenfigur? Und dann erst diese gletscherblauen Augen!« Lou konnte es nicht lassen, ihre Freundin aufzuziehen. Jeder wusste, dass Caro für Josh schwärmte. »Und dieses umwerfende Lächeln! Oder ist es doch eher sein Intellekt, der dich so tief beeindruckt?«
Caro tauchte wieder auf. »Ist ja gut. Ist ja gut. Ich wäre doch bescheuert, jetzt hierzubleiben. Oder?«
Nachdem Caro sich für ein Paar Bergstiefel entschieden hatte, kauften sie sich beide ein Eis und setzten sich damit an der Dreifaltigkeitssäule auf die Stufen.
Die Bäume spendeten Schatten. Manchmal blieben Touristen stehen und machten Fotos.
Während sie dort saßen, Leute beobachteten und Eis schleckten, poppte Lous Problem wieder auf. Das war aber auch ein Mist! Jetzt hatte sie die Möglichkeit, ein Praktikum zu machen,
Weitere Kostenlose Bücher