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Dein Ende wird dunkel sein (German Edition)

Dein Ende wird dunkel sein (German Edition)

Titel: Dein Ende wird dunkel sein (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michelle Paver
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vor?»
    Er schluckte. «Du könntest auch mitkommen. Der Arzt sagt, wenn alles gutgeht, dauert es nur ein paar Wochen, dann können wir zurückkommen und weitermachen.»
    «Die Hunde, Algie! Was zum Henker wird dann aus den Hunden? Keine Zeit, um sie mitzunehmen, oder? Und wir können sie nicht einfach hierlassen! Wir könnten versuchen, einige von Erikssons Männern zu bezahlen, damit sie hierbleiben und sich um sie kümmern, aber irgendwie glaube ich nicht, dass sie ja sagen würden. So, was bleibt uns da übrig? Hm? Eriksson würde uns raten, die Biester zu erschießen und basta, aber ich könnte es nicht. Könntest du’s?»
    Er sah mich merkwürdig an. «Du bist so vernünftig, Jack.»
    «Vernünftig?» Ich rieb mir die Stirn. «Hör zu. Selbst wenn ich mitkäme, meinst du, dass Gus das möchte? Die ganze Expedition zum Teufel, weil ich nicht ein paar Wochen die Stellung halten kann?»
    Er machte keine Einwände mehr. Ich glaube, er hatte nur widersprochen, um sein Gewissen zu beruhigen. Und er hat nicht ein einziges Mal angeboten, mit mir zu tauschen.
    Sie haben Gus auf die Trage gehoben, Algie hat ein paar Sachen in einen Rucksack gestopft, dann haben wir uns auf den Weg zum Strand gemacht. Eine stürmische Nacht, im Lampenschein sah man Graupeln fallen. Als die Trage ins Boot gehievt wurde, nahm Eriksson mich am Arm und zog mich auf die Seite. Er sagte, ich könne nicht alleine hierbleiben, ich müsse mit ihnen kommen. Wir diskutierten es aus, dort im bitterkalten Schnee. Ich habe gewonnen. Doch dann sah er mir ins Gesicht und sagte: «Das ist ein schwerer Fehler. Das, was hier umgeht. Sie haben es gesehen, ja?»
    Das hat mich arg erschüttert. Vielleicht hatte ich im tiefsten Inneren immer gehofft, dass es tatsächlich nur in meinem Kopf existierte, und jetzt kam Mr. Eriksson daher, der hartgesottene Kapitän der Isbjørn , und machte endgültig Schluss mit dieser Idee.
    «Es spielt keine Rolle, was ich gesehen habe», entgegnete ich. «Ich kann die Hunde nicht alleine lassen, und ich kann die Expedition nicht wegen eines Echos aufgeben!»
    Er hat nicht verstanden, was ich damit meinte, doch ehe ich es erklären konnte, rief man nach ihm: Das Boot war bereit zum Ablegen. Ich lief hin, um Gus Lebewohl zu sagen.
    Da traf mich die Erkenntnis: Gus ist richtig krank. Gus könnte sterben.
    Ich fühlte mich, als hätte ich einen Tritt in den Magen bekommen. Gus könnte sterben.
    Er lag dick eingepackt auf der Trage. Im Lampenschein glich sein Gesicht auf verstörende Weise einem in Stein gemeißelten Bildnis.
    «Jack», keuchte er. «Willst du das ganz sicher? Du kannst es dir noch anders überlegen und mit uns kommen.»
    «Nein, kann ich nicht», sagte ich, so sanft ich konnte. «Ich kann die Expedition nicht zum Teufel gehen lassen. Außerdem, in ein paar Wochen bist du wieder da, gesund und munter.»
    «Danke, Jack. Vielen, vielen Dank.» Er streifte seinen Fäustling ab und streckte mir die Hand hin.
    Ich drückte sie fest. «Du wirst mir fehlen.»
    Er rang sich ein Grinsen ab. «Du mir auch. Pass auf dich auf, Jack. Pass auf. Behalte die Hunde bei dir.»
    «Mach dir keine Sorgen. Ich kümmere mich um sie. Mach dir keine Sorgen. Werde nur wieder gesund.»
    Er leckte sich die Lippen. «Alle Achtung, Jack, du hältst dich wacker. Ich kann dir gar nicht sagen …» Er holte tief Luft. «Du hältst dich wacker.»
    Und ich habe mich wacker gehalten, verdammt wacker, während ich im seichten Wasser stand und beobachtete, wie sie das Boot zwischen den Eisbergen hindurchmanövrierten, während ich dem Tuckern des Motors lauschte und die Lichter der Isbjørn Kurs auf Westen nehmen sah. Jack Miller, der Retter der Expedition. Der heldenhaft die Stellung hält, bis die anderen zurückkommen. Die Lichter erstarben in der Ferne. Urplötzlich war ich alleine mit der grauen See, die an meinen Stiefeln saugte, in dieser Nacht, die kein Ende hat.
    Aber zum Henker, was hätte ich denn tun sollen? Wie hätte ich die ganze Sache scheitern lassen können, bloß wegen ein paar verfluchten Echos aus der Vergangenheit?
    Ich sehe schon, wie ich es der Königlich Geographischen Gesellschaft erkläre. «Tut mir schrecklich leid, meine Herren, konnte nicht weitermachen. Habe ein Gespenst gesehen.»
    Wie hätte ich Gus das antun können?
    Außerdem bin ich nicht ganz alleine hier. Ich habe die Hunde. Und das Radio. Und dann ist da ja noch dieser Pelztierjäger in Wijdefjord, falls ich einmal Hilfe brauche.
    Ich versuche vor allem, mir Mut

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