Dein Ende wird dunkel sein (German Edition)
dass ich Bjørvik nicht erwähnt habe. Auf dem Rückweg nach Longyearbyen machte Mr. Eriksson in Wijdefjord fest und fragte den Pelztierjäger, ob er mit uns gehen wolle, doch er lehnte ab und wollte überwintern wie geplant. Er ließ mir ausrichten, die Sache mit meinem Freund tue ihm leid und er sei erleichtert, dass ich überlebt habe. Drei Tage vor Weihnachten tauchten zwei unserer Hunde, Anadark und Upik, an seinem Lager auf. Sie waren kurz vor dem Verhungern und sehr verängstigt, doch er päppelte sie wieder auf, und im Frühjahr benachrichtigte er Algie und fragte, was er mit ihnen tun solle. Nachdem Algie mit mir Rücksprache gehalten hatte, schickte er ihm Geld, um für das Futter aufzukommen, und bat Bjørvik, die Hunde als sein Eigentum zu betrachten, verbunden mit unserem aufrichtigen Dank. Er verkaufte sie zu einem hervorragenden Preis an den Minenleiter in Longyearbyen. Darüber bin ich froh. Er ist ein armer Mann, und das Geld hat ihm sicher eine Menge bedeutet. Und ich zweifle nicht daran, dass Upik und Anadark sich bestens an das Leben mit ihrem neuen Rudel gewöhnt haben.
Von den anderen Hunden – Pakomi, Kiawak, Svarten, Eli und Jens – hat man nie wieder eine Spur gefunden.
Isaak ist hier bei mir. Die Robbenfänger haben ihn aus dem Wasser gefischt, und er ist mir während jener ersten Tage auf der Isbjørn nicht von der Seite gewichen.
Gus’ Eltern sind Hunde heilig, und so hatten sie Verständnis dafür, dass wir uns nicht trennen konnten. Nach Monaten der Quarantäne wurden Isaak und ich wiedervereint, und wir haben uns seitdem nur selten getrennt.
Um Isaaks willen habe ich dieses Haus gebaut, denn morgens geht hier der Seewind und abends der Wind von den Bergen. Er hat sich überraschend gut an die Hitze gewöhnt – womit ich sagen will, dass er faul geworden ist. Ich habe ihm im Garten eine schattige Pergola gebaut, mit einem Planschbecken, das ihm sehr behagt. Unsere Spaziergänge finden während der kühlen Morgendämmerung statt, und auch wenn es hier keine Kaninchen gibt, so ist er doch der Schrecken der Mungogemeinde. Zweimal täglich zelebrieren wir das Zeckenziehen. Isaak liebt es sehr, denn es bedeutet, dass er sich meiner vollen Aufmerksamkeit sicher sein kann. Den örtlichen Doggen hält er mehr als wacker stand, und einige der Welpen in unserer Nachbarschaft sehen verdächtig nach Huskys aus.
Ich weiß nicht, was ich ohne ihn getan hätte. Er ist mein bester Freund, das einzige Lebewesen, zu dem ich wirklich sprechen kann, und eine wertvolle Verbindung zu Gus.
Auf seine zurückhaltende Weise ist mir auch Algie ein guter Freund geworden, obwohl ich ihm zu Beginn Vorwürfe gemacht habe; er hätte Gus niemals erlauben dürfen, die Rettungsmission zu begleiten. Dann wurde mir klar, dass Algie sich schon mehr als genug mit Selbstvorwürfen quälte, ohne dass ich es noch schlimmer machte.
Ich schätze seine Freundschaft, doch über Gruhuken sprechen wir nie. Er hat mir niemals von seinen Erlebnissen dort erzählt und mich auch nie nach den meinen gefragt. Und so steht das immer zwischen uns.
Gelegentlich korrespondiere ich mit Hugo, doch ich habe ihn nur ein einziges Mal gesehen. Die Begegnung war kein Erfolg. Wir wussten beide, dass er auf der einen Seite der Kluft steht und ich auf der anderen. Weil er Gruhuken niemals gesehen hat.
Ich finde, mein Leben hier ist ein gutes Leben. Lediglich im Oktober und November geht es mir schlecht. Dann erwache ich im Dunkeln, bin zurück in der finsteren Polarnacht und höre schwere, nasse, schlurfende Schritte.
Jedes Jahr an Gus’ Todestag unternehme ich meine Pilgerfahrt an einen einsamen Strand an der Nordküste, an dem ich mit Sicherheit allein sein werde. Ich fahre zu Mittag hin, wenn die Sonne am heißesten brennt, und trotzdem muss ich jedes Mal meinen ganzen Mut zusammennehmen. Davor schlafe ich bereits eine ganze Woche lang schlecht. Aber bis jetzt habe ich noch nicht ein Mal gekniffen.
Das Meer hier lässt sich nicht mit Gruhuken vergleichen. Winzige Fische schießen durch türkisblaues Wasser, und über mir fliegen die Pelikane. Und doch ist es dieselbe See. Und obgleich ich an diesem weißen Sandstrand vor den flachen, warmen Wellen stehe, weiß ich doch, dass in Gruhuken tiefe schwarze Polarnacht herrscht.
Habe ich dann all meinen Mut zusammengenommen, bringe ich es gerade eben über mich, mich ans Ufer zu kauern, die Hand ins Wasser zu strecken und sie dort zu lassen, während ich mit Gus spreche. Es ist eine Art
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