Dein Ende wird dunkel sein (German Edition)
lachen, als ich ihn hinunterschob. «Hier wird nicht per Anhalter gefahren, du Faultier!»
Algie hielt an, um das Gespann ausruhen zu lassen, und legte den Schlitten auf die Seite, damit sie nicht mit ihm davonrennen konnten. Upik und Svarten, die zwei mit der meisten Erfahrung, legten sich gelassen hin und kühlten ihren Bauch, die anderen wälzten sich im Schnee oder fraßen davon, oder sie blieben hechelnd mit hängender Zunge stehen.
Algie kam Jens und Anadark zu Hilfe, die sich verheddert hatten, und ich schlenderte zu Isaak. Sein Rücken war mit Schnee gesprenkelt, der nicht schmolz, weil sein Fell so dick ist. Er schnupperte an meinem Bein und schmiegte sich an mich. Er springt nicht an mir hoch, so ein Hund ist er nicht.
Im Süden schiebt sich der Fjord tief in die Berge hinein. Irgendwo auf der anderen Seite war die Hütte von Erikssons Freund, dem Pelztierjäger, aber ich sah kein Licht. Die Berge waren schwarzgrau und mit Streifen von grauem Schnee durchzogen. Die See war schwarz.
Ich dachte an den Rückweg, an den Felsen vorbei, und schauderte.
Bis dahin hatte ich angenommen, wenn ich es jemandem erzählen würde, dann wäre es Gus. Jetzt aber, als ich Algie über die Hunde gebeugt sah, überkam mich plötzlich der Drang, vor ihm damit herauszuplatzen. Neulich auf dem Felsen hatte ich eine höchst seltsame Begegnung …
Mein nächster Gedanke war, was, wenn er denkt, ich verliere die Nerven? Er wird es Gus sagen. Was, wenn sie sich fragen, ob sie sich noch auf mich verlassen können?
Oder was, wenn – was, wenn ich es Algie erzähle und er mich ansieht und sagt, bin ich froh, dass du es gesehen hast, Jack; denn ich habe es auch gesehen.
Ich habe es Algie nicht erzählt. Und ich habe es Gus nicht erzählt, als wir wieder in der Hütte waren. Und jetzt, da ich dies in meiner Koje schreibe, bevor ich mich schlafen lege, bereue ich es. Ich bin es leid, es alleine mit mir herumzuschleppen. Ich kann das nicht mehr.
Morgen als Erstes. Beim Frühstück. Ich sage es ihnen beim Frühstück.
22. Oktober
Zu spät. Du hast deine Chance verpasst. Sie sind fort.
Gus ist nicht zum Frühstück aufgestanden. Er lag fiebernd und blass in seiner Koje. Das hat mich geärgert. Ich wollte – nein, ich musste ihn wohlauf haben. Ich glaubte nicht, dass er ernsthaft krank sein konnte.
Nicht einmal dann, als das Fieber schlimmer wurde und er da lag, ein Knie hochgezogen, und sich den Bauch hielt. Das Erste-Hilfe-Handbuch vom Roten Kreuz half nicht weiter. Auch Lebersalz nützte nichts. Ich habe Longyearbyen angefunkt, und der Arzt und ich haben mühsam Fragen und Antworten hin und her gemorst. Er meinte, es höre sich nach einer Blinddarmentzündung an und er mache sich sogleich auf den Weg.
Ich kann mich kaum an die vergangenen zwei Tage erinnern. Algie und ich haben für Gus getan, was wir konnten, haben ihn mit Wärmflaschen und Morphium versorgt. Wir haben uns und die Hunde verpflegt, die Ablesungen und Übermittlungen vorgenommen. Keiner hat viel gesprochen. Alle dachten, und was jetzt? Ist dies das Ende?
Der Arzt kam mit der Isbjørn – sie hatte bei der Siedlung gelegen, als wir um Hilfe funkten –, und dann ging alles ganz schnell.
Sonderbar, andere Menschen zu sehen, nachdem wir drei fast zwei Monate lang nur unter uns gewesen sind. Es war aber keine Zeit, sich das richtig bewusst zu machen. Der Arzt sagte, er brauche nicht hier zu operieren (Gott sei Dank), aber man müsse Gus nach Longyearbyen bringen und ihm dort den Blinddarm herausnehmen. Und einer von uns solle mitkommen, «für den Fall, dass etwas passiert.»
Einen Augenblick lang wünschte ich mir wie rasend, ich sei derjenige. Diesen Ort verlassen, nur weg von hier, zum Henker. Gus braucht dich.
Gus braucht dich. Das hat mich zur Besinnung gebracht. Ihm liegt die Expedition so sehr am Herzen wie mir. Und wenn ich gehen und Algie hierbleiben würde, das wäre das Ende. Algie hat einfach nicht die Disziplin, um alleine weiterzumachen. Und Gus würde wissen, dass ich es gekonnt hätte, dass ich die Expedition hätte retten können, mich aber davor gedrückt habe.
Dies alles schoss mir durch den Kopf, als ich Algie in die Funk-Ecke bugsierte, während der Arzt und Mr. Eriksson bei Gus in der Schlafkammer blieben.
«Geh du mit», sagte ich zu ihm.
Er sah mich an und dann weg. «Was ist mit dir?»
«Ich muss hierbleiben, oder etwa nicht?», fauchte ich ihn an.
«Aber – doch sicher nicht alleine.»
«Was, verdammt, schlägst du denn
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