Dein Ende wird dunkel sein (German Edition)
die Schneewand, und sie fielen über mich her, überall um mich herum eifrige Schnauzen und Pfoten.
Als ich mich endlich umsehen konnte, fand ich Gruhuken verwandelt. Der Mond leuchtete beinahe taghell. Der Schnee glitzerte. Vor mir lag das Lager, leuchtend und heiter. Heiter. Ich spürte nicht die winzigste Bedrohung. Keine Spur dieser bösartigen Präsenz. Der Mond hatte sie verbannt.
Ich schnallte mir die Schneeschuhe an und machte mich auf den Weg hinunter ans Ufer. Die Hunde begleiteten mich tollend, eifrig nach meiner Aufmerksamkeit heischend. Das Mondlicht färbte die Berge blaugrau. In der Bucht glänzten Eisberge. Am Ufer leckten kleine schwarze, mit grauem Schaum gekrönte Wellen den Strand. In tiefen Atemzügen sog ich frische, eisige Luft ein. Ich spürte, wie das Licht in mein Bewusstsein sickerte und die Schatten noch aus den finstersten Nischen meines Gehirns vertrieb. Was immer im Dunkeln eingedrungen war, konnte mir im Licht nichts anhaben.
Ich arbeitete stundenlang. Zuerst holte ich Büchse um Büchse Pemmikan für die Hunde. Dann befreite ich den Plankenweg von Schnee und schaufelte auf der Rückseite der Hütte einen Trampelpfad frei, einen weiteren zum Notlager und noch einen zur Wetterhütte – die wundersamerweise intakt geblieben war. Während ich arbeitete, fiel mir ein, dass irgendwo unter mir die Überreste des Bärenpfostens lagen. Er gehörte einer anderen Zeit an. Er hatte seinen Schrecken verloren.
Welch ein Luxus, bei Licht zu arbeiten! Und der Mond blieb die ganze Zeit bei mir. Gruhuken liegt so weit nördlich, dass der Mond, wenn er voll ist, nicht untergeht, sondern am Himmel endlose Kreise zieht, und so verliert man ihn nie aus den Augen. Es ist ein Wunder. Ein Geschenk der Götter. Wann immer man den Blick zum Himmel hebt, ist er da und hält Wacht.
Als ich mit den Trampelpfaden fertig war, säuberte ich die Wetterhütte und die anderen Instrumente und erhob das erste Datenmaterial seit dem Sturm. Ich übermittelte die Daten an die Bäreninsel. Ich warf den Motor an und schickte einen Bericht nach England (während des Sturms hatte ich mit den Berichten ausgesetzt). Dann trat ich hinaus, stellte mich vor die Veranda und rauchte eine Zigarette. Ich kam mir vor wie ein Siedler im Wilden Westen, der stolz sein Land betrachtet. Ich hatte mir den Besitz meines Lagers zurückerobert. Mein Lager. Jack Millers Lager.
Die Hunde hatten am Ufer gespielt, bis Upik plötzlich schlitternd stehen blieb und die Ohren spitzte. Die anderen taten es ihr einer nach dem anderen gleich.
Hatten sie die Witterung eines Bären aufgenommen? Ich wollte schon mein Gewehr aus der Hütte holen, als Svarten einmal tief bellte und in westliche Richtung davonlief. Der Rest des Rudels setzte ihm nach. Als das Getrappel der Pfoten langsam verklang, hörte auch ich, was sie gehört hatten: ein schabendes Geräusch, das in der Stille widerhallte. Schrapp … schrapp … schrapp. Regelmäßig, langgezogen. Doch dieses Geräusch war völlig anders als jenes, das ich am Bärenpfosten vernommen hatte. Dieses Geräusch stammte aus meiner Welt.
Dann kamen die Hunde zurück, ihre Augen glänzten vor Aufregung. Hinter ihnen hob sich gegen den Schnee grau der Umriss eines Mannes ab.
Mein Herz machte einen Sprung. Das mag ein Klischee sein, doch es tat wirklich einen Sprung, während ich beobachtete, wie der Mann näher kam, Arme und Beine gleichmäßig schwingend. Er war auf Skiern.
Albern winkend und rufend, rannte ich ihm entgegen. «Hallo, da drüben! Hier, hierher!»
Ich erkannte eine gedrungene Gestalt in einem Schafsfellmantel mit riesigen Fellfäustlingen, Segeltuchstiefeln und einer unförmigen Fellkappe auf dem Kopf. Darunter tauchten ein frostverkrusteter Bart und ein Walrossschnauzer auf, buschige Brauen und kleine, helle Augen.
Ich grinste wie ein Irrer und konnte nicht damit aufhören. «Bjørvik, der Pelztierjäger, nehme ich an? Willkommen! Sie sind mir herzlich, herzlich willkommen!»
Mein Besucher stützte sich auf seine Skistöcke und stieß eine frostige Atemwolke aus. «Jaa», sagte er gedehnt, zog einen Fäustling aus und packte mit eisernem Griff meine Hand. «Bjørvik.»
Später
Ich habe mich vollkommen zum Narren gemacht.
Ich plapperte, ich schwärmte, ich scharwenzelte um ihn herum. Er ist ein derart feiner Kerl, dass es ihm nichts ausmachte, zumindest ließ er es sich nicht anmerken. Mit der liebenswerten, schlichten Förmlichkeit der Skandinavier präsentierte er mir sein
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